Ich bin ja auch gerade in der Situation und ich mache ganz andere Erfahrungen. Ein klein wenig habe ich den Eindruck, dass es (auch) daran liegt, wie man sich dem Tierheim vorstellt, welchen Eindruck man auf die Leute dort macht. Denen ist anscheinend recht egal, was vorher war (können sie eh nicht überprüfen, erzählen kann ich viel). Die wollen sehen, wie man sich macht. Aus irgendeinem Grund muss ich wohl einen kompetenten Eindruck machen (kompententer als ich tatsächlich bin), denn bisher durfte ich in beiden besuchten Tierheimen den von mir favorisierten Hund kennenlernen, sogar den bei dem ich nach ein paar Besuchen feststellte dass ich wahnsinnig war das überhaupt zu versuchen. An meiner enormen Hundeerfahrung kann es nicht liegen, denn die beschränkt sich auf eine kleine, etwas zickige aber ansonsten nicht allzu komplizierte Motte.
Selbstverständlich ist der Eindruck wichtig. Eben genau weil "Hundeerfahrung" ein sehr dehnbarer Begriff ist und man die passenden Fertigkeiten für diesen oder jenen Hund nicht ausschließlich an "ich hatte schon ... Hunde" festmachen kann. Das beginnt damit, dass man sich höflich vorstellt und mal erzählt, wer man ist, geht damit weiter, dass man sich für den jeweiligen Hund auch tatsächlich interessiert, evtl. selbst Fragen stellt, wie bestimmte Dinge funktionieren und die möglichen Problemstellen, von denen einem erzählt wird ernst nimmt und mal rein verbal zeigt, wie man damit umgehen kann, indem man Lösungswege bespricht. Und dann wird es spannend den Interessenten tatsächlich im Umgang mit dem Hund zu sehen - da zeigt sich dann, ob derjenige nur gut reden kann oder ob das Ganze auch Hand und Fuß hat.
Allerdings habe ich bei den paar Besuchen auch schon wieder mitbekommen, warum die Tierheimleute misstrauisch werden müssen. Da kommen Leute mit komischen Vorstellungen an ... und wahrscheinlich gibt es bestimmte Sachen die bei Vermittlern einen Alarm auslösen. Wenn man Pech hat, drückt man so einen Alarm-Knopf. Das ist dann natürlich frustrierend und sicher auch unverständlich, aber ich bin der Meinung: für die Hunde ist es immer noch besser, wenn ein passender Interessent zu unrecht abgelehnt wird als wenn 10 unpassende Interessenten einen Hund bekommen.
Bei mir drückt man den Knopf besonders dann schnell, wenn Menschen so selbstgefällig sind, dass sie mögliche Probleme des Hundes negieren, für nichtig erklären oder meinen das würde bei ihnen sicher gar nicht vorkommen und wenn nicht lange.
Besonders lieb gewonnen habe ich auch den Eingangssatz "bei mir hat jeder Hund den besten Platz, den er sich nur wünschen kann". Hört man des Öfteren in verschiedenen Abwandlungen, löst hier sofortigen Brechreiz aus
Beim Golden im Speziellen sind auch Sachen wie "das ist ja soooooo ein Schöner!" (am Besten gleich in den ersten 2-3 Sätzen verpackt) und "er sieht genauso aus, wie unser letzter" (WTF, es ist ein Golden Retriever - die sehen alle gleich aus...), besonders beliebt bei mir. Wobei ich ersteres versuche zumindest für den Anfang zu ignorieren, bei letzterem fällt es deutlich schwerer. Die Wahrscheinlichkeit, dass "der letzte" genauso war wie Mex, ist relativ gering
Zu der Vermittlung allgemein: Ich bin da ein bisschen hin und her gerissen. auf der einen Seite ist es richtig, dass vieles was man von Tierheimen liest keine Gründe für mich sind, die gegen eine Vermittlung sprechen. ABER: wenn ich von mir und meinen Welpen ausgehe, und von den vielen Leuten die schon hier waren, die ich aber wieder weg geschickt habe, weil mein Bauchgefühl nicht gepasst hat, dann kann ich schon verstehen, wenn man dann auf solche fadenscheinigen Gründe zurück greift. Ich weiß nicht ob man das so richtig gut vergleichen kann, ob die Tierheimmitarbeiter ein ähnliches Verhältnis zu ihren Tieren haben, wie es bei uns ist.
Ich persönlich nutze fadenscheinige Gründe immer dann, wenn ich (vorwiegend am Telefon) schon binnen wenigen Sekunden denke "ähm, nö!". Dann finde ich im Gespräch ganz sicher sehr schnell einen Grund, warum das nicht klappt, einfach weil ich den finden will, um die Person möglichst schnell loszuwerden. Da waren Hunde dann manchmal auch einfach schon vermittelt (wenn das nicht schon vorher gefragt wurde). In den meisten anderen Fällen versuche ich den Leuten schon zu erklären woran es scheitert. Annehmen können es nur sehr wenige und ja, manchmal wäre es bequemer auch hier einfach was vorzuschieben.
Aber um noch ein Beispiel zu vorgeschobenen Gründen & Tierheimen, die nie vermitteln wollen zu bringen - hier ein in meinen Augen ein recht passendes Erlebnis von meiner Seite.
Ich habe vor ca. 2 Jahren einen jungen Staff-Rüden vermittelt, der auf einer Pflegestelle lebte, die ich betreut habe. Die Leute, die sich für ihn interessierten, waren sehr nett und hatten auch schon einen Staff-Rüden gehabt. Beim ersten Spaziergang erzählten sie mir dann, dass sie sich schon bei einem TH um einen anderen Staff-Rüden beworben hatten, dort mehrmals hingefahren waren und man ihnen dann, als es ernst zu werden drohte, plötzlich absagte, weil er nicht mit Katzen kompatibel war - ein Thema, das man vorher schon besprochen hatte und wo es vorher kein Problem zu geben schien. Sie waren verärgert, konnten die Sache mit den Katzen (zurecht) nicht so recht glauben und kamen - wie so Viele - zu dem Fazit, dass das Tierheim den Hund einfach nicht vermitteln will. Sie haben sich am Riemen gerissen und nun nicht geschimpft, aber der Ärger war spürbar und man merkte, dass man schon dachte, das TH hätte eine schlechte Entscheidung getroffen und der Hund wäre arm, weil er so lange nur wegen denen dort sitzen müsse. Ich habe mir das in Ruhe angehört, bin ebenfalls recht schnell zu dem Schluss gekommen, dass die Katzen ein vorgeschobener Grund waren und selbstverständlich, wenn ich denen einen Hund vermitteln soll, wollte ich wissen, warum sie dort keinen bekommen hatten. Es stellte sich heraus, dass der Rüde, um den sie sich beworben hatten, alles andere als einfach war, schon mehrfach gebissen hatte, bei einfachen Spaziergängen ohne gröbere Konfliktsituationen aber recht unauffällig war. Man hatte das Gefühl, dass die Leute den Hund massiv unterschätzten, sie wollten ihnen nicht glauben, dass der auch anders kann und auch, dass sie nicht die nötigen Skills hätten, um mit ihm klar zu kommen. Eine Einschätzung, die ich sofort unterschrieben hätte, denn schon bei einem Gassigang sah man an der Art wie eine Leine gehalten, wie Kommandos gegeben und wie mit dem Hund generell auf körpersprachlicher Ebene kommuniziert wurde, dass wir hier zwar nette, gute Leute haben, aber alles andere als Hundeexperten. Der Hund den sie von mir dann auch bekamen war ein 6 Monate alter netter Jungrüde - der hat gut zu ihnen gepasst und lebt dort auch heute noch glücklich und zufrieden. Einen schwierigen Hund, der auch schon gebissen hat, hätten die von mir auch nicht gekriegt. Das Einzige, das es in meinen Augen im Verhalten des Tierheims zu bekritteln gibt, ist dass man die Leute mehrmals kommen lässt (die hatten einen recht weiten Anfahrtsweg) und dann nicht mal den Schneid hat ehrlich abzusagen. Die Entscheidung selbst konnte ich voll nachvollziehen und das habe ich ihnen dann auch so erklärt.