Was mache ich falsch? // Hund ständig gestresst

Ich bin kein Experte für Leinenführigkeit, ich habe da nie so viel Wert drauf gelegt, weil mir andere Dinge viel wichtiger waren.
Kira ist jetzt 10 Jahre alt, wenn sie unter Strom steht, weil z.B. im Wald Wild quert, ohne dass einer von uns beiden vorher darauf aufmerksam geworden wäre, dann erlebe ich jedes Mal wieder, wie viel Kraft 14kg Zug an der Leine haben. 😉
Auch wenn sie voller Energie am Anfang des Spaziergangs ist und es überall verführerisch duftet, dann spannt die Leine und ich gehe eine Zeitlang einen Schritt schneller.

Wenn überraschend Wild quert, haben wir dasselbe Bild, das ich in einem der Videos sehe, mein Hund versucht wie ein Känguru an der Leine nach vorne zu hopsen.

Ich weiß, das ist jetzt nicht hilfreich, aber ich muss dann innerlich immer grinsen und mein Hund tut mir jedes Mal leid, wie er sich da vergeblich anstrengt seinem dämlichen Frauchen klar zu machen, dass da vorne gerade was supertolles stattfindet.
Ein paar Hopser kriegt sie also jedes Mal hin, ich lasse sie ausnahmslos jedes Mal bis zu der Stelle ziehen, an der das Wild gequert hat.
Sie darf dann beide Seiten des Weges (an kurzer Leine) ausgiebig beschnüffeln, sie darf aufgeregt sein und dann kommt das Kommando "Sitz".

Führt sie aus, sitzt ganz angespannt da und starrt in die Fluchtrichtung.
Ich stehe daneben, sage und tue gar nichts.

Irgendwann, mal früher, mal später schaut sie mich an. In dem Moment ist unsere Verbindung wieder da.
Meistens hocke ich mich dann neben sie, sie kommt ganz dicht ran, manchmal gibt es ein kurzes Streicheln und dann sage ich meist "sollen wir weiter gehen"?
Wenn ich dann aufstehe, ist sie in der Regel wieder ganz bei mir, wir gehen in normalem Tempo weiter und sie schüttelt sich.

Wenn sie voller Energie ist und wir starten mit unserem Spaziergang, v.a. sobald wir in den Feldweg einbiegen, dann ist unsere Leine eigentlich immer stramm. Solange sie läuft, schnüffelt und weiter nichts passiert, darf sie ziehen, solange sie mir nicht den Arm ausreißt.
Sie läuft immer vorne weg, sie kreuzt, sie schnüffelt, ist mal aufgeregt, mal entspannt.
An Wegrändern springt sie unvermittelt seitwärts, wenn sie eine Maus sieht oder hört, an erlaubten Stellen darf sie buddeln.

Ich habe das von Anfang an so gehalten, ich habe mir nie einen Kopf um Leinenführigkeit, Vorauslaufen und dergleichen gemacht, brauche ich bei 14 kg ja auch nicht unbedingt.

Etwas anderes war aber ebenfalls von Anfang an Gesetz.
Kam uns jemand entgegen, egal ob Mensch, Tier, Fahrrad, Auto was auch immer, dann gab es ein "Halt" und der Hund hatte neben mir zu gehen, immer auf der abgewandten Seite. Sie durfte nicht an mir vorbei, nicht mit dem Kopf, nicht mit einer einzigen Kralle.
In diesen Situationen habe ich übernommen. Immer, ausnahmslos.
Auch heute noch.

Dafür darf sie die meiste andere Zeit tun was sie möchte, solange sie nicht jagen geht.
Sie darf mal aufgeregt sein und ziehen, sie darf unvermittelt auf die Seite springen, sie darf buddeln, ziemlich oft darf sie den Weg aussuchen, was mein kleiner Dickkopf auch ausgiebig tut.

Aber in manchen Situationen hat sie kein Mitspracherecht, da gelten meine Regeln.
Das hat sie so verinnerlicht, dass sie, wenn sie frei läuft, jedes Mal zu mir schaut, wenn sich Auto, Fahrrad oder Menschen nähern, meist kommt sie dann schon von selbst. Bei Hunden sowieso.

Ich habe nur selten und nur wenige Leckerlies.
Eigentlich nur für Suchspiele, die sehr dosiert gemacht werden oder als Jagdersatzbeute, wenn wir einer Spur folgen und "zusammen jagen".

Sie bekommt und bekam bei mir nie Leckerlie für das Ausführen von Kommandos (mit Ausnahme in der ersten Zeit, als ich nach Lehrbuch trainieren wollte, was überhaupt nicht funktioniert hat).
Die Belohnung beim Ausführen des Kommandos ist, dass dieses Kommando in dem Moment einen Sinn hat, der zu ihrem Besten ist.
Und sie danach wieder frei gegeben wird.

Ich weiß, ich werde auf viel Unverständnis stoßen, aber das Letzte, was mir irgendwie gefallen würde, wäre ein Hund, der neben mir geht, Kopf hoch erhoben und auf meine Tasche starrt bzw. die Leckerliehand. Da gibt es ja so einige "Trainingsvideos", die ich allesamt fürchterlich finde.

Der Hund muss in bestimmten Situationen neben mir gehen, weil es zu seinem Besten ist und/oder weil das in dieser Situation die Regeln sind.
Die Belohnung ist das Freigeben danach, wo er wieder tun kann, was ihm gefällt.

Ich habe bei deinen Videos den Eindruck, dieses Leckerlieabholen trägt zusätzlich zum Hochfahren bei.
Ich will nicht kritisieren, aber ich für mich kann in diesen Leckerliegaben keinen Sinn entdecken.

Beim ersten Video war sie zwar aufgeregt im Wald, aber nach meiner Ansicht angesichts ihres Alters und des Energielevels völlig im Rahmen. Ich hätte wesentlich weniger abgerufen, eigentlich nur dann, wenn sie "meinen" Radius überschritten hätte ( ich kann nicht gut einschätzen, wie weit sie sich tatsächlich entfernt hat und weiß auch nicht, wo deine Vorgabe liegt).
Solange sie innerhalb der erlaubten Grenzen bleibt, dürfte sie (bzw. darf Kira) schnüffeln, manchmal buddeln, auf Wiesen in großen Kreisen rennen und sich austoben.

Ich rufe nur ab, wenn sie sich zu weit entfernt oder ich anhand ihres Verhaltens bemerke, dass sie da eine Spur einen Tacken zu interessant findet und "Jagdvorbereitungen" trifft.
Ansonsten darf Kira aufgeregt sein, darf springen wie ein Känguru, buddeln als gäbe es kein Morgen und darf dann auch völlig selbstvergessen sein.

Weiter rufe ich immer ab, wenn sich Menschen/Tiere nähern, sofern sie nicht ohnehin schon von selbst kommt.
Darauf lege ich extrem viel Wert, weil ich es als Zumutung für andere Lebewesen betrachte, wenn sie sich beim Näherkommen fragen müssen, ob der Hund gleich auf sie zustürmt.

Damit will ich sagen, dass ich Kommandos zwar nutze, aber nur dann, wenn es einen Grund gibt.
Ausnahme wäre ein Welpe/Junghund dem ich spielerisch die Grundkommandos näher bringen möchte.
Da würde ich anfangs Leckerlie einsetzen und die Kommandos spielerisch abfragen bis sie irgendwann sitzen.

Beim erwachsenen Hund mache ich das nur, wenn es wirklich einen Grund gibt.

Im ersten Video hätte ich Bella also viel mehr Freiheit gegeben und hätte mich an der Form von Aufregung nicht gestört.

Im zweiten und dritten Video stimme ich Bubuka zu, dass ich es für suboptimal halte, wenn Bella, augenscheinlich durch Außenreize überfordert, ständig an der Leine vor dir läuft, egal wie lang die Leine nun ist.
Da würde mich nun nicht stören, dass die Leine spannt, sondern dass der Hund, obwohl offensichtlich nicht in der Lage mit der Situation klar zu kommen, vor mir steht und, aus Hundesicht, damit in der Verantwortung ist.

Bei all diesen Reizen und Spaziergängen durch "Reizgebiet" wäre Bella an kurzer Leine neben mir und keinen Zentimeter davor.
Das würde ich körperlich vermitteln, indem ich mit meinem Körper blocke und ein Vor mich kommen verhindere, dabei würde ich mir Mauern und Zäune zunutze machen, indem ich dicht daran vorbei gehe und der Hund kaum Platz hat, um nach vorn zu kommen.
Wo das nicht möglich ist, würde ich die Leine ganz kurz nehmen, so dass sie keinen Spielraum hat.

Ich würde das kommentarlos machen, es als völlige Selbstverständlichkeit erscheinen lassen.
Nach dem Motto "hier führe ich", hier hast du jetzt nichts zu tun.
Ich sehe auch absolut keinen Grund, weshalb ich in solch einer Situation Leckerlie geben sollte, weder will ich die Aufregung bestätigen noch will ich den Hund ablenken, er soll ja bewusst lernen, wie er mit mir durch solche Situationen kommt.
Und in deinen Videos habe ich zumindest deutlich den Eindruck, das Abfragen der Leckerlies trägt noch mal zusätzlich zur Aufregung bei.
Außerdem kommen sie, nach meiner Meinung, im unpassenden Moment.
Sie bestätigen eigentlich ständig das Aufgeregtsein.

Aber ja, zugegeben, ich bin nicht der Leckerlietyp.😉
Zumindest außerhalb vom Welpenalter.

Heißt jetzt nicht, dass Kira nie etwas nebenbei bekommt.
Bekommt sie sogar ziemlich oft.

Aber immer für sie nicht vorhersehbar.
Wenn ich den Tisch decke, auf der Couch sitze und sie liegt brav daneben und ist einfach nur da.

Wenn wir im Restaurant sind und sie liegt brav unter dem Tisch, neben meinem Stuhl.
Ohne irgendetwas einzufordern.

Wenn ich am Kochen bin und sie kommt gerade in den Raum und ich freue mich, dass sie da ist.

Dann gibt es mal etwas und mal nicht.

Aber wenn ich unterwegs in notwendigen Situationen Gehorsam einfordere, dann gibt es nichts.
Die Belohnung ist dann jedes Mal die erneute Freigabe, wenn die Situation vorbei ist.
Wenn sie also draußen Kontakt mit mir aufnimmt, dann nicht deshalb, weil sie abfragen will ob da ein Leckerlie kommt, sondern weil es ihr gerade wichtig ist. Und das wiederum ist mir wichtig.

Sie nimmt nicht annähernd so viel Kontakt draußen auf, wie mancher Hundetrainer es gerne hätte, sie ist ein eher unabhängiger Hund und ich respektiere das. Im Gegenzug hat sie zu respektieren, dass es ein paar Regeln meinerseits gibt und sie dabei kein Mitspracherecht hat.

Ich glaube, es würde Bella gut tun, wenn du
wesentlich sparsamer mit Leckerlies umgehst
sie in Reizsituationen an deine (abgewandte) Seite nimmst und nicht mehr voraus laufen lässt
mit ihr Entspannung übst in für sie aufregenden Situationen wie z.B. dem Verlassen des Hauses/Autos.

Ich denke nämlich auch, sie war weit entfernt von entspannt, als sie nach dem Aussteigen aus dem Auto loslaufen durfte.
Sie hat das "Sitz" exerziert und ist dann angespannt los gelaufen.

Wenn ich Kira in eingangs beschriebener Situation ins Sitz schicke, ist sie ähnlich angespannt.
Ich bleibe ruhig neben ihr stehen bis sie von sich aus entspannt. Das merkt man ganz deutlich.
Erst dann nehme ich Kontakt auf, hocke mich neben sie, spreche kurz ruhig mit ihr, streichele sie und dann gehen wir weiter.

Das kann dauern, manchmal 5-10 Minuten.
Heute eher weniger, weil sie das Prozedere schon kennt.

Ich hätte Bella also ins Sitz geschickt und gewartet. Bis sie dich anschaut, bis ihre Körperhaltung sich entspannt.
Dann wäre ich losgegangen und dann hätte der Hund, sofern die Umgebung es erlaubt, seine angestaute Energie auf Hundeart austoben dürfen.

Und dieses ständige Stehen bleiben wenn die Leine spannt, nach meiner Meinung verstärkt das die Aufregung und ist keine Hilfe bei dem dringlicheren Problem, dass der Hund lernt, sich bei Reizen von außerhalb angemessen zu verhalten.

Gewichtstechnisch wird sie wohl nicht so schwer, ich persönlich würde Leinenführigkeit ganz unten auf die Liste setzen und erst an den wichtigeren Problemen arbeiten.

Bitte nicht als Kritik auffassen, nur als Denkanstöße.😉
 
@AussiedorA ne die eine Seite war da quasi frei, gab keine Mauer oder Zaun. Ich wüsste gar nicht wo ich hier laufen sollte, hier sind kaum Mauern oder Zäune die ich als Begrenzung nehmen könnte...
 
Ich hab mir die Videos ohne Ton angesehen.

Mir fielen 3 Dinge primär auf.

1. Ist doch recht harmlos. Da war mein Luke in dem Alter aber auch nicht weit von weg wenn überhaupt und ihn hab ich nicht erst mit 6 Monaten bekommen. Leinenführung war etwas besser aber sonst.
2. Sie bietet ständig an und ihr holt sie da nicht ab
3. Immer wenn sie nichts bietet, fordert ihr.
 
...also ich kann mir schon vorstellen, das das in der Stadt anstrengend ist, meiner ist in der Stadt auch überfordert ( die ganzen Gerüche und so) . Aber ich hab die Situation eher selten 😘
Heute morgen hab ich kurz an Euch gedacht, meiner war auf einer Runde auch wie auf Droge...Droge: gutriechende Hündin 🙈und benahm sich wie ein Duracellhase 😂
.... um ihn ein wenig runterzufahren, bin ich auf ein großes Wiesenstück mit Bank, setzte mich hin und habe bestimmt 10 Minuten die Sonne genossen...und Hund war erst aufgeregt, wann es weiter geht...aber nach einer Weile lag er auf der Wiese und war auch am chillen...erst dann ging es wieder weiter. Vielleicht auch eine Möglichkeit...keine Ahnung ob’s richtig war...aber ich hatte ein gutes Gefühl...und der weitere Weg war schon ein wenig entspannter , also 👍
 
Dazu muss der Hund dazu aber auch die Befähigung haben.
Luke wäre dabei niemals runtergefahren. Nicht in 10min und nicht in 5 Stunden.
Aber nicht weil läufige Hündinnen sondern nie. Also auch nicht wenn total gar nichts los.
 
Dazu muss der Hund dazu aber auch die Befähigung haben.
Luke wäre dabei niemals runtergefahren. Nicht in 10min und nicht in 5 Stunden.
Aber nicht weil läufige Hündinnen sondern nie. Also auch nicht wenn total gar nichts los.
Tja, wie immer...jeder Jeck is anders 😘
 



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