Hallo,
Was ich allerdings tatsächlich nicht so wirklich kenne sind wadenbeißende, leinenpöbelnde Collies. Klar, der Erziehungsstatus der Hunde variiert je nach Besitzer und auch Alter der Hunde und mein Collie ist auch nicht perfekt. Aber dass sie zu massivem Problemverhalten neigen, würde ich nun doch nicht erwarten. Harmoniesüchtige Seelchen dann doch schon eher - Haudrauf-Collie hab ich noch keinen gesehen... Vielleicht gibt es ja auch regionale Unterschiede :denken24:
Ich glaube, eher individuelle Unterschiede. Mal steckt Übermut dahinter, mal Angst und Unsicherheit, mal Wach- und Schutzverhalten. Man muss aber bedenken, dass auf einen Hund, der mit kleinen Macken oder auch großen Problemen im Tierheim landet, draußen hunderte andere kommen, die absolut keine Probleme machen.
Wenn ich mich richtig erinnere hast du ja Collies in diesem Forum ja unter anderem schon als Familienhunde empfohlen, weil sie eben nicht gleich am Rad drehen, wenn man nicht sooo viel mit ihnen macht und sie auch wenn man nicht mega viel in die Erziehung steckt dennoch noch nette Zeitgenossen sind..? Das passt da durchaus dazu... Dass ich es dennoch schade finde, wenn man sie darauf reduziert - weil sie nunmal soviel mehr sein können als unauffällige Mitläufer - war letztendlich der dir ja nun auch nicht unbekannte Inhalt meines Posts.
Am einen Ende sind
Vernachlässigung und Deprivation, am anderen Ende sind
Stress und Reizüberflutung.
Die Spanne dazwischen ist rassespezifisch oder auch individuell recht unterschiedlich. Der eine Hund fühlt sich schon in Situationen gestresst (oder tödlicher Langeweile ausgeliefert), wo der nächste noch interessiert aufmerksam (oder gemütlich entspannt) ist.
Ein Familienhund sollte anpassungsfähig sein und keine außergewöhnlich niedrige Reizschwelle in einer dieser Richtungen haben. Trotzdem heißt das nicht, dass ein Familienhund ständig zu wenig Auslauf haben darf oder sich ständig von einer Horde Kinder beschallen und quälen lassen muss!
Es ist toll, wenn ein Familienhund seine regelmäßige spezifische Beschäftigung hat. So wie manche Familienhunde in meinem Bekanntenkreis z.B. Dogdancing für Wettbewerbe trainieren oder in der Suchhundestaffel mitarbeiten und täglich üben. andere Familienhunde haben nur Spaziergänge und Spiel, je nach Wetter einen größeren Ausflug am Wochenende und mehr oder weniger die Begleitung ihrer Familienmitglieder im Alltag.
Beim Collie geht in der Regel beides, wobei es in beide Richtungen sicher besser und schlechter geeignete Exemplare gibt. Natürlich kann man das schade finden, wenn ein begabter Hund nicht gefordert wird. Aber es gibt Rassen, da ist das tragischer als beim LH-Collie. Ein Collie ist gern bei seiner Familie und überall dabei und langweilt sich nicht gerne. Aber dass er leidet und verkümmert, nur weil er nicht 3x wöchentlich Hundesport macht oder zum Filmstar ausgebildet wird, den Eindruck hab ich nicht.
Unsere Familie ist wahrscheinlich eher turbulent und es gibt wenig Regelmäßigkeit. Deshalb hab ich mich erst zögerlich davon überzeugen lassen, dass der Collie zu uns passen könnte und mich dann von einer erfahrenen Züchterin zu verschiedenen Züchtern/Zuchthunden, die gerade Welpen abzugeben hatten, beraten lassen, dann bewusst einen Welpen aus einer lebhaften Familienaufzucht gesucht und mich von der Züchterin beraten lassen, welcher Welpe zu uns passen könnte. Damit der Hund dann eben nicht darunter leidet, in einer Situation zu stecken, die ihn charakterlich über- oder unterfordert. Aber der normale Durchschnitts-VDH-Langhaarcollie und die normale hundeinteressierte Durchschnittsfamilie passen gut zusammen, denke ich.
Der Collie eignet sich als Familienhund, aber nicht, weil er so schön still leidet, sondern weil er einiges verzeiht ohne zu leiden. Trotzdem würde ich nie behaupten, dass man mit dem Collie alles machen kann. Die Sensibilität kann sich im blödesten Fall auch zum Angstbeißen entwickeln und auch ein Collie kann die vielfältigsten Verhaltensprobleme entwickeln, wenn es ihm nicht gut geht.
LG,
Stadtmensch