Kontakt zu fremden Hunden - Wie steht ihr grundsätzlich dazu?

Erster Hund
Rudi, Labi (5.8.15)
Hallo zusammen!

Da es in meinem Willkommensthema direkt zu einer Diskussion gekommen ist (die da nicht hingehört), erstelle ich dieses neue Thema. Ihr könnt dem Link folgen und meinen dortigen Startpost (Vorsicht, sehr lang) lesen, oder ich fasse es hier kurz zusammen.

Ich bin grundsätzlich für den Hundekontakt, sehe eine Gefahr in Vermeidungsverhalten, da sich dies gerne generalisiert. Ich kenne inzwischen unzählige Hundebesitzer, die keinen Kontakt ihres Hundes zu fremden Hunden wünschen. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Ihr Hund kommt nicht klar mit: großen, kleinen, schwarzen, weißen, gescheckten, langhaarigen, kurzhaarigen, Rüden, kastrierten Rüden, Hündinnen, etc etc. Alles schon gehört.

Teilweise wissen die Hundebesitzer noch genau den Vorfall, bei dem es losgegangen ist. "Von da an... - Katastrophe, wenn..." Lustig wird es aber dann so richtig, wenn man ihnen das Gegenteil beweisen kann und der Hundebesitzer, wahrscheinlich um das Gesicht nicht zu verlieren, dann seine Argumentation so anpasst, dass seine Wahrheit weiter Bestand hat.

Welpen kommen perfekt auf die Welt, eine Hundemutter erzieht immer perfekte Welpen. So oder ähnlich las ich es, ich glaube bei Günther Bloch. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher. Das ganze Fehlverhalten (OK, 99% - ab und an gibt's auch mal ganz einfach einen A*-lochhund) lernen sie doch bei uns. Da ich vor 5 Jahren als kompletter Neuling, sogar mit Hundeangst, zum Hundebesitzer wurde, weiß ich genau wovon ich spreche. Die ganzen Unarten, die mein Hund gezeigt hat und teilweise auch heute noch ab und an mal zeigt, habe ich allein zu verantworten. Leinenaggression, Bellen an der Haustür - alles bedingt durch meine Unerfahrenheit und Unsicherheit. Mein Hund hatte in seinem ersten Jahr bei mir ständig Durchfall. Ständig war ich beim Tierarzt, habe hypoallergenes Futter noch und nöcher gekauft. Heute bin ich der festen Überzeugung (da er inzwischen alles fressen kann, ohne Probleme), dass es stressbedingt war, weil er mit mir Gassi gehen musste und dabei alles zu regeln und ständig mit meiner Anspannung zu tun hatte.

Zu Beginn, und ich spreche dabei von den ersten 3 bis 3,5 Jahren (Entschuldigung an dieser Stelle an meinen Hund, der mein langsames Lerntempo so lange aushalten musste), stand ich beim Hundekontakt, ob beim Spaziergang oder auf der Hundewiese, nur daneben und habe ihn machen lassen. Gab es Stress, wurde mit physischer Kraft getrennt und dann schnell das Weite gesucht. Der Kontakt funktionierte ja offensichtlich nicht. Zum Glück habe ich mir damals nie Größe, Farbe, Rasse, Geschlecht oder so gemerkt, denn sicherlich hätte ich auch eine Realität konstruieren können, wenn es zufälligerweise 2x hintereinander Stress mit einem z. B. weißen Hund gegeben hätte. "Aaaaah, Rudi kann nicht gut auf weiße Hunde!" Die selbsterfüllende Prophezeiung, die ich durch mein Verhalten nähre, denn ich bin mir ja sicher, dass meine Meinung valide ist.

Zum Glück gab es nur ziemlich selten Kommentkämpfe, echte Beißereien zum noch größeren Glück nie. Aber stressbehaftet war es für meinen Hund häufig. Das wusste ich damals aber nicht, jetzt bin ich schlauer. Man entwickelt sich ja weiter.

Seit ca. einem Jahr verhalte ich mich deutlich gegensätzlich zu früher, begleite meinen Hund bei jedem Kontakt. Er hat noch genauso viele Möglichkeiten zum Kontakt wie früher, ich schränke ihn nicht grundsätzlich quantitativ ein, aber ich achte jetzt auf die Qualität, sein Wohlergehen. Früher schaute ich belustigt zu, in der Annahme "hach, die spielen ja schön", wenn gehetzt und gepöbelt wurde und mein Hund verzweifelt versuchte, der Situation zu entkommen oder diese irgendwie zu lösen. Erst nachdem ich 2 Hundesprachkurse besucht und Bücher von Masih Samin und Turid Rugaas (unter anderem) gelesen hatte, dazu noch passende Videos auf youtube gesehen, bekam ich langsam Einblick und ein neues Bewusstsein für das Thema Hundekontakt.

Da ich, wie gesagt, seit ca. einem Jahr meinen Hund begleite und zur Stelle bin, ändert sich auch so langsam das Verhalten meines Hundes. OK, knapp 4 Jahre müssen erstmal überschrieben werden, da verstehe ich, dass es jetzt auch bei ihm langsam geht. Anfänglich musste ich immer hinter ihm herlaufen, um bei der Situation eingreifen zu können, in den letzten Wochen erlebe ich, dass er anscheinend mein neues Verhalten verstanden hat und beginnt, bei Stress meine Nähe zu suchen, da sich ein Vertrauen bei ihm aufzubauen scheint a la: "Ah, der Alte hilft mir, er versteht (endlich) worum's geht."

Dabei wende ich aber das Verhalten an, dass ich mir von den Hunden abgeschaut habe: Splitting. Wichtig ist dabei, selber ruhig und bestimmt zu bleiben. Ängstlich, nervös, angespannt, unsicher, etc etc - gehört alles nicht in die Situation. Einige Hunde verstehen mein Einschreiten sofort, andere brauchen eeeeetwas länger. Haben sie aber erstmal verstanden, was Sache ist, läuft's von da an entspannter. Ein Raunzer aus der Entfernung oder ein Fußaufstampfen reichen dann teilweise schon, um sie an höfliche Umgangsformen zu erinnern.

Natürlich, wenn sich so richtig gekloppt wird, dann muss physisch getrennt werden. Aber brach ich früher den Kontakt ab, plädiere ich heute dafür, die Hunde unter Kontrolle und im Kontakt miteinander zu halten. Ansonsten bietet diese letzte Erfahrung die Basis für den nächsten Kontakt. Sorge ich aber für Ruhe, ist das ihre letzte Erinnerung. Kinder kloppen sich auch gerne mal im Sandkasten um die Beste Schüppe und während die Eltern noch lange weiterstreiten, welches Kind das schlechter erzogene ist, spielen die beiden Lümmel schon längst friedlich wieder miteinander. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.

Ich weiß, dass auch diese meine Sichtweise nicht frei ist von Generalisierung. Aber diese Generalisierung ist pro Hund und pro Kontakt und da wir ein hochsoziales Wesen an der Leine führen, sehe ich darin die einzig richtige Umgangsweise. Isolation, besonders auf Dauer bzw. als "Normal"-Zustand hat's noch nie besser gemacht oder jegliche Probleme gelöst. Man verfängt sich nur mehr und mehr in Vermeidungsverhalten.

Mist und Entschuldigung. Jetzt ist auch dieser Startpost ein klitzekleines bisschen lang geworden. Ich kann halt nicht kurz.

Jetzt seid ihr dran.

LG
Matthias
 
Ich bin grundsätzlich auch für Hundekontakt - aber, nur ausgewählte Hunde, nicht zu allem und jeden.

Ich hatte und habe die meiste Zeit meines Hundehalterlebens Hunde, die als Erwachsene nicht unbedingt Wert auf Bekanntschaft mit jedem fremden Hund legen.
Die außerdem recht ernsthaft sind, nicht immer gleich spielen wollen, schon garnicht mit Hunden, die sie nicht kennen. Und die Herausforderungen annehmen und u.U. dann auch ernsthaft austragen.

Deswegen - wenn die Sympathie von Anfang an nicht stimmt, muß ich meinem Hund auch nicht unbedingt die Bekanntschaft aufdrängen und abwarten, ob sich die Lage vllt. entspannt.

Jetzt habe ich mit Rosie einen Hund der einen Deprivationsschaden hat. Und trotz aller Bemühungen die meisten fremden Hunde, vor allem wenn sie größer sind als sie, angsteinflößend findet. Und auch mit dem Treffen mit mehreren fremden Hunden gleichzeitig nicht wirklich klar kommt.
Von daher - auch für Rosie nur dosierte ausgewählte Kontakte.

Ich hatte auch Hunde, naja, eigentlich nur einen, die wirklich mit fast allen und jedem klar kam. Und für die Hundetreffen eine echte Bereicherung waren.
 
Hm... wie stehe ich zu Kontakt zu fremden Hunden?

Das ist schon eine Challenge diese Frage einfach mal zu beantworten. Ich halte mich also kurz.

1) Ich gehöre zu den Menschen, die Hunde mögen. Wenn ich also Kontakt zu fremden Hunden habe, werden die höflich behandelt, bekommen ein freundliches Lächeln und wenn sie das denn wollen auch mal eine Streicheleinheit. 😛

2) Wenn einer der Hunde in meiner Verantwortung Kontakt zu fremden Hunden haben soll, kommt das was ich tue auf drei Faktoren an.
a) auf den Hund in meiner Verantwortung
b) auf den fremden Hund, den er treffen soll
c) auf die Situation, in der dieses Treffen stattfinden soll

Meine Entscheidungsgrundlage für alles was ich tue sind
a) das körperliche Wohlergehen aller Beteiligten
b) das psychische Wohlergehen aller Beteiligen
c) der mögliche Lerneffekt für beide Hunde (und der Wunsch, dass möglichst beide was Prosoziales lernen)
d) der andere Hundehalter und der Hintergrund/Sinn&Zweck dieses Treffens

Fazit: Es gibt zig verschiedene Situationen und Gründe, wie und warum ein Hund zu einem fremden Kontakt haben soll. Und es gibt noch viel mehr unterschiedliche Hundecharaktere. Man sehe sich die Gesamtsituation an und gebe sich Mühe die bestmögliche Entscheidung für alle Beteiligten zu treffen.
 
Deprivationsschaden ist natürlich Mist und passt genau zu dem, was ich geschrieben habe. Für die meisten Fehlverhaltensweisen ist der Mensch verantwortlich. Wurde Rosie nur im Haus gehalten, ihr in der entscheidenden Lebensphase der zwingend nötige Kontakt nicht ermöglicht bzw. aktiv verwehrt?

Was Du schreibst mit: "... muss ich meinem Hund auch nicht unbedingt die Bekanntschaft aufdrängen..." sehe ich auch so. Mein Rudi rannte ein- und zweijährig zu allem hin, was an Hunden da war. Inzwischen wählt er selber aus, wo es ihn noch hinzieht. Wenn natürlich die Gegenseite lauthals krakeelt, dass das nicht funktioniert, dann mache ich uns allen das Leben leichter und wir verdrücken uns. Auf Stress haben wir beide keine Lust. Wenn der Kontakt aber erlaubt wird, dann bin ich sehr achtsam. Es kann passieren, dass ich auch schon mal meinen eigenen Hund wegsplitte, wenn er sich nicht zu benehmen weiß. Die Regeln gelten für alle.

Ich wehre mich nur gegen diese grundsätzliche Vermeidungshaltung. Ein extremes Beispiel erklärt es vielleicht, was ich meine. Wenn die Gegenseite sagt, dass dessen Hund sich nur mit ihm bekannten Hunden verträgt, dann ist diese Begründung doch schon in sich unlogisch. Irgendwann waren all diese Hunde, nämlich beim ersten Kontakt, auch unbekannt. Ab wann wird diese Kontaktsperre verhängt? Wann entscheiden diese Menschen, wieviel Kumpels ihr Hund haben darf und es dann somit bis zum Lebensende zu reichen hat? Vielleicht ist ja der nächste Kontakt der absolute Überflieger und wird zum aller-aller-besten Freund ever?! Pech nur, wenn bis zu diesem imaginären Zeitpunkt der Kontaktsperre nur durchschnittliche Kumpels dabei waren.

Mein Hund hat vor ca. 1 Jahr, also mit 5 Jahren, im nahen Freilaufgebiet eine Foxterrierhündin kennengelernt. Wenn die beiden sich treffen, dann ist Weihnachten, Ostern und Sylvester gleichzeitig. Dann geht's ab. Auf Augenhöhe! Beim Hetzen wird sich abgewechselt, beim rumkalbern liegt mal der eine, mal der andere oben und die beiden spielen und toben, bis sie völlig erschöpft sind. Diese Hündin ist sein absoluter Liebling. Nur, was wäre gewesen, wenn ich bereits in seinem 4ten Lebensjahr beschlossen hätte, dass es jetzt mal gut sein muss. Die neuen Kontakte bergen ja alle die Gefahr, dass es vielleicht nicht passen, es sogar zu einem Kampf kommen könnte?!
 
Deswegen - wenn die Sympathie von Anfang an nicht stimmt, muß ich meinem Hund auch nicht unbedingt die Bekanntschaft aufdrängen und abwarten, ob sich die Lage vllt. entspannt.
Ich zitiere mich mal ergänzend selbst.

In solchen Situationen signalisiere ich meinem Hund, das weder gepöbelt noch geprollt wird und wir einfach ruhig weiter gehen.

Anders sieht die Sache aus, wenn es Leute sind, mit denen ich öfter Kontakt habe, mein Hund aber ihren nicht mag. Da versuche ich schon, auf öfteren gemeinsamen Gängen Ruhe reinzubringen, bis die Hunde sich zumindest ignorieren und sich soweit akzeptieren, das man zusammen gehen kann ohne Getöse.
 
Deprivationsschaden ist natürlich Mist und passt genau zu dem, was ich geschrieben habe. Für die meisten Fehlverhaltensweisen ist der Mensch verantwortlich. Wurde Rosie nur im Haus gehalten, ihr in der entscheidenden Lebensphase der zwingend nötige Kontakt nicht ermöglicht bzw. aktiv verwehrt?
Ja, Rosie ist in ihren ersten Monaten (bevor sie zu mir kam) völlig isoliert aufgewachsen. Nur mit der Halterfamilie, einer Katze und den Garten hinterm Haus.
Sie kannte buchstäblich nichts und leider läßt sich nicht mehr alles ausbügeln, was da versäumt wurde. Vor allem da Rosie vom Wesen her sowieso eher schüchtern und zurückhaltend ist. Mit einem von Natur aus selbstbewußten Hund ist vieles einfacher aufzuholen.
 
Hallo Blumenfee!
Bedeutet diese Leitlinie, die Du da verfasst hast, dann aber grundsätzlich eine Einstellung pro Kontakt?
Wenn ich mir Deine Liste so durchlese, kann ich darin eigentlich nur positives erkennen. Ich könnte sie so unterschreiben.
Allerdings erfüllt eine zufällige Begegnung z. B. im Wald oder im Freilaufgelände spontan nicht alle Punkte. Ich kenne nicht den anderen Hund (genauso ist's ja für die Gegenseite). Ein Sinn und Zweck ist vorher nicht definiert, es ist halt einfach Zufall.

Ich beobachte es bei mir im Wald so häufig, dass ich meinen Hund frei laufen lasse und uns ein ebenfalls frei laufender Hund entgegenkommt. Dieser wird dann aber angeleint, teilweise wirkt der Mensch dabei sofort nervös/angespannt. Ganz ehrlich: ich kann diese Haltung nicht verstehen. Zumindestens emotional. Rational ist für mich erklärbar, dass da jemand mit Sorgen im Kopf rumläuft, der Kontakt könnte schief gehen, er seinen eigenen Hund für unverträglich hält oder er von der Gegenpartei annimmt, dass der Hund aggressiv gegen seinen Hund sein könnte.
 
Hey Verena (jetzt habe ich Deinen Namen in Deiner Signatur entdeckt)!

So'ne Macke ist natürlich echt doof. Aber Du hast es ja geschafft, sie mit Deinem anderen Hund zusammen zu bringen. Mit behutsamen Vorgehen scheinst Du ihr ja aus der Misere raushelfen zu können.

Und was Du schreibst, wenn es häufiger Kontakt gibt bei Hunden, die sich nicht so recht mögen, finde ich super. Sie müssen keine Freunde werden, auf gar keinen Fall. Es reicht, wenn sie sich beide auf dieser Welt akzeptieren und in Ruhe lassen. Dass das klappt, erfordert ein hohes Maß an Führungsqualität des Menschen, am besten natürlich beider Menschen.
 
Generell bin ich sehr kritisch, was neue Bekanntschaften, gerade auf Gassigängen, betrifft.
Meine Hunde sind schlicht auf "neue Hunde" in ihrem Leben, um dieses aufzupimpen, nicht angewiesen, "außerfamiliäre Kontakte" haben wir genug, da müssen sie sich nicht mit dem Tut-nix von Nebenan auseinandersetzen und klären, wie hier nun der Hase läuft. Schon gar nicht, wenn der Tut-nix mit Schmackes in uns reinbrettert...

Gut.. ich gebe zu.. die eher spezielle Konstellation meiner kleinen Gruppe bietet genug mögliche Problematiken, die ich im Leben nicht brauche.

By the way gebietet es mir mein gesunder Menschenverstand, dass man bei Treffen mit andern freilaufenden Hunden, den eigenen erstmal anleint und dann mit dem Gegenüber abklärt, ob ein Kontakt gewünscht ist. Ein "nein" ist für mich nicht zu hinterfragen.
 
Ich gehöre zu den Menschen die Hunedkontakt meiden.
Warum?
Weil meine Hunde einfach keine Lust drauf haben und es überflüssig finden.
Der eine mehr, der andere weniger.

Warum ausgewählte ich zu lasse?
Weil ich die Hunde kenne und nicht einfach mal so begegne.
 



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