Angst beim Gassi gehen mit extremen ziehen

Der Hund ist jetzt aber doch schon da, bringt eine Grundsatzdiskussion da was?

Fakt ist, dass ein Tier Zeit braucht, um eine Beziehung aufzubauen, gerade wenn es eine völlig andere Herkunft hat bzw. sehr unsicher und ängstlich ist. Wir Menschen neigen dazu, sehr menschlich über unsere Hunde zu denken, was auch verständlich ist, darum habe ich meine Antwort auch mit dem Wort "mögen" formuliert.
Das Vertrauen muss wachsen, Mensch und Hund müssen zueinander finden. Sich aufeinander einstellen. Langsam, ohne Druck.

Attraktiv für den Hund wird der Mensch in dem Fall wohl vor allem, indem er sich berechenbar verhält. Schutz und Sicherheit bietet. Sich nicht aufdrängt.
 
Lina, das war ja keine Diskussion, sondern nur ein grundsätzlicher Gedanke von mir, warum das Zusammenleben mit Straßenhunden so schwierig ist.

Die Hunde in Rumänien leben so anders als unsere Hunde in Deutschland.
Die Hündin ist 5 Jahre alt, eine eigenständige Hundepersönlichkeit, die sich in Rumänien irgendwie durchs Leben geschlagen hat.
Diese Hunde kennen in der Regel kein Leben in der Wohnung, kein regelmässiges Futter oder Spaziergänge an der Leine. Auch wenn sie einen Besitzer haben, werden sie meistens nicht ins Haus gelassen.

Aber sie haben meistens ein freies, selbstbestimmtes Leben. Sie können durch die Gegend laufen und ihren Tag hundgerecht gestalten.
Sie haben ihr Revier, in dem sie die anderen Hunde kennen. Sie wissen, welchem Hund sie aus dem Weg gehen müssen und welcher Hund friedlich ist. Sie kennen es nicht, der Mittelpunkt eines Menschen zu sein, sie konnten einfach ein Hundeleben unter ihresgleichen führen. Das alles nimmt man den Hunden, wenn man sie dort wegfängt und zu einem Menschen in eine Wohnungshaltung zwingt.

Freie Hundebegegnungen unter frei laufenden Hunden sind nicht mehr möglich. Die Hunde sind nun an der Leine und können die Flucht oder das Ausweichen als eine Möglichkeit der Begegnung nicht mehr wählen.
Feste Reviere gibt es nicht, es riecht ständig nach fremden Hunden, die man nicht einschätzen kann.

Dazu kommt nun, dass sich viele Hunde auf einen unsicheren Hundehalter verlassen sollen. Sie sind abhängig von einem Menschen, der ihre Körpersprache nicht versteht, der ihre Befindlichkeiten nicht sieht, dem seine Unsicherheit an der Mimik und der Körperhaltung anzusehen ist.

Das sind nun keine Tipps für den Umgang mit den Problemen, aber vielleicht hilft es, den Hund besser zu verstehen.
Wenn in den Beschreibungen der Straßenhunde steht: Der liebe Hund XY wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Zuhause, eine Familie, die zu ihm gehört, dann weckt das falsche Vorstellungen. Es ist eine Lüge.

Die Hunde führen zwar ein einfaches Hundeleben, aber sie kennen es nicht anders. Sie fühlen sich dort zu Hause.
Das ist nicht mit einem Hund zu vergleichen, der im Haus und in der Familie aufgewachsen ist. Diese Hunde vermissen tatsächlich ein Zuhause, wenn sie im Tierheim landen.
 
Das freie und selbstbestimmte Leben besteht zu größten Teilen aus verzweifelter Futtersuche, Überlebenskampf, weg gescheucht, geschlagen und getreten zu werden...

Ich stimme Dir zu Bubuka, dass nicht jeder Straßenhund wirklich dazu geeignet ist nun ein Leben in einer Familie zu führen, aber es gibt eben auch wirklich die Hunde, die glücklich sind (vielleicht) zum ersten Mal Sicherheit zu fühlen und einen Menschen zu haben, der auf sie aufpasst. Ja, es gibt auch Straßenhunde, die aufgrund vieler negativer Erfahrungen nichts mehr mit Menschen zu tun haben wollen, aber es gibt eben auch diese, die sich ihren Menschen aussuchen und sich an ihn binden wollen.

Und nicht jeder Straßenhund hatte noch nie einen Menschen, manche werden halt nun mal ausgesetzt und haben dann keine andere Wahl, als sich durchzuschlagen.
Und Nein, Straßenhunde werden ja nicht weg gefangen um sie unter Zwang in ein Zuhause zu stecken! Sie werden von der Straße eingefangen, weil sie dort stören und dann in das städtische Tierheim gesperrt - warst du schon mal in so einem ausländischem Tierheim ?
Ich nämlich schon.
Und ich war auch in einer Auffangstation, die aufgrund der miserablen Umstände des "städtischen Tierheims" von einem deutschen Tierschutzverein geleitet und unterstützt wird.
Die Entscheidung ist also nicht schönes, selbstbestimmtes Leben auf der Straße oder in eine Wohnung eingesperrt zu werden, sondern entweder im Knast ohne Wasser und Futter zu sitzen oder ein Zuhause zu finden.

Wenn es dieses romantische Bild von einem glücklichem Hunderudel in Freiheit tatsächlich geben würde, dann würde ich Dir zustimmen, aber leider sieht die Realität anders aus, ich habe es mit eigenen Augen gesehen...

Wie bei jedem Tier muss es zwischen Mensch und Tier natürlich passen und bei einem Hund ist es besonders wichtig, da es nun mal ein Alltagsbegleiter ist.
Jeder Hund hat seine Bedürfnisse und man muss besonders einfühlsam sein, wenn der Hund schon schlechte Erfahrungen gemacht hat.
 
Ich kenne ausländische Tierheime in Polen.
In Rumänien war ich noch nicht, aber ich lese sehr viele Berichte.

Mit Romantik hat meine Vorstellung über das Leben der Hunde nichts zu tun.
Es ist einfach das Leben, welches sie kennen. Es ist ihnen vertraut.
Auch wenn es nicht in unsere Vorstellung von einem Hundeleben passt.

Ich kenne sehr viele verzweifelte Hundehalter, die einen rumänischen Straßenhund haben.
Die Hunde sind ebenso unglücklich in ihrer neuen Lebenssituation, wie die neuen Besitzer.
Die Probleme, die Dorina mit ihrer Hündin hat, sind doch total typisch, man findet sie tausendfach in Hundeforen.

Es reicht eben nicht, Liebe und Geduld aufzubringen, um aus einem Straßenhund einen "deutschen" Hund zu machen.
Viele Ersthundehalter wollten einfach einen lieben, treuen Begleiter für ihr Leben.
 
Jeder Hund ist eine Herausforderung und jeder hat seine eigenen Bedürfnisse, man muss sich natürlich bewusst sein, dass man den Hund wählen sollte, der auch zu einem passt und sich von dem Gedanken, dass der Hund ja nun glücklich und dankbar sein MUSS, sollte man sich auch verabschieden.
Die Erwartungshaltung des Menschen ist dann doch falsch.
(Was meiner Meinung nach aber nicht für Dorina gilt)

Ich kenne auch genug Geschichten von problematischen "deutschen Hunden", die Probleme sind halt nur oftmals woanders angesiedelt.
In den deutschen Tierheimen sitzen doch vor allem auch Hunde, die aggressiv gegenüber anderen Hunden auftreten, keine Frauen/keine Männer, keine Kinder mögen etc.
Die ehemaligen Straßenhunde, die ich kenne, gehen Ärger lieber aus dem Weg, hängen nicht mit gefletschten Zähnen in der Leine sondern ziehen lieber ihres Weges.
Und Zuhause liegen sie bei ihrem Besitzer auf der Couch oder am liebsten noch direkt im Arm oder auf dem Schoß ihres Menschen.

Nur weil man das eine Leben kennt und es einem vertraut ist, heißt das für mich noch lange nicht, dass es das Beste ist und ebenfalls nicht, dass es so bleiben muss.
Du kannst aber meiner Straßenhündin gerne mal versuchen zu erklären, dass sie doch bitte lieber auf dem Rasen oder auf der Straße liegen soll, als auf ihrer geliebten Couch, eingemummelt unter ihrer Kuscheldecke, mit dem Kopf auf dem Kissen und sich genüsslich schmatzend den Bauch kraulen lassend ;)

Aber nun wieder zu Dorina:
Das unsere Straßenhunde bei Gewitter nicht raus wollen, ist völlig verständlich.
Ich war ja selber in der Auffangstation und beim Gewitter hast du von 140 Hunden nicht mehr EINEN gesehen. Sie verkriechen und verstecken sich, das ist ihr normales Verhalten, nach dem Regen kommen sie dann wieder raus :)
Nun können WIR natürlich nicht immer warten, bis der Regen vorbei ist, aber bei starkem Gewitter würde ich meinen Hund trotzdem nicht vor die Tür zerren.
Bei unserem ersten Gewitter hat sich meine auch im Badezimmer verkrochen und ich hab einfach geduldig gewartet bis sie wieder raus kam.
Man muss den schmalen Grat zwischen "lassen" und "zu seinem Glück zwingen" finden, das ist oftmals nicht so leicht und ich kann dir da auch nicht den Universal-Tip geben.
Was mir sehr geholfen hat, ist einfach jeden Tag ganz neu zu starten, der Hund lebt im "Jetzt" also geh nicht mit der Einstellung ran "jetzt liegt so schon 4 Tage hier im Badezimmer rum" sondern "jetzt gerade liegt sie dort und was will ich Jetzt tun"
Einem ängstlichen Hund hilft ein selbstsicherer Mensch, wenn du raus möchtest, dann geht ihr halt raus, aber du musst DANN auch voll dahinter stehen und dich dann auch durchsetzen.

Ich hab meine jetzt auch erst 3 Monate und natürlich hatten auch wir solche Situationen, aber gestern zum Beispiel waren wir draußen als das Gewitter kam.
Da geh ich dann einfach schnurstracks weiter wenn es donnert, ich weiß ja, dass nichts passiert - und das merkt das andere Ende der Leine auch sofort ;)
Da wird nicht stehen geblieben oder sofort umgedreht, ist doch nur ein kleines Wetterchen ;)
Sie ging artig neben mir her, mal gucken oder zögern kann sie ja gern, ich unterstütze oder bemitleide das aber einfach nicht.
In der Wohnung zuckt sie übrigens überhaupt nicht mal mehr mit der Wimper, weder bei Feuerwerk, noch bei Gewitter, noch bei Böllern (jetzt zur EM) ;)
 
Camy, meine kleine aus Rumänien ist mitlerweile schon über 3 Wochen bei mir - eigentlich war alles soweit okay beim Gassi gehen - seit ein paar Tagen allerdings will sie nur noch ihr geschäft erledigen und direkt nach Hause - dabei zieht sie so stark an der Leine, das die Gassigänge eher anstrengend werden. Sie zeigt auch eine deutliche Angst und zieht den Schwanz ein, obwohl da wirklich nichts ist.

Huhu,

irgendetwas ist da bestimmt was deiner Hündin Angst macht. Manchmal sind es klitzekleine Dinge, die wir Menschen nicht wahr nehmen (können).

Dein Hund ist erst kurze Zeit bei dir. Ich würde ganz normal mit ihr umgehen. Kein unnötiges Getüdel. Auch würde ich sie ganz in Ruhe lassen, gerade wenn sie sich zurück zieht. Wenn sie Kontakt haben möchte, wird sie es dir zeigen.

Ich hab es bei meinem Hund auch so gehalten. Die Hunde brauchen einfach die Zeit um alle Eindrücke verarbeiten zu können. Gassiegänge würde ich auch eher kurz halten. Schon gar nicht würde ich jetzt schon Plätze aufsuchen wo viele Hunde sind. Womöglich noch ohne Leine, die deinen dann bedrängen..

Wenn dein Hund wirklich zu Ängstlich ist, hilft da auch kein DAP Spray, Halsband oder Stecker. Das Geld würde ich sparen.

Du könntest ihr allerdings mit Bachblüten helfen. Es gibt auch Mittel (Nahrungsergänzung) die den Serotoninspiegel anheben. Ich hatte damit mit meinem Panikhund gute Erfahrungen gemacht. Tierheime und Orgas arbeiten sehr viel damit. Wenn du mehr wissen möchtest, schreib mich einfach per PN an.

Hast du ein gut sitzendes Geschirr für deinen Hund? Kennst du dich mit TTouch aus? Was fütterst du? Die Ernährung spielt, gerade bei Angsthunden, eine entscheidende Rolle.

Ich würde ihr auch eine kurze Hausleine dran machen, dann kannst du, ohne sie berühren zu müssen, an den Hund kommen.
 
Hallo alle zusammen!!

Erst mal vielen dank für die Tipps aber ich wollte keine Diskussion hier auslösen. Ich bin mir bewußt, das Camy aus Rumänien kommt und zum schluß ihrer Zeit in Rumänien, im Tierheim war.
Das es nicht einfach wird, mit ihr, ist mir durchaus bewußt -letzte Woche war eine Freundin bei mir, die auch einen Strassenhund aus Rumänien hatte - sie hat mir auch Tipps gegeben und wir wollen demnächst, wenn der Himmel eine Regenpause einlegt, mit ihr mal in den Wald fahren, wo sie ruhe hat und nicht so stark von äußeren einflüssen, wie Strassenbahn, Lkw etc. ausgesetzt ist.

Sie zieht sich nach wie vor zurück ins Bad aber ich glaube es liegt daran, das dort Fliesen liegen -heute morgen lag sie in ihren Bettchen und nach dem Gassi gehen, wunder geschehen, hat sie es sich in meinem Bett bequem gemacht.
Also, es wird - ich habe ihr auch ein Happy House bestellt - ich hoffe, das es von der größe passt und dann kann sie da sich zurück ziehen, weil ich da definitiv nicht rein komme - ins Bad muß ich halt rein und wenn ich mal duschen bin, schaut sie zwar skeptisch aber sie legt sich wieder hin.

Nach wie vor, freut sie sich auch, wenn ich mit ihr Gassi gehen will, sie läuft durch die Wohnung -schwanz wedelnd und fiepend . Und am Sonntag waf ich total überrascht, da hat sie an mir geschnuppert und ganz sanft meine Nase abgeleckt -ich war so überrascht hab mich aber riesig gefreut .

Sie ist halt aus dem Grund des Wetters ziemlich skeptisch, wenn wir Gassi gehen und sie zieht ziemlich extrem aber irgendwann wird es besser - spätesten dann, wenn die Neckarwiese bei uns mal wieder "sichtbar" ist. Da bin ich ganz zuversichtlich -letzte Woche sind wir am Abend auch ganz entspannt am Neckar gelaufen -sie hat bewundernd die vielen Störche beobachtet und war ganz erstaunt, das plötzlich weggeflogen sind.

Camy ist einfach eine gute Seele, ich habe sie absolut in mein Herz geschlossen - auch wenn sie für eine "Hundeanfänger" nicht so gut geeignet ist, was mir viele schon gesagt haben und ich auch verstehe aber ich gebe sie auf keinen Fall wieder zurück.

Zur Ernährung gebe ich ihr Nassfutter gemischt mit Trockenfutter - manchmal mach ichhier Tuhnfischomlett, wo sie echt drauf steht und als leckerlie getrochnete Hünchen, Pute und ab und an Fleischwurst und Leberwurst.
Rescue Tropfen hab ich ihr auch geholt und mach 2 Tropfen auf den Kopf und einen auf die Nase -ob es hilft -keine Ahnung.

Okay, ich glaub ich hab jetzt ne menge geschrieben und sag noch mal DANKE für jeden Tipp !

Lg Dorina mit Camy
 
Ich habe auch einen kleinen Angsthund :)
das wichtigste dabei ist Geduld, Ruhe und Zeit. Dann kommt es alles von alleine. Mit dem Alter das sie hat, ist natürlich viel verhalten schon festgefahren und sie wird langsamer lernen als ein nicht Angsthund, aber wenn du dir die zeit nimmst, die sie wirklich braucht, dann wird das schon werden :)

Wichtig ist, dass du mit den Rückschlägen (denn die werden kommen) dich nicht frustrierst oder die Geduld und Ruhe verlierst, die sie braucht.

Ich drücke dir weiterhin die Daumen und freue mich auf zukünftige Berichte ;)
 



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