Bedeutet diese Leitlinie, die Du da verfasst hast, dann aber grundsätzlich eine Einstellung pro Kontakt?
Nein, es ist eine grundsätzliche Einstellung pro Hund und pro Individuum. Was für einen Hund eine wirklich gute Angelegenheit ist, kann für den nächsten irrelevanter Alltag und für wieder den nächsten schädlicher Unsinn sein. Und genau danach sollte man seine Entscheidung ausrichten.
Allerdings erfüllt eine zufällige Begegnung z. B. im Wald oder im Freilaufgelände spontan nicht alle Punkte. Ich kenne nicht den anderen Hund (genauso ist's ja für die Gegenseite). Ein Sinn und Zweck ist vorher nicht definiert, es ist halt einfach Zufall.
So ist es. Und viele Hunde kommen mit einer zufälligen Begegnung im Wald wunderbar zurecht. Ein etwas kleinerer Teil kommt auch mit einer wild zusammen gewürfelten Hundegruppe auf einer Hundewiese gut zurecht. Wenn das so ist und alle Spaß und Freude daran haben - go for it...
Andere Hunde brauchen aus diversesten Gründen mehr Abstand oder Zeit, um neue Hunde kennenzulernen. Wieder andere brauchen vor allem einen bestimmten Typ Hund, bei dem sie etwas sinnvolles lernen können, statt irgendeinen Rüpel, bei dem sie (auf welche Art auch immer) Unfug lernen. In diesem Fall wäre die zufällige Hundebegegnung etwas, dem man aus dem Weg geht und sich stattdessen gezielt Hundekontakte sucht. Und in diesen Fällen ist das in erster Linie eine sehr sinnvolle Entscheidung.
Ich beobachte es bei mir im Wald so häufig, dass ich meinen Hund frei laufen lasse und uns ein ebenfalls frei laufender Hund entgegenkommt. Dieser wird dann aber angeleint, teilweise wirkt der Mensch dabei sofort nervös/angespannt. Ganz ehrlich: ich kann diese Haltung nicht verstehen. Zumindestens emotional. Rational ist für mich erklärbar, dass da jemand mit Sorgen im Kopf rumläuft, der Kontakt könnte schief gehen, er seinen eigenen Hund für unverträglich hält oder er von der Gegenpartei annimmt, dass der Hund aggressiv gegen seinen Hund sein könnte.
Stell dir vor... es gab Leute, denen bin ich auf dem Spaziergang unerwarteterweise begegnet, die Hunde mit denen ich unterwegs war haben die anderen Hunde begrüßt, man hat sich gut verstanden, evtl. mal gespielt (oder auch nicht) und ist dann weiter gegangen. Und es gab Leute, denen bin ich auf dem Spaziergang begegnet, habe schnell meine Hunde angeleint, habe evtl. sogar noch gerufen, dass der andere Hund bitte auch angeleint wird und dann einen schönen Haken geschlagen. Aus dem einfachen Grund, weil ich wusste, dass diese Begegnung, mit den jeweiligen beteiligten Hunden niemandem Freude bereiten würde. Dieses Wissen rührt auch nicht nicht von irrationalen Sorgen her. Sondern von der Erfahrung aus der Arbeit mit vielen Hunden, jahrelangem Führen von Hundegruppen mit wechselnden Hunden und dem Wissen um die Eigenheiten der Hunde, mit denen ich unterwegs bin.
Es freut mich für dich, dass du einen hundewiesentauglichen Hund zuhause hast, Freude daran hast dich nun mit dem Thema auseinanderzusetzen und Wege findest, wie du das Zusammenleben mit deinem Hund schöner gestalten kannst. Aber es gibt nicht den einen Weg oder den einen Hund. Vielfalt ist das, was die Hundewelt ausmacht. Und das bedeutet auch, dass es genauso ok ist, wenn Menschen und Hunde auf Hundewiesen Freude haben, wie es ok ist, wenn jemand bei einer Hundebegegnung seinen Hund anleint und der Situation aus dem Weg geht.