Erfahrungen mit Tierheimen

Ich denke, es geht dem Tierheim um diese Aussage. Du weißt selber, dass deine Lebenslage im Moment für eine Hundeanschaffung / Hundehaltung nicht passend ist. Du siehst aber die vielen Hunde, die da im TH sitzen und einen neuen Besitzer wollen. Da wird das Herz schon weich und der Kopf hört oft auf zu denken. Würde ich in dem TH vermitteln (ich habe selber einige Jahre in einem TH gearbeitet und auch vermittelt), würde ich dir zu diesem Zeitpunkt auch keinen Hund geben. Ich würde dir sagen, komm vorbei, wenn deine Lebenssituation besser passt. Dann bekommst du auch einen Hund von mir. Ehrlich, ich hätte auch am liebsten jeden Hund oder jede Katze mitgenommen. Geht aber nun mal nicht. Frage doch einfach später wieder mal nach einen passenden Hund nach.
Ich glaube, ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Ich bin nicht so naiv, dass ich mir jetzt ein Tier anschaffen würde. Das wäre einfach nur dumm, unüberlegt und egoistisch.
 
Für mich geht es um die gesamte Hundehaltung und die gesamte, gute Versorgung eines Hundes. Für ein paar Stunden nicht alleine bleiben reicht mir nicht. Ich würde z.B. keinen Hund an einen Obdachlosen vermitteln. Die meisten kommen schon nicht mit sich alleine zurecht. Wie soll es dann erst mit einem neuen Hund werden? Kein Geld, kein Job, kein Obdach aber einen neuen Hund?
 
Tja, es scheint zu funktionieren. Ich sehe über Jahre die gleichen Männer mit den gleichen Hunden...

Ich behaupte, dass die meisten Hunde lieber ohne Luxus in ihrem "Rudel" leben, als weitgehend alleine im Luxus.
 
Ich gebe zu, ich bin immer wieder neugierig, ob ich das Tierheim, das wirklich nur an den "perfekten Hundehalter" vermittelt (wie es quasi von jedem mir bekannten Tierheim behauptet wird), je live sehen darf. 😎

Ich habe gut 10 Jahre als Pflegestelle im Tierschutz gearbeitet, wo die Vermittlungsentscheidung fast immer bei mir lag und 1 Jahr im lokalen Tierheim im Hundebereich mit Vermittlungsverantwortung... ich erzähl dir mal ein paar von meinen Erfahrungen.

Ich habe in dem Jahr im Tierheim gut 150-200 Hunde das Tierheim "durchlaufen" sehen - also rein kommen, ein Weilchen bleiben, vermittelt werden. Daneben gibt es die Langsitzer - (etwas) schwierige(re) Hunde, die einfach länger bleiben - davon gingen ein paar und kamen ein paar dazu. Das Tierheim (von dem in der Umgebung immer und jederzeit behauptet wird, man wolle da ja sowieso keine Hunde vermitteln) hat Platz für ca. 30 Hunde - in den meisten Fällen ist es aber überlastet, es sind also 30-40 Hunde da und in Notquartieren untergebracht. Man kann sich also vorstellen, dass "nicht vermitteln" oder "nur an perfekte Plätze vermitteln" selbst wenn man das wollte rein praktisch nur schwer möglich ist. Dabei ist es aber so, dass ich die Hunde, die wir in dem Jahr aus privater Hand aufgenommen haben, an zwei Händen abzählen kann. Die allermeisten Hunde, von denen wir hier reden, sind Fundhunde oder beschlagnahmte Hunde - also Hunde bei denen das Tierheim verpflichtet ist sie aufzunehmen. Das Geld, das das TH aus öffentlichen Quellen bekommt, fließt üblicherweise auch nicht für immer, sondern meistens nur für einen gewissen Zeitraum (das kommt auf die Situation und die Verträge an und mag in D auch anders sein, als hier - ich kann nur von meinen Erfahrungen ausgehen). Das Tierheim hat also finanziell genau nichts davon, wenn Hunde länger bleiben und glaubt mir, es gäbe immer genug Möglichkeiten nachzubesetzen - ich weiß gar nicht wieviele Anfragen an Privatabgaben ich in diesem Jahr abschmettern musste, es waren auf jeden Fall sehr viele! Diese sich hartnäckig haltende Idee vom Tierheim, das nicht vermittelt, weil es sonst Gelder verliert, ist für mich immer noch die absurdeste, die mir je untergekommen ist - und die hört man auch nicht nur in Deutschland, auch hier wird einem das gerne erzählt 😉.


Kommen wir zu den Vermittlungen selbst... ich halte mich für jemanden mit recht hohen Ansprüchen, was die Vermittlung angeht. Meine Pflegehunde wurden immer nach dem Motto "best fit" vermittelt und nicht nach "na er wird's schon gut haben". Dh dass jemand ein guter Hundehalter war/ist, war Grundvoraussetzung, aber Hund und Halter sollten für mich auch wirklich zusammenpassen. Dabei habe ich durchaus auch mal nette Menschen vor den Kopf stoßen müssen und manche können damit besser umgehen, manche schlechter. Aber... als Pflegestelle hatte ich auch keinen Zeitdruck und konnte das somit so handhaben. Im Tierheim musste ich 2 Dinge lernen.

a) klar müssen Hund und Halter zusammenpassen und klar muss es der Hund dort gut haben, aber solange das Ganze so halbwegs passt, reicht das - sonst geht die Hütte einfach über... außerdem schadet ein Tierheimaufenthalt vielen Hunden auch - vor allem wenn sie für längere Zeit sitzen. Es gilt also oft wirklich sie schnell wieder raus in ein stabiles Umfeld zu kriegen. Das ist bei mir als Pflegestelle nicht der Fall...

b) das Klientel, das sich im Tierheim für Hunde interessiert, ist völlig anders, als das Klientel, das sich bei mir als Pflegestelle um Hunde bewirbt. In's Tierheim kommen Leute um einen Hund zu adoptieren, da fällt dir sprichwörtlich alles runter. Hätte ich bei den Leuten, die sich im Tierheim um Hunde beworben haben, wirklich nur nach den perfekten Leuten gesucht, hätte ich in dem ganzen Jahr vermutlich keine 10 Hunde vermittelt. Ich habe da besoffene Leute erlebt, 80jährige die auf jeden Fall einen maximal 1jährigen Hund (groß und kräftig) wollten (das kommt tatsächlich häufig vor), Leute die in's Foyer kamen, mal rumgebrüllt und auf das Tierheim geschimpft haben, um dann bitte Hunde vorgeführt zu bekommen, usw., usf., etc., pp. Ich habe als Pflegestelle durchaus schon recht anspruchsvolle Hunde vermittelt - nicht sofort oder schnell, aber doch immer wieder. Bei den Interessenten im Tierheim hätte ich mir da echt schwer getan. Viele der Langsitzer im Tierheim sind gar nicht sooo schwierig, aber ich habe selten Interessenten gehabt, denen ich auch nur das Attribut "etwas anspruchsvoller" zugetraut hätte. Ein paar waren schon dabei, aber frustrierend wenige...

Was die Sache mit dem "perfekten Hundehalter" - also viel Zeit, viel Geld, Haus & Garten mit viel Platz, etc. angeht, finde ich die Grundidee, dass es hier ein richtig oder falsch gibt, immer sehr schwierig. Ich bin ein Fan des Gesamtbildes und in das kommt nicht nur die Situation des Halters, sondern auch seine Wünsche, Anforderungen und Fähigkeiten UND der dazugehörige Hund. Aber ob jede meiner Entscheidungen richtig oder falsch ist, ist schwer zu sagen. Ich habe in meiner Tierheimzeit, in der jede Vermittlung mit der Chefetage abgesprochen werden musste, durchaus schon mal geflunktert was Einzelheiten anging, weil ich wusste, dass Chef XY (wir hatten zwei) bei Kriterium X eine sehr festgefahrene Meinung hat und ich es schade gefunden hätte, wenn ein Hund einen wirklich gut passenden Platz nicht bekommen hätte, weil Hausnummer das Wohngebiet für die Chefetage zu städtisch war oder das Kind 1 Jahr jünger als das Kriterium erlaubt. In anderen Fällen haben wir lange diskutiert (flunkern geht nur bei Kleinigkeiten, sonst war's das mit dem Vertrauen 😉) und uns dabei manchmal durchgesetzt und manchmal nicht. Ich musste auch schon Hunde an Plätze vermitteln, die ich abgelehnt hätte - manchmal mit Erfolg, manchmal kam der Hund wieder zurück. Ich glaube nicht, dass es den perfekten Hundehalter gibt und ich glaube nicht, dass meine Ideen von einer "richtigen" Vermittlung die alleinige Wahrheit darstellen. Diese Entscheidungen sind schwierig, individuell und ich finde es schade, wenn sie pauschalisiert nach Fragebogen getroffen werden. Aber im Grunde liegt jede dieser Entscheidungen bei der vermittelnden Person, denn diese kennt sowohl den Hund und den potentiellen neuen Halter. Sie liegt nicht bei der Person, die gerne einen Hund hätte und nicht bei Außenstehenden, die meist nur eine Seite der Medaille kennenlernen. Das Problem ist eher, dass Menschen, die keinen Hund bekommen, das als sehr persönliche Kritik an ihrer Fähigkeit als Hundehalter ansehen - und genau das ist es in vielen Fällen gar nicht. Ich kann also nur raten so etwas nie persönlich zu nehmen und die Idee des Tierheims "das ja gar nicht vermitteln will" zu hinterfragen. Üblicherweise wollen Tierheime durchaus auch vermitteln 😉
 
Ganz ehrlich, total treffende und schön geschriebene Antwort.
Mit dem Fragebogen-Prinzip triffst du genau meinen Kritikpunkt. Es werden nur ein paar Punkte abgefragt und dann kommt das Urteil. Ich würde Entscheidungen, so wie du sie getroffen hast und sie für mich eigentlich sein sollten, sofort akzeptieren. Wenn mir jemand sagt, dass Hund xy für mich zu aktiv ist oder doch mehr Erfahrung nötig ist, würde ich die Entscheidung sofort akzeptieren. Ich wäre vielleicht enttäuscht, könnte es aber nachvollziehen.

Mir ging es bei meiner Anfangsfrage vor allem darum, ob alle Tierheime nach einem solchen Fragebogen-Prinzip handeln. Besonders ob sie die Lage immer nur so schwarz-weiß sehen.
Sicher bin ich nie die erste Wahl für ein Tierheim, einfach weil ich auf dem Papier unpassende Voraussetzungen habe, aber mir ging es vor allem um die Frage, ob es für Tierheime generell so egal ist, wie die Einstellung, der Charakter etc einer Person ist. Einfach die Antwort, dass ich mir als junge alleinstehende Studentin niemals einen Hund dort vermitteln bekommen werde, fand ich einfach sehr vorschnell.

Was ich in den letzten Wochen mitbekommen habe, war eigentlich immer dasselbe, wenn man die Voraussetzungen erfüllt, bekommt man den Hund, den man sich aussucht. Sonst kann man bitte wieder gehen und gerne dem Tierheim regelmäßig Spenden überweisen. Hört sich jetzt total blöd an, aber darauf, ob ein Mensch zum Hund passt wurde nie geachtet. Als ein Interessent kam, wurde ich als Praktikantin gleich mal vorgeschickt, um zu fragen, ob er verheiratet ist usw. Negatives Ergebnis, der Herr war Freiberufler mit einer großen Stadtwohnung und bereits einem Hund aus dem Tierschutz. Sprich, ich sollte den Herrn gefälligst wegschicken, da er die Voraussetzungen nicht erfüllt.

Ich hab heute übrigens mal nachgefragt und zuständig für alle Regelungen und so weiter ist bei uns der Tierschutzverein, zu dem das Tierheim gehört. Leider ist unser Tierheim, das einzige direkt an der Grenze und läuft folglich vor allem mit geschmuggelten Hunden über. Die anderen Tierheime des Vereins hingegen sind laut einer Kollegin nur normal besetzt und können es sich leisten nur auf dem Papier perfekte Halter in Erwägung zu ziehen. Die Vorgehensweise lässt sich zwar anzweifeln, aber führt eben nur bei uns zu Problemen im Tierheim, weil man zu wenig Hunde vermitteln kann, obwohl viele Leute für meine Kollegen durchaus geeignet wären, aber eben meistens in irgendeinem kleinen Punkt nicht ideal sind...

Danke für die Erfahrungen und Meinungen eurerseits, ich hatte mit Tierheimen echt noch keine Erfahrungen und war dadurch dann etwas verwirrt. Zum Teil meiner Meinung auch etwas berechtigt.
 
Meine Erfahrungen mit 3verschiedenen Tierheimen,von denen wir auch einen Hund bekommen haben:
TH 1: Trotz ehrenamtlicher Mitarbeit und mehrjährigem Gassigehen mit dem gewünschten Hund musste ich einen ausführlichen Fragebogen ausfüllen und es kam eine ebenso ausführliche Vorkontrolle.Ein ausführliches Vorgespräch gab es auch,bei dem mir noch unbekannte Dinge aus der Vergangenheit des Hundes berichtet wurden.Ich bekam auch Zeit zum nachdenken.Die VK traf keine Entscheidung,die lag bei der Chefin.
Durch die ehrenamtliche Mitarbeit habe ich auch viele Erstgespräche mitbekommen und wusste,dass die Tiere nicht leichtfertig vermittelt wurden. Auch die Zahl der Rückläufer war gering.

TH 2: Hund angeguckt,verliebt,VK ja, aber nicht so ausführlich,das was wir(mein Mann und ich) berichtet haben,was man auch im Umgang mit dem vorhanden Hund beobachtet hat,reichte anscheinend für eine sofortige Zusage aus.Am übernächsten Tag zog der Hund ein.

TH 3: Wegen einem bestimmten Hund per Mail nachgefragt, hingefahren-abgewiesen worden.Noch eine Mail geschrieben,kommen dürfen,gassi gegangen.Nochmal zum Gassi gekommen,Mann mitbringen müssen. Selbstauskunft ausgefüllt,die lange nicht so umfangreich wie die von TH 1 war.
Keine Vorkontrolle( 50km waren zu weit),dafür Anruf in TH1,danach sofortige Zusage.
 



Hundeforum.com - Partnerseiten :
Heilkundeforum.com | Veggieforum.de | Herrchen-sucht-Frauchen.de

Hundeforum.com ⇒ Das freie & unabhängige Hundeforum unterstützen:

Zurück
Oben