Das mit dem Alleinbleiben ist bei dieser Hündin noch wesentlich extremer.
Denn für die bedeutet Alleinbleiben jeder Zustand, in dem ihr Herrchen nicht anwesend ist. Wenn also andere Menschen da sind, ist das nur wenig besser als wenn keiner da ist.
In den ersten Jahren war das ein Drama. Da war er noch nicht mit seiner jetzigen Frau zusammen und hat die Hündin zwar fast immer mitgenommen, auch auf die Uni, aber es gab halt Zeiten, wo es nicht ging. Zu der Zeit wohnte er wieder bei seinen Eltern, die beide nicht in der Lage waren, mit der Hündin rauszugehen.
Also hat seine Schwester ab und an angeboten, die Hündin mitzunehmen.
Die Hündin kannte die Schwester und deren Mann sehr gut, war ihnen im Haus auch sehr zugetan.
Die beiden nahmen die Hündin auf eine Wanderung mit anderen Hunden mit, als sie gut zurecht zu kommen schien, haben sie sie abgeleint (bei meinem Cousin läuft sie ausschließlich ohne Leine) und etwa 5 Minuten später war der Hund weg. Die gesamte Wandergruppe hat sich auf die Suche begeben, da es in der Nähe eines vielbesuchten Stausees war wurde auch gleich die Polizei informiert.
Die Hündin wurde immer wieder gesichtet, hat aber auf überhaupt keinen Ruf reagiert und ist jedes Mal wieder abgehauen.
Das ging stundenlang. Abends kam mein Cousin wieder heim, fuhr auf den Waldweg wo sie weggelaufen war, öffnete den Kofferraum und legte sich rein. Ein paar Minuten später war die Hündin bei ihm.
Meine Cousine erzählte mir das und ich fand das sehr seltsam. Ein paar Tage später fragte sie mich dann, ob ich sie und die Hündin auf einem Spaziergang begleiten wolle (zu dem Zeitpunkt war Kira noch nicht bei mir).
Ich sagte zu, sagte aber gleich, sie wird auf keinen Fall abgeleint. Also starteten wir unseren Spaziergang, unterhielten uns, kamen an eine etwas abschüssige Stelle und die Leine glitt meiner Cousine ganz kurz aus der Hand.
Noch während sie sich bückte, um sie wieder aufzuheben, war der Hund schon 50 Meter weit weg. Ich war total sprachlos, denn vorher war die Hündin brav an der Leine gegangen, hatte ab und an ein Leckerlie bekommen und schien zufrieden zu sein.
Es gab gar kein Anzeichen, dass sie von uns weg wollte.
Kaum fing die Leine an zu gleiten, ist sie ohne Ankündigung los gespurtet. Meine Cousine hat sie gerufen (in banger Erinnerung an das letzte Ereignis) und fing dann an, ihr hinterher zu laufen.
Ich sagte, ne lass das, besser wir drehen um und gehen in die andere Richtung, vielleicht kommt sie dann hinterher. Wir holen die sowieso nie ein, wenn sie nicht will. Meine Cousine hörte nicht auf mich, rannte hinterher, fiel hin und schäumte vor Wut. Fing dann an, in den Wald zu brüllen (ich wiederhole mal nicht was) und stand einfach da.
Der Hund war mittlerweile nicht mehr in Sicht und ich sagte, das Vernünftigste wäre, wir gehen zum Auto und warten da. Die Hündin kannte sich in der Umgebung zwar nicht aus, aber ich dachte, die 3 Kilometer bis zum Auto wird sie finden, wenn sie will.
In Ermangelung einer Alternative folgte meine Cousine mir, stetig beteuernd, dass dieser undankbare Hund wieder ins Tierheim gehöre, aus dem er gekommen sei.
Während wir unterwegs waren und ich der wütenden Ansprache lauschte, hatte ich irgendwie immer das Gefühl, wir würden beobachtet. Um uns war nur Wald und Abhang, sehen konnte ich nichts. Meine Cousine rief dann noch ihren Vater an, der sagte, er käme sofort (was mein Glück perfekt machte
).
Jedenfalls kommen wir auf dem Waldparkplatz an und wer steht da, die Hündin, mitsamt ihrer nachschleifenden Leine. Ich drehe mich gerade zu meiner Cousine um und sage, nicht rufen, mach den Kofferraum auf und wir setzen uns ins Auto.
Da geht eine Autotür auf , der "Papa" wuchtet sich aus dem Auto und dröhnt über den Platz, "da bist du ja, komm her", während er auf sie zu stampft.
Hündin dreht sich auf der Achse rum und verschwindet.
Als Herrchen am Abend heimkommt, fährt er zum Parkplatz, macht den Kofferraum auf und schwupp hockt die Hündin drin.
Allerdings fand der es dann lustig, uns anzurufen, zu sagen, er bräuchte Hilfe bei der Suche, das wäre ja alles unsere Schuld und wir sollten kommen.
Wir fahren auf den Parkplatz, hatten noch "Ausrüstung" dabei und er lacht sich kaputt, weil die Hündin längst da war.
Er wollte uns "eine Lehre erteilen".
Das gab dann die zweite wütende Ansprache meiner Cousine an dem Tag ( die armen Rehe wussten bestimmt nicht wie ihnen geschah), ich verfrachtete sie irgendwie ins Auto und wir fuhren von dannen.
Seither ist niemand mehr mit der Hündin freiwillig gegangen, bis er seine jetzige Frau kennenlernte.
Nach einigen Monaten hatte die die Hündin dann soweit im Griff, dass sie mit ihr gehen konnte.
Und nein, sie ist so gut wie nie allein.