@ nostraventjo
Mittlerweile räumst du ja ein, das es möglich ist, find ich auch klasse.
Du findest es allerdings nicht gut so zu arbeiten, mich würde sehr interessieren warum, wenn es ja doch funktioniert.
Es gibt sicherlich Situationen in denen es durchaus Sinn macht mit Leckerchen zu arbeiten, nämlich dann wenn es darum geht, das ich wirklich "nur" etwas konditionieren möchte. Konditionierung ist für mich das Beibringen von bestimmten Dingen, Erziehung allerdings beginnt bei der Beziehung und die baut sich nunmal vorwiegend über Kommunikation und Ausdrucksverhalten auf, dafür sind Leckerchen teilweise auch eher kontraproduktiv, weil du den Hund auf Grund einer systematisch aufgebauten Verhaltenskette abrufst, die auf einer ganz anderen Erwartungshaltung beruht.
Oft werden Leckerchen auch zur Ablenkung genutzt und da kann man verdammt viel falsch machen. Die feinen Unterschiede lernt man erst dann kennen wenn man mit einem wirklich schwierigen Hund umgehen muß.
Schau dich mal in Foren um wo es um Aggressionsprobleme geht und schau dir die Erfahrungsberichte dort an, dann wirst du herausfinden das Ablenkung selten zum Ziel geführt hat und man da nur über Führung arbeiten kann, muß - ich spreche da aus eigener Erfahrung mit meiner Hündin.
Unabhängig von Agressionen mal ein Beispiel.
Mein Rüde ist auch nicht ganz so ein einfaches Kaliber in Punkto Motivation und natürlich wächst man mit seinen Aufgaben und jeder macht am Anfang Fehler, so auch ich undjeder lernt nie aus und entwickelt sich - hoffentlich.
Mein Rüde war der typische Vorausläufer, an sich auch nichts gegen zu sagen, er darf ruhig auch voraus laufen, aber ich muß ihn kontrollieren können, also Leinenführigkeit und Rückruf trainiert (Schleppleine und das Übliche) - alles wunderbar soweit.
Nur war er in seine Schnüffeleien bisweilen trotz allem immer noch wieder mal so vertieft und in seinem Sinnestunnel, das er mich z.T. gar nicht wahrgenommen hat, Monate intensivsten Trainings waren bereits ins Land gegangen und ich kam immer wieder an diese Grenze, die sich nicht schien lösen zu lassen. Was also tun, den Hund ein Leben lang an der Schleppleine führen, nochmal alle Lerntheoreien durcharbeiten, überdenken, es anders angehen?
Dann besann ich mich, was man mal alles gelernt hatte: bau ein "Schau" auf und mach dich noch spannender. Klang vielversprechend, gesagt getan, hat auch zunächst funktioniert, er schaute mich wunderbar an, denn jedesmal wenn er dies freiwillig dann doch mal getan hatte und das war selten, kam Lob und Leckerlie oder Spielie, Party eben, schnell hatte er dann das Prinzip verstanden und schaute sich ständig um, immer in Erwartung der Belohnung, die hab ich dann zunehmend abgebaut und es gab nur noch ab und an eine. Irgendwann war ihm das aber schnuppe, denn er ist wie gesagt kein Hund den man über Futter kriegen kann, wenn es interessantere Dinge gibt und die gibt es nunmal. Also wieder einen Schritt zurück im Training und da wieder angesetzt. Das Ergebnis war immer dasselbe. Während ich mit anderen Hunden auf diese Weise zu einem sehr guten Dauerergebnis kam (Pflegehunde ...) - stand ich mit meine eigenen Hund an einem Punkt, der mich so nicht zufriedenstellte.
Ich begann mich weiter zu informieren, abzuwägen zu durchdenken, was lerntheoretisch wirklich für mich nachvollziehbar ist und fand für mich und meinen Hund endlich die Lösung indem ich einfach weg ging von technisierten Lerntheorien, die ja nicht falsch sind, aber eben Grenzen haben ....
Ich begann mich wieder auf mein Bauchgefühl zu verlassen, das mir unter all den Informationen und nichts falsch machen zu wollen, doch ein wenig verloren gegangen war, ich hatte das Bauchgefühl zerdacht.
Während unter Leckerchem konditioniertem Aufbau, ab einem gewissen Grad immer andere Reize wichtiger waren und ich ihn quasi in dem Punkt nicht führte sondern nur bediente, fing ich an meinen Umgang mit ihm zu ändern und mit ihm zu kommunizieren, statt auf den Blick von ihm ein Leckerchen zu geben und zu loben was das Zeug hält, antwortete ich ihm nur. Schaute er sich zu mir um und ich hatte nichts anderes vor als den Weg weiter zu gehen, gab es ein freundliches "Weiter", gab es was anderes teilte ich ihm das mit, aber ich antwortete immer. Innerhalb von wenigen Tagen löste sich mein Problem komplett in Luft auf, mein Schwarzer schaute sich immer öfter nach mir Bestätigung suchend, nachfragend, kommunizierend um.
Ich kam weg von dieser vertechnisierten Methode hin zur Beziehung, auf die mein Hund anscheinend wesentlich mehr Wert legt als auf Leckerchen. Mittlerweilel schaut er sich regelmäßig um und fragt bei mir nach ob wir weiter gehen oder ob ich ihm was mitteilen möchte.
Heutzutage läuft er größtensteils direkt neben mir, denn wir haben uns was zu sagen, statt mich als Kaugummiautomat zu benutzen. Das Feeling zwischen uns ist dadurch auch ein ganz anderes geworden, denn diese Art und Weise überträgt sicher immer mehr in dem ganzen Umgang mit dem Hund und ich möchte um kein Stück es jemals wieder anders haben. Und er bekommt auch heute ab und zu wieder ein Leckerchen, auch für eine tolle Leistung, aber ich habe gelernt, das das nicht die Basis ist und er hat es mir im grunde beigeracht und mich kommunizieren gelerht indem er hartnäckig blieb in dem was ihm nach Lerntheorie ja soviel hätte bringen müssen, ihm aber kaum etwas gab.
Auf den ersten Blick mag der Unterschied nicht wirklich groß erscheinen, aber er ist doch sehr tiefgreifend - er brauch keine Leckerchen um mich zu verstehen und ich ihn. Für das Grundsätzliche ist Beziehung viel wichtiger und das ist viel mehr Motivation dafür aufeinander zu achten als ich es mit Lerckerchen jemals erreichen konnte.
Man muß eben auch immer schaun, was habe ich da für einen Hund. Man kann nciht genrell hergehen uns sagen, wenn es mit der Konditionierung nicht klappt dann macht der Halter gravierende Fehler, auch wenn das sicherich oft ein grund ist, das dinge nicht funktionieren.
Sicher lassen sich Hunde konditionieren, aber doch immer auch nur soweit wie sie es wollen und sie es interessiert.
Damals war er oft abgelenkt, heute ist er bei mir und ich bin immer noch begeistert darüber wie einfach das im Grunde war, während ich mir zuvor Monate unendliche Gedanken um die richtige Vorgehensweise gemacht hatte und getan und gemacht hatte.
Heute verlass ich mich viel mehr auf mein Bauchgefühl und analysiere nicht mehr kleinste Konditionierungsbausteine, das kommt nur noch zum Einsatz wenn es um gewollte Konditionierung geht, sprich für´s Trickdogging um es ihm leichter zu machen was ich von ihm will, aber auch da nicht um die Belohnung dauerhaft beizubehalten.
Konditionierung und Belohnung haben einfach ihre Grenzen, die durch Beziehung und Führung überschritten werden können - umgekehrt funktioniert es nicht. Es ein guter Weg für den Anfang, aber niemals eine Basis für eine echte Bindung.
Was ich damit sagen will, es gibt Hunde denen genügt Lerntheorie und das ist nicht negativ gemeint, es gibt aber auch jene die sch*** da was drauf - so muß man sich individuell auf jeden Hund einstellen.
Mittlerweile habe ich aber insgesamt die Erfahrung gemacht das die Beziehung immer die erste wichtigste Grundlage ist, vor jedem Grundgehorsam.
Natürlich werden jetzt viele sagen, das mab Führung übernehmen muß, der Hund einem vertrauen muß, sich auf mich verlassen können muß, weiß doch jeder - klar ist Bindung wichtig, ist doch nichts Neues. Was erzählst du uns da, man das ist doch klar, da haste aber ne Menge falsch gemacht. Ja wissen tun wir das alle, aber wissen wir auch wirklich wie sich das anfühlt und wie man das anstellt? Und noch was, es ist bei jedem Hund ein wenig anders, wie man es anstellt, es gibt also auch hier keine pauschale Lösung.
Ich konnte von meinen Hunde sehr viel lernen über Motivation, über Unsicherheit, Angst und Aggression und viel mehr durch meine Hunde, als durch alle Bücher, sie dienen mittlerweile dazu den Dingen Namen zu geben und Hintergründe zu erfassen, sie versuchn bsiweilen auch verzweifelt einem dies nahe zu bringen, aber werden oft so auch nicht verstanden. Bindung wird schon oft soo falsch verstanden.
Ich bin noch lange nicht am Ende meines Weges und es gibt immer noch Herausforderungen, die es zu managen gibt mit meinen Hunden, aber das liegt in der Natur der Sache, das gewisse Dinge Zeit brauchen, z.T. auch nicht mehr ganz auszugleichen sind, aber seitdem ich mir selbst den Druck vom Fokus auf die belohnung durch Futter oder Spiel genommen habe geht es uns allen besser.
Ich habe mich bei allr Motivation früher dennoch immer gefragt wie manche Leute das machen, bei denen alles so selbstverständlich leicht erscheint, ihr kennt sie alle und irgendwie wissen wir auch alle, das es da irgendwie ein gewisses etwas geben muß, aber was genau das ausmacht bleibt uns oft verschlossen - man kann es lernen, ein gute bauchgefühl entwickeln lernen.
Tips lassen sich da schlecht geben, das wächst, aus der eigenen Persönlichkeit und der des Hundes, aber man muß bereit sein sich darauf einzulassen - und ergo ... das wird nicht passieren, wenn ich die Option schon von vornherein ablehne.