Also bei mir ist es umgekehrt. Bei Kira, meiner ersten Hündin, habe ich das Nein nur selten gebraucht und das ist bis heute so.
Als sie mit geschätzt gut einem Jahr zu mir kam, gab es im normalen Alltagsleben keinen Grund, das Nein zu gebrauchen.
Ich brauchte/brauche es immer dann, wenn sie in den Jagdmodus schaltet. Ob das nun Nachbars Katze im Garten ist oder das Reh im Wald.
Und da ist das Nein eher ein "vorausschauendes" Nein. Ich muss Kira im Freilauf immer gut im Blick haben. Sobald sie Anzeichen von Jagdbereitschaft zeigt, z.B. intensiv an einem Wildwechsel schnuppert und dem nachgehen will, gibt es das Nein.
Wenn sie wie hypnotisiert in eine Richtung starrt, gibt es das Nein.
Wenn ein Reh weit genug entfernt von uns aufspringt und ich sage das Nein in dem Moment, in dem Kiras Kopf in die Richtung geht, dann wirkt es auch noch.
Ist sie gerade erst gestartet, weil ich vorher nicht aufgepasst habe oder weil wirklich ein Reh, Hase, Fuchs unvermittelt direkt vor uns aufspringen, brauche ich kein Nein mehr zu sagen, dann gibt es das "Halt". In 3 von 4 Fällen klappt das dann noch.
Das ist dann aber ein Halt, das vermutlich jeden zusammenfahren lassen würde, der in unserer Nähe ist. Aber anders kann ich in diesem Modus zu Kira nicht mehr durchdringen, keine Chance.
Im Gegensatz zu dem "normalen" Halt, das ich rufe, wenn sie an eine Weggabelung oder unübersichtliche Stelle kommt. In dem Fall verändert eigentlich auch der Tonfall das eigentliche Kommando.
Wendet sie sich ab beim Nein und kommt zu mir, gibt es entweder ein ruhiges Lob, oder auch ein Tobespiel, manchmal mache ich dann auch im Anschluss ein Suchspiel. Manchmal wendet sie sich beim Nein auch nur ab und läuft den Weg weiter, dann gibt es nur ein ruhiges Okay.
Macht sie halt, wenn sie durchgestartet ist, dann gibt es Party mit Rennspiel, Toben und Leckerlie.
Macht sie nicht halt, wird sie, wenn sie zurückkommt kommentarlos angeleint und das wars für den Tag mit Freilauf.
Bei Amy, meinem zweiten Hund und ersten Welpen brauche ich im Alltag das Nein deutlich häufiger als bei Kira früher.
In manchen Situationen biete ich dabei ein Alternativverhalten an, z.B. wenn sie bei mir auf der Couch liegt und anfängt in die Couch zu beissen.
Dann greife ich mir ihr Zerrseil, sage Nein und gebe ihr im gleichen Moment das Seil, auf dem sie stattdessen beissen kann.
Geht sie drauf ein gibt es zusätzlich ein bestätigendes Lob, damit sie merkt, sie macht es richtig.
Sitzen wir am Tisch und sie springt hoch, dann schubse ich sie bei ersten Mal kommentarlos runter (sie ist schon ziemlich groß und schafft es schon mit den Vorderpfoten auf die Tischkante), macht sie es dann nochmal, gibt es zusätzlich ein deutliches Nein und dann ist in der Regel Ruhe.
Sobald sie sich dann ruhig hinlegt, lobe ich kurz, allerdings ohne sie anzuschauen und auch möglichst ruhig, sie soll ja nicht gleich wieder hochfahren.
Da biete ich also keine Alternative, die muss sie sich selber erarbeiten.
Genauso wenn sie, am Anfang, hinter den Katzen herjagen wollte. Da gab es ein Nein und dann habe ich sie mit meinem Körper abgeblockt.
Ähnelt ein paar tänzelnden Gymnastikschritten, aber sie hat es recht schnell verstanden.
Auch da biete ich keine Alternative, sie kann im Prinzip machen was sie möchte, nur nicht den Katzen hinterher jagen.
Neulich waren wir am anderen Ende vom Raum und sie hat sich zur Abwechslung mal am Couchtisch aufgestellt. Da gab es ein Nein aus der Entfernung und sie ist runter und hat sich ein Spielzeug gesucht. Was dann wieder ein Lob zur Folge hatte.
Bei Amy brauche ich das Nein also noch recht häufig, sie muss ja lernen, was im Haus erwünscht ist und was nicht und das geht so am einfachsten.
Heute beim Abtrocknen nach dem Heimkommen war es wieder ähnlich. Erst Amy trocken gerubbelt, das war allein schon mal ein Akt.
Dann wollte ich die geduldig wartende Kira abtrocknen, no chance.
Amy hat das böse Handtuch zum Feind erklärt und wollte es von Kira runterrupfen, nachdem sie es bei sich selbst schon nicht geschafft hatte.
Also ließ ich ihr das alte Handtuch und nahm ein neues, um Kira zu trocknen.
Prompt wurde das neue bekämpft. Also gab es wieder ein deutliches Nein und gleichzeitig hielt ich ihr das alte Handtuch hin. Das hat sie dann ergriffen und durch die Bude gekämpft, wofür es dann natürlich ein Lob gab. Und Kira konnte endlich trocken werden.
Also ja, ich stehe dazu, dass ich im Moment das Nein häufiger verwenden muss, hoffe aber, dass sich das mit steigendem Alter ändern wird.
Vermutlich wird es da ähnlich wie bei den Kindern laufen: kleine Hunde, kleine Sorgen, große Hunde.....