Huhu,
ich kann den Anderen nur zustimmen, denn ich denke auch nicht, dass sie sich nur "unterordnet". Das sind jetzt natürlich nur Vermutungen, weil man ja nicht weiß wie ihr Leben in Rumänien ausgesehen hat, aber vor diesen Dingen (Straßenbahn an sich bedeutet für sie ja prinzipiell nur „viele fremde Menschen in der Nähe ertragen“) ist sie wahrscheinlich in Rumänien eher geflüchtet und hat die Erfahrung gemacht, dass es viel besser fürs eigene Überleben ist, sich von allem fernzuhalten.
Meiner Meinung nach trägt daher ein zu "striktes" Training in Situationen wie der Straßenbahn eventuell dazu bei, dass sie den Eindruck bekommt dass sie mit ihrem ängstlichem (Flucht-)Verhalten nicht weiterkommt und das könnte dazu führen, dass sie aus Mangel an bekannten Alternativen neue Verhaltensweisen entwickelt, die auch nicht viel angenehmer wären. Gerade Angsthunde haben ja das Flüchten als ihre Alternative Nummer 1 absolut perfektioniert, weil ja durch jede Flucht vor unbekannten Reizen die bisher im Ausland das Überleben gesichert hat, ebendieses Verhalten hormonell belohnt wurde (Noradrenalin wirkt ja beinahe wie Dopamin, und dieses Glücksgefühl einer Situation entkommen zu sein vergisst man nicht so schnell wieder).
Du hast es aber nun in der Hand (und das ist natürlich eine große Verantwortung und deswegen fühlst du dich verständlicherweise momentan überfordert), auch eure alltäglichen Situationen für deinen Hund "berechenbar" zu machen, so dass sie mit der Zeit einfach dazulernt und in ihrem Gehirn neue Verknüpfungen entstehen können. Aber dazu braucht sie eben viel, viel länger als ein an sich gut sozialisierter Hund.
Wie mikkifilou schrieb, dein Hund könnte es als absoluten Vertrauensbruch ansehen, wenn man ihr die Möglichkeit sich einer beängstigenden Situation zu entziehen von jetzt auf gleich nimmt. Aber natürlich ist es wiederum wichtig, dass man (wo immer die Möglichkeit besteht, wie in eurem Fall an den Mülltonnen auf der Straße) seinen Hund an Dingen souverän vorbeiführt, die momentan noch Angst auslösen. Gleichzeitig muss man aber auch Chancen bieten, dass die furchteinflößenden Dinge auch wirklich wahrgenommen, beobachtet und als nicht gefährlich eingestuft werden können. Da fängt man dann am besten bei sich selbst an und ich finde du machst das sehr gut, dass du ein beruhigendes Liedchen in deinem Kopf singst und Sicherheit und Entspannung ausstrahlst! Dafür würde ich mir einfach mehr Zeit nehmen und nicht die direkte Konfrontation ohne Ausweg testen wie beim Einsteigen in eine Straßenbahn.
Gerade das Signal der sich schließenden Türen sehe ich wie Bubuka problematisch bei nicht so gutem Timing, ein Hund merkt sich ja die Begleitumstände in denen seine Angstreaktion stattfindet (ist ja wie beim Menschen der Einfluss von Cortisol), es entsteht ein „Angstgedächtnis“, welches dann in derselben Situation erneut Stresshormone ausschüttet, quasi schon vorbeugend. Das kannst du ja jetzt durch richtiges Training prima vermeiden.
Unangenehme, angstauslösende Situationen kann man doch nur dann angenehmer machen, wenn man etwas für den Hund Angenehmes dazugibt.. So wie du es ja bereits tust, mit deinen aufmunternden Worten um sie zu motivieren. Das scheint doch schon sehr gut zu klappen! Und es lässt sich ja auch auf Straßenbahn und co. anwenden. Lass dir einfach ganz viel Zeit, um die Dinge zu finden die deinem Hund angenehm sind und die sie auch in diesen Situationen von dir annehmen kann, um ebendiese Situationen in kleinen Schritten positiv zu belegen.
Und ich denke auch, dass ein Hund egal woher er stammt immer dazulernen kann
Wenn du die Herausforderung annimmst (und ich vermute das möchtest du eigentlich, denn sonst wäre der Hund schon wieder im Verein und du hättest dir keinen Coach zur Hilfe geholt) dann schaffst du das auch!
Meiner Meinung nach kann man wenn der Hund erstmal in Deutschland ist, auch auf dem Land nicht sofort eine für den Hund gewohnte Situation simulieren wo ihn nie etwas überfordert und er sich schnell pudelwohl fühlt, denn der Hund ist dort idealerweise auch überwiegend geschützt untergebracht, hat Sozialkontakte und macht neue Erfahrungen.
Jetzt ist sie eben hier, da muss man das Beste draus machen
Ist doch super für sie, dass du ihr alle schlechten Erfahrungen ersparen willst, die sie in ihrer alten Heimat vermutlich noch gemacht hätte. Natürlich fühlst du dich der Situation wahrscheinlich gerade nicht gewachsen, und ich denke es würde vielen Anderen an deiner Stelle genauso gehen. Aber das ist schließlich auch etwas, das man aktiv ändern kann und damit hast du ja schon begonnen!
Es erfordert dann einfach unheimlich viel Geduld und Kompromissbereitschaft, viel Ruhe und sicher auch viele Tränen, aber dein Ziel ist doch einfach nur das Beste für den Hund, eben im Rahmen deiner und ihrer Möglichkeiten. Wenn es dann auch über längere Zeit nicht klappen sollte oder du das Gefühl hast, dass es ihr schlicht zu viel wird und mehr schadet als nutzt, kann man ja immer noch ein ruhiges Landleben in Betracht ziehen.
Vielleicht bist du in ein paar Monaten aber auch unheimlich stolz und glücklich, dass dein Hund relativ gelassen mit dir in der Straßenbahn zur Arbeit fährt? Einfach weil sie mit ganz viel Ruhe und Geduld gelernt hat, dass ihr in deiner Nähe nichts passieren kann und die alltäglichen Dinge (durch dich und euer Training) für sie berechenbar geworden sind.
Liebe Grüße!