Die interessantere Frage ist glaube ich, was du darunter verstehst. Wofür kommt sie? Wie bestätigst du sie dafür?
Wenn die Spur/das Wild nicht zu verlockend ist, wenn ich den richtigen Zeitpunkt zum Abruf erkenne und erwische, dann ist es mittlerweile für sie lohnender, zu mir zurück zu kommen. Und das war erst möglich, als die Bindung zwischen ihr und mir überhaupt mal da war.
Daher habe ich in den ersten Monaten eigentlich hauptsächlich an der Bindung gearbeitet, habe erst mal beobachtet wie sie wann reagiert und versucht, den Hund kennen zu lernen.
Kira ist absolut kein Hund wie z.B. ein Welpe vom Züchter. Als sie hier ankam waren Menschen ihr einfach egal.
Ganz genauso wie andere Hunde. Sie war darauf eingestellt, absolut selbständig zu agieren. Sie hatte eine gewisse Furcht vor Männern, die sich aber sehr schnell legte, so dass ich denke, dass es da höchstens in den 2 Monaten in der Tötung vielleicht schlechte Erfahrungen gegeben hat.
Ansonsten war sie einfach neutral. Sie hat sich gefreut, wenn sie ihr Futter bekam, im Haus ist sie nämlich sehr verfressen und auch nicht besonders wählerisch. Das "Hier" konnte man im Haus wunderbar mit ihr einüben und abrufen über Futter.
Auch im Garten hat das noch gut funktioniert, mit etwas Üben dann auch beim Anblick der Nachbarskatze.
Verlässt sie aber Haus und Garten, dann schaltet sie um. Sozusagen auf Autopilot.
Dann verlässt sie sich nur auf sich selbst, ihr einziges Interesse gilt Spuren und der Jagd.
Spielen in jeglicher Form hat sie von Anfang an verweigert. Egal was ich versucht habe und ich habe vieles versucht und gelesen, nichts war interessant. Noch nicht mal in Haus und Garten.
War also klar, dass ich es mir sparen kann, irgendwelche Spielzeuge mitzuschleppen.
Mit Futter habe ich es anfangs versucht, das "Hier" an der langen Leine funktionierte fast wie in Haus und Garten, ich habe dann stimmlich gelobt und wollte einen Futterwürfel geben, da hat sie wieder abgedreht, ohne den überhaupt anzuschauen.
Irgendwann fand ich dann heraus, zuerst im Garten, dass sie gern körperlich tobt. Quasi so als wäre ich ein Hund.
Das hat sie im Garten immer gern gemacht, also habe ich ihr das nach erfolgreichem Rückruf mal angeboten, habe mich spielerisch weggedreht, wie im Garten und da ist sie drauf angesprungen.
Also hatte ich mal halbwegs eine Belohnung gefunden.
Sie geht sehr gern mit meinem Mann joggen, also habe ich irgendwann mal ausprobiert, wie sie reagiert, wenn ich mich wegdrehe und anfange zu laufen. Auch da war sie mit Begeisterung dabei. Also, zweite Belohnungsmöglichkeit gefunden.
Suchspiele im Garten gefielen ihr und als das Sitz und Bleib richtig saß und verstanden wurde, habe ich das unterwegs eingeführt.
Als Abwechslung im Spaziergang.
Was sie über alles liebt ist, Spuren zu verfolgen.
Also machen wir das. Sie riecht/sieht oder hört etwas, nimmt ihre typische Haltung an. Dann verharre ich ebenfalls und dann gehen wir los.
Kira an der langen Leine. Wir folgen den Spuren, manchmal kreuz und quer über eine Wiese, oft auf Wildwechseln und Trampelpfaden im Wald.
Manchmal setze ich mich dann auf einen Baumstamm, Kira riecht in die entsprechende Richtung und wir gehen langsam und konzentriert weiter.
Diesen zusammen Suchen macht ihr immer wieder Spaß und danach ist sie absolut ausgeglichen.
All das hat zu einer besseren Bindung geführt, auch wenn es länger gedauert hat als bei manch anderem.
"Belohnung" ist für sie auch die oben erwähnte Erweiterung des üblichen Weges. Wenn wir die 2 Kilometer in Richtung dieser "Erweiterung" unterwegs sind, obwohl die durch Wald und an Wiesen vorbei führen, benimmt sie sich absolut vorzeigemäßig.
Müsste ich je eine Prüfung absolvieren, die beweist, dass ihr Jagdtrieb vollständig unter Kontrolle ist, würde ich diesen Weg gehen.
Keine Ahnung wie sie das gelernt oder verknüpft hat, aber es ist so.
Also habe ich auch das als Belohnung eingeführt, wenn wir dort unterwegs sind.
Futterbelohnungen dagegen sind für sie draußen genauso uninteressant wie Spielzeug sonst in jeder Situation.
Ihre Angst vor Straßenverkehr habe ich allerdings auch nicht schöngefüttert, sondern nach und nach sozusagen durch Konfrontation abgebaut.
Innerhalb von ein paar Wochen und absolut nachhaltig.
Da kommt jetzt mein "Charakter" ins Spiel. Ich bin definitiv nicht der Typ, der manche Situationen schönfüttern würde.
Wäre Kira so auf Futterbelohnung versessen, dass sie dadurch zuverlässig vom Jagen abgehalten werden könnte, dann würde ich es einsetzen und hätte immer entsprechendes Futter dabei.
Probleme wie, sie pöbelt an der Leine, motzt andere Hunde an, will Jogger und Fahrräder jagen habe ich nicht und hatte ich nie.
Hätte ich diese Probleme, wäre schönfüttern nicht mein Ding. Ich würde mich um andere Lösungsansätze bemühen, was aber nicht heißt, dass ich das blöd bei anderen finde.
Wenn die damit gut zurecht kommen, ist doch alles super. Ich müsste aber einen anderen Weg finden (und damit meine ich nicht, dem Hund mit der Leine eins überzubraten, Würger, Schocker und dergleichen), denn ich wäre damit nicht authentisch.
Kurz und gut, wie ich bestätige, habe ich wohl erklärt, warum sie kommt ist die mit der Zeit gewachsene Bindung. Sie weiß, was ich eigentlich von ihr erwarte und wenn der Reiz nicht zu hoch und der Zeitpunkt zum Abruf nicht verpasst wird (rufe ich zu spät, hat sie bereits umgeschaltet und nimmt mich nicht mehr wahr), dann entscheidet sie sich für mich.
Da sie sehr sensibel ist und ich auch immer sprachlich lobe (allerdings auch eher ruhig, so ein "Party Gehopse" wäre nicht meins), bin ich mir sicher, sie versteht meine Freude. Und dazu gibt's noch was, was sie gern macht und was nicht immer auf der Tagesordnung steht.
Und bevor nun einer meint, sie bekäme nie Leckerlie. Leckerlie in dem Sinn nicht, aber sie bekommt öfter mal über den Tag verteilt etwas nebenbei.
Sei es von meinem Kuchen, seien es die Reste der gerade geschlagenen Sahne, eine Scheibe Wurst nach dem Einkauf usw.
Und dafür muss sie rein gar nix tun, das ist einfach weil ich weiß, ich mache ihr damit eine Freude.
Ich verstehe deine Denkweise irgendwie nicht. Du sagst sie ist 75-80% abrufbar. Heißt in 12-20% der Fälle kommt sie nicht. Und wenn du mit Käse wedelst, würde sie nie kommen?
Ich habe es oben hoffentlich erklärt.
Ich rufe natürlich nicht und zeige bereits sichtbar den Käse/die Lyoner. Das wäre jetzt wirklich nicht mein Ding.
Aber wenn sie anfangs den Rückruf befolgte und ich wollte sie dann, neben dem stimmlichen Lob, mit Futter belohnen, das in Haus und Garten als Belohnung empfunden wird, dann wollte sie es nicht, es war absolut uninteressant.
Diese 12 - 20 Prozent sind die Fälle, in denen der Rückruf ohnehin "brenzlig" ist, weil sie deutlich aufgeregt ist und es offensichtlich sehr verlockend ist durchzustarten. Damit meine ich nicht den ganz normalen Rückruf, der ja öfter mal erfolgt, weil eine unübersichtliche Kurve kommt, weil sie sich zu weit abseits vom Weg befindet, weil jemand entgegen kommt usw.
Dieser Rückruf klappt immer.
Wenn aber Wild vor uns durchstartet, was öfter mal der Fall ist oder aber die Spur entsprechend frisch ist, das Wild also irgendwo in der Nähe, dann sehe ich es so, dass ich sie in 3 von 4 Fällen trotzdem abgerufen bekomme.
Was ich bei einem Hund wie Kira für absolut beachtlich halte. Was mir zeigt, wie viel sie an Bindung aufgebaut hat.
Man macht keinen Rückruf "mit oder ohne Leckerchen". Man macht den Rückruf. Und wenn der gut war, gibt es ne Belohnung. Was du meinst, ist Locken und kein Belohnen.
Das ist mir durchaus klar und Locken ist niemals nicht das, was ich freiwillig tun würde.
Dafür bin ich dann doch zu sehr "Anführer", was jetzt garantiert wieder missverstanden wird.
Die Frage, die ich mir jetzt halt stelle ist einfach, wo du da eine hochwertige Belohnung her zauberst. Ich meine, man kann natürlich anerkennend loben, mit Worten etc. und das dann als gute Bindung bezeichnen. Aber wenn die Bindung so eng ist, dass die viel hochwertiger ist als Wurst oder Käse frag ich mich wieso der Hund überhaupt so weit weg gegangen ist dass man ihn hätte zurück pfeifen müssen. Mir erschließt sich das leider nicht ...
Das wirst du dann begreifen, wenn du mal einen Hund wie Kira kennenlernst.
Da ich ja nun mitbekommen habe, wie das mit Welpen so handelsüblich abläuft, ist mir schon klar, dass man das nicht verstehen oder nachvollziehen kann.
Kira kommt in 3 von 4 Fällen, weil sie eine Bindung aufgebaut hat. Anschließend wird sie mit den Dingen belohnt, die für sie hochwertig sind.
Und das sind draußen halt keine Futterbelohnungen...
Und sie entfernt sich deshalb so weit (wenn sie auf den Feldern läuft, ist sie locker 200 bis 300 Meter von mir entfernt, auf den Waldwegen achte ich darauf, dass sie in Sichtweite bleibt und nicht im Unterholz oder dichten Gebüsch verschwindet), weil das ihre Natur ist.
Weil Rennen für sie das Tollste nach der Jagd ist.
Weil sie ein unabhängiger Hund ist, der genau weiß, dass er auch ohne Frauchen zurecht kommt.
Hat sie in ihrem ersten Lebensjahr schließlich so gelernt.
Dass sie sich trotzdem so oft abrufen lässt und auch ohne Rückruf (das ist nämlich der Normalfall) ständig bei mir "vorbei schaut", liegt daran, dass ich wohl irgendetwas richtig gemacht habe...