Ich muss sagen, dass in unserer Sozialgemeinschaft sehr häufig demokratische Verhältnisse herrschen.
Da ich mich auch viel mit dem Verhalten freilebender Hunde/ Wölfe befasse, ist es einfach für mich völlig selbstverständlich, dass ich meinen Hunden auch gewisse Freiheiten zugestehe.
Beispielsweise wäre ich für TurnierHundesport völlig ungeeignet, da ich große Hemmungen hab, den Hund zu etwas zu bringen, worauf er im aktuellen Moment gar keine Lust hat. Der Alltag besteht bereits aus so vielen Grenzen, Verboten, meine Terrierhündin ist jagdlich stark ambitioniert und muss dort bereits perfekt funktionieren, wenn ich sie mit Dummyarbeit auslasten möchte, ihr also was Gutes tun will, richte ich mich voll und ganz nach ihren Bedürfnissen.
Gestern zb hat sie dann einfach nicht zuende apportiert, da sie einfach schlichtweg zu müde, zu geschlaucht war.
So was kommt bei uns auch mal vor, aber bei Rocco erkenne ich das eigentlich schon, wenn ich den Dummy oder was er grade apportieren soll, raushole. Ist er uninteressiert, brauche ich gar nicht erst anfangen. Aber in der Regel sieht man ihm die Freude gleich an und dann arbeitet er auch gut :happy: Wenn ich merke, dass er müde wird, höre ich auf. Bzw. gebe ihm noch eine letzte Aufgabe, von der ich weiß, dass er voll drauf abfährt, z.B. werfe ich den Critter, dem kann der nie widerstehen. Wenn er man was nicht holen, bringen will, gehe ich hin, ermuntere ihn, stups den Dummy an, werfe ihn vielleicht auch noch mal ein Stück, solange bis Rocco ihn nimmt und mir bringt. Das MUSS er also, ich zwinge den Hund aber nicht, sondern ermuntere ihn solange bis er es tut :zwinkern2:
Rocco ist unheimlich viel und gerne am schnuppern und ist dabei dann auch manchmal unaufmerksam. Wenn ich es also nicht mit Bestimmung fordern würde, dass er seine Aufgabe zu Ende führt, weiß ich, würde er immer mal wieder eine Pause einlegen, mal hier schnuppern, mal da, hier vielleicht noch mal markieren und dann erst zu mir zurückkommen. Das will ich sowohl beim Apportieren, als auch beim Rückruf nicht
Rein theoretisch hätte ich das Kommando auch durchsetzen können, immerhin widersetzt sie sich gerade meinem Kommando... mir fiel aber kein guter Grund dafür ein, also hab ich sie weitergehen lassen und den Dummy aufgesammelt.
Hier zuhause hat meine Hündin absolute Narrenfreiheit. Sie darf entscheiden, wo sie liegen und schlafen will, sie darf uns auch regelmäßig zum Spielen auffordern, sie darf gelangweilt liegen bleiben, wenn ich sie mal in der Wohnung rufe und zum Spielen oder Kuscheln auffordern will. Ich zwinge sie da nie. Niemals.
Das sehe ich auch so. Aber ich "rufe" ihm zum kuscheln auch extra anders. Kein striktes "Komm" sondern eher "Roccolino, komm doch mal zur Mama" *lol* Da darf er dann entscheiden, ob er kommen will oder nicht. Zum Kuscheln lasse ich mich auch auffordern und wenn ich mit dem Streicheln aufhöre und er nach meiner Hand "tascht" mach ich auch oft weiter :verlegen1: Aber wann Spielzeit ist bestimme alleine ich!
Jeden zweiten Morgen gehe ich zum Joggen. Ich weiß, dass meine Hündin nicht gern mitjoggt. Das Tempo ist ihr unangenehm, es ist ihr zu langweilig und für frühmorgens auch einfach viel zu lang. Daher lasse ich sie immer selbst entscheiden, ob sie mit möchte, oder nicht.
Sollte sie - trotz der ihr aufgefallenen Laufschuhe - mal doch mitgekommen sein und nach ein paar hundert Metern keine Lust mehr haben, bring ich sie erst nachhause, bevor ich weiterjogge.
Würde ich auch so machen. Das wäre ja für Hund und Halter nur eine Qual, den Hund zum Mitlaufen zu zwingen.
Im Großen und Ganzen würd ich also schon sagen, dass ich meiner Hündin verhältnismäßig viel Entscheidungsfreiheiten lasse... trotzdem haben wir kein Kontrollproblem.
Sie rennt mir zuhause nicht hinterher, kann super entspannt allein bleiben, ich kann es sofort abbrechen, wenn sie doch mal wieder versucht, die Bank, auf der wir sitzen vor anderen Hunden zu verteidigen, zuhause bleibt sie - zwar genervt und angepisst - aber sie bleibt zu hundertprozent im Körbchen, wenn Gäste da sind. Ihr Gehorsam draußen kann nicht besser sein. Ich wüsste keine Situation, in der ich nicht bei Bedarf Einfluss auf sie nehmen kann.
Ist das untypisch?
Warum haben Hundebesitzer solche Angst vor "Dominanz", vor dem Zulassen von Situationen, in denen auch mal der Hund entscheiden darf, wenn es doch offensichtlich mit dem Gehorsam und der Bindung dennoch super funktioniert?
Wenn es funktioniert, super! Aber bei uns würde es nicht funktionieren, das weiß ich. Klar geb ich dem Hund nicht alles hundertprozentig vor, er spielt auch viel mit anderen Hunden, wo ich selten eingreife (außer, dass ich zwischendurch ein/zweimal abrufe), er hat einen relativ großen Bewegungsradius auf der Freilauffläche und daheim kann er hin wo er will und machen was er will, solange er nichts kaput macht :frech3:
Oder wo seht ihr die Grenzen? Gibt es Gründe, die dafür sprechen, einem Hund die Selbstbestimmung völlig zu nehmen?
Wie sind da eure Erfahrungen?