Etwas "andere" Hunde

Ich kenne durchaus Sätze wie "der Hund ist halt einfach anders" oder "natürlich nicht so schlimm wie Loomie" oder "puh, da hast du dir was angetan" oder mein Lieblingssatz, den ein Staffelkollege eine Zeit lang immer wieder vor sich hin brabbelte "wer hätte gedacht, dass du DEN Hund SO hinbekommst". Und ja, Loomie ist schon ein wenig anders. Aber sie ist eben ein tauber Pit und verhält sich so, wie ich es von einem tauben Vollblutterrier erwarte. Ich denke ehrlich gesagt wenig an Dinge wie Deprivations- oder Aspergersyndrom und wenn es uns jemand verpassen will, wäre es mir auch recht egal.

Loomie kam im Alter von 6 Monaten zu mir, hatte zu dieser Zeit schon (soweit wir wissen) 5 Platzwechsel hinter sich und stand bei einem davon auch schon zum Einschläfern beim TA. Sie hat seit jeher ein sehr hohes Erregungslevel (egal ob die Erregung positiver oder negativer Natur ist), kann sich irrsinnig schnell hoch drehen und es gab eine Zeit, da war es richtig schwierig sie von Erregung wieder runter zu bekommen. Sich selbst runter geschraubt hat sie schon mal gar nicht. Es gab Zeiten, da wurde aus Prinzip alles verbellt auch dann wenn gar nichts da war. Das sah in etwa so aus, dass schonmal lautstark in die Welt raus gebellt hat, wenn sie aus dem Auto ausstieg - wohlgemerkt bereits bevor ihre Pfoten den Boden berührten und sie überhaupt nachsehen konnte, ob da ein vermeintlicher Feind lauert. Alles was neu ist, führt zu sehr viel Aufregung, weshalb es auch Zeiten gab, in denen wir primär Standardstrecken gegangen sind und die Variation erst mit der Zeit gesteigert haben - je nachdem wieviel sie davon vertragen hat. Heute verbellt sie draußen nur in Ausnahmefällen etwas, wo sie nach wie vor oft mal teils ohne ersichtlichen Grund bellt ist im Haus und auch im Auto. Das sind unsere "Loomie sieht Geister" Momente, wo ich nicht weiß, was sie so beunruhigt. Ich kann mich aber auch schwer in ihre Sinneswahrnehmung hineinversetzen - irgendeinen Grund wird sie schon haben :cool:

Neue Hunde kennenlernen ist für Loomie ebenso ein Thema. Sie pöbelt zwar nur seltenst an der Leine, aber direkter Kontakt braucht Zeit - kennt und schätzt sie einen Hund, darf der dann aber viel machen und sie hat ein schönes und sauberes Sozialverhalten. Problematisch ist es auch, wenn sie einen bekannten Hund für längere Zeit nicht gesehen hat, auch da muss man wieder etwas mehr Vorsicht walten lassen. Mittlerweile ist sie aber soweit, dass sie gut in kleineren Gruppen auch mit unbekannten Hunden spazieren gehen kann, wenn diese anfangs Abstand halten und erst nach einer kurzen Zeit zum runterfahren und das Gegenüber von Weitem beobachten direkter Kontakt entsteht.

Auch die Situation des sich immer mehr hineinsteigerns kenne ich, wenn auch in einer anderen Situation. Lümchen fand in jungen Jahren mal eine tote Maus, wusste mit der im ersten Moment nichts anzufangen, bevor ihr das "Beute" klar wurde, sodass ich die Möglichkeit hatte, mich zwischen sie und die Maus zu drängeln und sie vom direkten Kontakt blocken konnte, was sie freundlicherweise auch recht flott akzeptierte. Ich dachte das wäre doch eine tolle Möglichkeit ein "sich vom Wild abwenden" zu belohnen, stand also zwischen Frau Hund und der Maus, das Spielzeug in der Hand und wartete darauf, dass sie einen kurzen Blick zu mir wirft. Ich habe nach über 30 Minuten abgebrochen, weil Frau Hund die gesamte Zeit über zitternd, sabbernd und die Maus fixierend da stand, natürlich keine Sekunde den Blick abwendete und ich einfach nach Hause musste. Letztendlich habe ich sie von der Maus weggetragen.

Wie gesagt - für mich ist Loomie einfach was sie ist. Und wir haben sehr viele Dinge geschafft, Lümchen läuft heute zu 90% auf Spaziergängen frei (wir leben aber auch in der Pampa und treffen sehr selten jemanden), arbeitet gut in der Rettungshundearbeit, kann viele Dinge, die früher unmöglich waren und ich bin sicher, die Dinge, die noch nicht gehen, werden wir irgendwann auch noch hinkriegen. Ein paar Einschränkungen wird es immer geben, aber das sehe ich beim tauben Hund als normal an. Auch meine anderen Hunde sind nicht perfekt :)

Darauf was andere Leute mir unterwegs über Hunde erklären, gebe ich aus Prinzip nichts. Das Wissen der meisten davon beschränkt sich darauf, dass ein Hund einen Kopf, 4 Beine und einen Schwanz hat und er sich freut, wenn er wedelt :cool::p:rolleyes:
 
Weißt du warum Sandor so ist? Kannst du es auf einen schlechten Züchter zurückführen oder denkst du an neurologische Ursachen?

Meine Abby ist eigentlich relativ normal. Sie zeigt manchmal Trancing, was man ja eher bei Bullterriern sieht. Manchmal "starrt" sie auch, was ich auch eher von Bullterriern kenne (vor einer Wand, Heizung, Tür, etc. stehen, Kopf gesenkt, Stirn an die Wand/Tür/etc. und nicht ansprechbar sein).
Ansonsten ist sie aber normal und mit den Dingen wie dem Trancing komme ich gut zurecht. Anfangs hat es mich erschreckt und ich dachte "Das machen doch nur Bullterrier", aber dann habe ich viel darüber gelesen und nun beunruhigt es mich nicht mehr. Was nicht heißen soll, dass es gut ist - sowas wäre für mich z.B. ein Ausschlusskriterium für die Zucht. Aber es beunruhigt mich nicht in dem Sinne, dass ich mir Sorgen um Abby machen muss.
Beim Trancing kann man sie auch anfassen, sie schnappt dann nicht oder erschrickt. Aber es bringt nichts sie anzufassen, also lasse ich sie.
 
Das war anfangs sicher auch sehr verunsichernd für dich, kann ich mir vorstellen. Zumindest bis klar ist, dass es wirklich "nur" das ist.

Kannst du es auf einen schlechten Züchter zurückführen oder denkst du an neurologische Ursachen?
Ich denke, eine Kombination aus beidem. Genau behaupten kann ich es natürlich nicht. Was ich aber weiß: Es standen etliche Boxen im Wohnzimmer rum, aber an Spielzeug nur ein Spieltau aus dem Welpenpaket der Futtermarke. An mehreren strategisch wichtigen Punkten lagen die zusammengerollt festgeklebten Zeitungen. Was ich mir dazu denke, muss ich glaub ich nicht erklären.

Aber auch organisch läuft es sicher nicht richtig. Sandor hat gesundheitlich so viele Baustellen, und immer wieder an neuen Stellen irgendwas. Was da nun Henne und was Ei ist, wer weiß das schon?
 
Wir haben ja auch einen Hund, der "Welt" hat, aber anders als bisher hier beschrieben. :) Die verschiedenen Facetten sind schon interessant.
 
Silkies, du hast meinen tiefsten Respekt dafür, wie sehr du auf deinen Hund eingegangen bist.
Er scheint wirklich Glück zu haben einen Menschen zu haben der sensibel genug ist, um zu merken wie er gehändelt werden muss.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele andere Hundehalter schon aufgegeben hätten! (Aber das gilt auch genauso für die anderen, die hier ihre Geschichten aufgeschrieben haben!)
 
Ich finde es beeindruckend, wie Du dich auf Sandor eingelassen hast. Und was Du erreicht hast.
Ich glaube, viele Durchschnittshundehalter hätten kapituliert.
Dem schliesse ich mich voll an!

Das kannst du so glaub ich gar nicht sagen. Hättest du mich vor Sandor gefragt, ich hätte auch Stein und Bein geschworen, das krieg ich niemals hin. Und ganz ehrlich gesagt, selbst heute noch hab ich immer wieder tiefe Zweifel. Aber: Wenn du so einen kleinen Kerl dann vor dir siehst, und ihn ja auch ganz doll lieb hast, dann geht es. Denn aufgeben kommt ja nicht in Frage, oder? :)
Also mein erster Gedanke als ich Deinen Post las ,war auch,Respekt,ich würde das so nicht hinbekommen...allerdings ginge es mir auch wie Dir,dass ich,hätte ich mein Herz schon an so einen kleinen Kerl verloren(andernfalls würde der Hund gar nicht erst einziehen),könnte ich ihn niemals aufgeben,und würde alles für ihn tun...insofern wächst man da vielleicht dann auch einfach ein Stück rein... .
Es kommt aber auch immer auf die persönliche Situation an,ich kann auch Lesko verstehen,der es eben aus seiner privaten Situation heraus einfach nicht könnte,und da finde ich es auch ganz wichtig,ehrlich zu sich selbst zu sein.

Darf ich fragen,war Dir schon bewusst,dass Sandor anders ist als andere Hunde ,bevor Du ihn aufgenommen hast,oder erst als er schon bei Dir war?
Du hast die ersten Erlebnisse beim abholen beschrieben,aber nicht ob Du ihn vorher schon näher kennen gelernt hast...mich interessiert quasie,ob Du schon vorher wusstest,auf was Du Dich einlässt...

Kennt ihr dieses Phänomen auch? Und wie geht ihr denn mit den Mitmenschen um, die im Fernsehen auch schon mal eine Hundesendung gesehen haben und einen nun belehren müssen?
Mein Hund ist nicht auf diese Art und Weise "besonders"wie Eure(ich finde besonders treffender als speziell,speziell hört sich immer irgendwie etwas negativ an)...doch besonders an sich ist er auf jeden Fall ,weil er ist,wie er ist <3
Trotzdem kenne ich solche Belehrungen nur zu gut,weil ich ,obwohl meine Fellnase mit allem absolut verträglich ist,nur ausgewählte Hundekontakte zulassen.
Die Besitzer deren Hunde,von denen ich keinen Kontakt zulassen möchte,meinen nur zu gerne,mich belehren zu müssen(...die Hunde regeln das unter sich,sie haben ja keine Ahnung,so wird er unverträglich...ja genau ...:rolleyes:)
Diskutieren habe ich aufgegeben...absolut zwecklos...es raubt mir nur Zeit ,die ich wesentlich schöner und entspannter mit meiner Fellnase verbringen könnte.Ärgere ich mich drüber?Mh,also es gibt viele Hundehalter,über die ich mich ärgere,weil sie sich absolut rücksichtslos verhalten und damit meinen Hund gefährden...und dann kann ich auch sehr deutlich werden...aber die "Belehrer",die nerven eigentlich nur...und ich denke,irgendwo fühlen sie sich auch von mir angegriffen,weil ich mit ihrem Hund keinen Kontakt zulassen,und wollen das überspielen und sich rechtfertigen.Oder sie versuchen mich als die "Schlechte"oder "Blöde"hinzustellen,weil sie sich von mir so hingestellt werden.
Insgesamt finde ich es einfach nur lächerlich,jeder Hundehalter hat das Recht selbst zu entscheiden,welche Kontakte sein Hund hat ,und welche nicht.
Demensprechend lasse ich sie reden und gehe einfach weiter...*lalalalala*:cool:
Ein "Reizthema"für andere Hundehalter ist es scheinbar allzu oft,wenn man den eigenen Hund hochnimmt,bevor er von einem offline herantrabenden Hund gefressen oder niedergetrampelt wird...auch hier könnte ich ewig diskutieren,denn schliesslich müsste ich es nicht,wenn der andere Hundehalter mir zumindest ein Mindestmass an Rücksichtnahme oder Respekt entgegen bringen würde...oder zumindest ein bisschen Kontrolle über seinen Hund hätte...aber alles diskutieren ist verschwendete Lebensenergie,ich weiss warum ich es so handhabe,und jemand anderen geht es nichts an...das einzige was ich noch drauf sage,ist sinngemäss"wieso,haben Sie Angst ihr Hund könnte mir was tun"...und dann in völlig schockiertem Ton"waaas,der beisst Menschen???:eek:"
Dann sind die immer gaaanz klein mit Hut und meist schneller weg als man schauen kann ;)
 
Wir haben ja auch einen Hund, der "Welt" hat, aber anders als bisher hier beschrieben.

Wahrscheinlich hast du das hier im Forum schon mal beschrieben; aber ich bin noch nicht so lange hier und frag deshalb einfach: Könntest du das kurz näher beschreiben, oder verlinken wo du das schon erzählt hast? Ich finde nämlich auch sehr interessant, was es da so alles gibt!

um zu merken wie er gehändelt werden muss

Wäre nur schön gewesen, ich hätte das viel früher raus gehabt. Die traurige Tatsache ist aber, dass ich zunächst oft nur verblüfft und auch ratlos vor seinen Merkwürdigkeiten davor gestanden habe, und mich erst durch Versuch und Irrtum vortasten musste was ihm wirklich hilft. Wenn er anfing hektisch loszurasen, ausrennen lassen oder im Gegenteil gar nicht erst ins Rennen kommen lassen? Wenn er bei anderen Hunden ausgetickt ist, war das aggressiv- oder angstmotiviert? Stehen bleiben und ihm Zeit geben zu beobachten, oder besser in Bewegung bleiben? Und viele dieser Fragen mehr... Dadurch ging uns viel wertvolle Zeit verloren, und sicher hätte ich ihm besser helfen können wenn ich von Anfang an zielgerichtet agiert hätte. Aber ok, hätte wenn vielleicht... Jedenfalls bin ich sicher, niemand hier hätte seinen Hund einfach aufgegeben. Das liest man aus den Geschichten raus, und ich finde es großartig mitzubekommen, wie sich alle um ihre nicht ganz einfachen Hunde bemüht haben und weiter bemühen!

Was mich aber oft traurig macht: Wenn man draußen sieht und erlebt, wie umgekehrt Menschen durch Gleichgültigkeit, Faulheit oder einfach auch Unwissenheit ihre an sich stabilen Hunde zu allem möglichen problematischen Verhalten überhaupt erst bringen.
 
Ich hab hier auf dem Dorf glücklicherweise wenig Probleme. Man kennt sich vom sehen und weiß bei der zweiten Begegnung, wer Kontakt haben will und wer nicht. Dann geht man sich aus dem Weg und grüßt sich von der Ferne. Im Urlaub in der Stadt hatten wir da mehr Schwierigkeiten, seit dem hasse ich Flexileinen. ;)
Diskutieren will ich nicht. Ich denk mir oft nur meinen Teil, besonders bei Fremden. Bringt eh nix und mir ist ea sowas von egal, ob die mich für zickig halten.
 
Darf ich fragen,war Dir schon bewusst,dass Sandor anders ist als andere Hunde ,bevor Du ihn aufgenommen hast,oder erst als er schon bei Dir war?
Du hast die ersten Erlebnisse beim abholen beschrieben,aber nicht ob Du ihn vorher schon näher kennen gelernt hast...mich interessiert quasie,ob Du schon vorher wusstest,auf was Du Dich einlässt...

Ob ich das vorher wusste? Ja und nein. Wobei ich dazu sagen muss, ich war auch in einer emotionalen Ausnahmesituation. Mein Seelenhund Glenny war wenige Wochen vorher erst gestorben, mir war immer noch nur nach heulen zumute, aber Kaya trauerte so arg dass ich wusste, wenn das noch ein paar Wochen so weiter geht kann ich sie neben ihrem großen Bruder begraben. Also hatte ich mit ihrer Züchterin Kontakt aufgenommen, und ausgerechnet der Welpe, der bei uns einziehen sollte, hatte eine schlimme Speiseröhrenausbuchtung und hat es nicht geschafft. Es war also komplett "Land unter". Als wir dann gefahren sind den Krümel angucken - er war vom Wurf übrig geblieben, angeblich wegen des Kryptorchismus und des Nabelbruchs - hat Kaya beschlossen, dass sie ihn mag. Also hab ich mich darauf eingelassen, obwohl mir durchaus klar war, dass mit dem so einiges nicht stimmt. Das war zum Teil die Trauer und der Gedanke, so einen wie meinen Glenny krieg ich eh nie wieder, dann kann es auch das komplette Kontrastprogramm sein. Und zum anderen, das muss ich auch zugeben, hab ich die Tiefe von Sandors Problematik unter- und meine Möglichkeiten zu ihrer Kompensation überschätzt. Das war ziemlich dämlich und blauäugig von mir, ist aber halt so gelaufen. Und wenn ich jetzt in die Äugelchen vom Krümel gucke, wie er da gerade neben mir liegt, kann ich es nicht wirklich bedauern.
 



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