Wer ist der Chef?

Das ist eine interessante These. Alle Beobachtungen an wildlebenden Caniden kommen aber zu dem Schluss, dass sie sehr wohl eine Hirarchie anstreben.
 
Aber ich denke, dass kann man idr. nicht mit Haushunde vergleichen.

Der eine Mensch sieht das der andere das...
 
Wenn ich das von Menschen ohne Hund gefragt werde sage ich, dass ich der Chef bin.

Hermann möchte Balou gern von unserem Bett fernhalten aber das ist nicht erlaubt. Er würde auch gern Balou und Mogli splitten wenn sie spielen aber - leider für Hermann - ebenfalls nicht erlaubt.

Andererseits würde sich Hermann Kauartikel von Balou klauen lassen und sich vom Napf verdrängen lassen. Aber das ist natürlich auch nicht erlaubt.

Hermann putzt Balou die Augen und Ohren. Das macht Mogli auch aber nur bei Balou. Körperpflege findet in keiner anderen Konstellation statt.

Wenn ich die Hunde hier regeln lassen würde wie sie möchten dürfte Balou sich im Haus nicht mehr frei bewegen, wäre aber übergewichtig und Hermann würde über die Liegeplätze bestimmen und wäre ein Hungerhaken.

Wenn kein Mensch Zuhause ist gibt es wegen der Liegeplätze keine Probleme und Kauartikel liegen nicht rum. Aus einem Wassernapf trinken auch mal alle Hunde gleichzeitig.

Bei Schnüffelstellen unterwegs stecken alle drei Hunde die Köpfe zusammen

Vermutlich ist Mogli der heimliche Chef der Hunde weil er sich bei den Konflikten zwischen Balou und Hermann raushält.
 
Das ist eine interessante These. Alle Beobachtungen an wildlebenden Caniden kommen aber zu dem Schluss, dass sie sehr wohl eine Hirarchie anstreben.
Ja, da wird immer wieder darauf hingewiesen. Ist aber nicht mehr anwendbar in Bezug auf unsere Haushunde.
Wie es Sanshu auch erwähnt, man kann es heutzutage nicht mehr mit wildlebenden Hunden vergleichen. Unsere Haushunde sind domestiziert und sie haben sich hin zum Leben mit dem Menschen verändert.
 
Ok, ich kenne aber auch keinen normalen Hund, der kein Sozialverhalten an den Tag legt und sich versucht in eine öfter zusammentreffende Gruppe zu integrieren. Geschweige denn, dass ein Hund nicht versuchen würde, sich in seine "Familiengruppe" zu integrieren, mit allem was dazu gehört.
Sichrlich gibt es dazu auch Studien.
Ich gehe jedenfalls schwer davon aus, dass auch der gemeine Haushund dasselbe Bestreben zeigt.

Ihr seid also der Meinung, der gemeine Haushund würde zu seinen Artgenossen überhaupt keine Beziehungen mehr aufbauen und sich ausschließlich dem Menschen zuwenden?
 
Ihr seid also der Meinung, der gemeine Haushund würde zu seinen Artgenossen überhaupt keine Beziehungen mehr aufbauen und sich ausschließlich dem Menschen zuwenden?

Nein, ich bin nicht dieser Meinung.

Ich hatte immer einen "Chefhund". Egal in welcher Konstellation die Gruppe war. Allerdings hat der Chef nicht ständig "den Chef raushängen lassen".
Meine Hündin Lea war bspw. unangefochtene Chefin, als sie mit Chihuahua Tilli zusammen lebte. Lea kam ja als Welpe zu der bereits älteren Tilli. Hat sich anfangs auch brav untergeordnet. Als Lea erwachsen war, fand völlig unspektakulär ein Führungswechsel statt.
Nach Tillis Tod war Lea "Chefin" über den 1 Jahr älteren Hero und die 4 Jahre jüngere Cora.
Wobei sie eben in der eigenen Familie sehr tolerant war. Nur bei Sachen, die ihr wirklich wichtig waren, wie bspw. Futter, hat sie gelegentlich eine Ansage gemacht.
Oder zuerst irgendwo hingehen und abchecken. Das war ihr wichtig. Und da hat vor allem Hero öfter mal eins auf den Deckel gekriegt, weil es in sein Hirn nicht reinging, das er in manchen Fällen Lea besser nicht überholen sollte.
Andrerseits hat sich Lea auch grad von der jungen Hündin viele Dreistigkeiten gefallen lassen.
"Zweitchef" war im übrigen Hero. Cora hat seine Position auch nie ernsthaft infrage gestellt.

Nachdem Lea und Hero verstorben waren, zog zu Cora ein gleich alter Rüde ein. Erwin. Und Cora hat die Chance genutzt, ihm zu verklickern, das sie hier die Chefin ist.
Wobei ich glaube, das Erwin einfach in seinem persönlichen Umfeld ein gutmütiges Schaf war. Und irgendwie gedacht hat, laß die doch machen, ist mir egal. Wenn er auf die Führung bestanden hätte, wäre Cora wahrscheinlich eingeknickt.

In der Kombination Rosie und Ali ist eindeutig Ali der Chef.
Was aber auch daran liegt, das Rosie so gar keine Führungsambitionen hat, ist einfach nicht ihr Charakter. Sie ist froh, wenn sie einer durch die Welt geleitet und beschützt.
Aber auch Ali ist sehr tolerant. Nicht nur Rosie gegenüber,auch zu anderen Hunden, die er gut kennt.
Bei Hunden, die er nicht kennt, sieht die Sache anders auch. Nicht umsonst heißt er auch Don Brüllo.
 
Ihr seid also der Meinung, der gemeine Haushund würde zu seinen Artgenossen überhaupt keine Beziehungen mehr aufbauen und sich ausschließlich dem Menschen zuwenden?
Sehe ich nicht so.

Kritzel hat sich damals viel an Sepp und Schorsch orientiert, sie haben ihr durch ihr Selbstbewusstsein und ihre Gelassenheit Sicherheit gegeben. Von den beiden war Sepp eindeutig der Chef (ich finde diese Bezeichnung ein wenig unglücklich gewählt), wobei hier noch interessant sein dürfte, dass sie Wurfgeschwister und somit wirklich ein "Rudel" im ursprünglichen Sinne waren. War zum Teil auch ein Nachteil, weil es u.a. sehr schwierig war mal getrennt mit ihnen Gassi zu gehen, wobei Schorsch derjenige war, der immer alle zusammenhalten wollte und die Nachhut bildete, während Sepp vorne die Stellung hielt.

Bei den Mädels ist es schon so, dass Kritzel hier den Ton angibt, beim Gassi Entscheidungen trifft, an denen sich Keks orientiert. Aber Keks hat auch viele Freiheiten, so lässt Kritzel sich schon mal auf die Seite rempeln und überlasst ihr für sie nicht wichtige Ressourcen (z.B. Spielzeug) komplett. Beim Gassi ist es meistens so, dass Keks vorne läuft, ich in der Mitte und Kritzel hinten, Kritzel kommt eigentlich nur vor, wenn da etwas spannend ist und sie die Lage checken muss. Kommt da ein anderer Hund schaut Keks, was Kritzel macht.
Bei Futter hört der Spaß auf, das hat Keks als Welpe schon lernen dürfen, dass man seine Nase nicht in Kritzel's Napf stecken sollte. Wenn Kritzel im großen Hundebett liegt, fragt Keks entweder bei mir an, damit ich Kritzel wegschicke und sie rein kann, oder sie legt sich schön mit Vorsicht, damit sie sie ja nicht berührt, dazu. Kritzel macht das einfach und legt sich zur Not auch halb auf Keks, wenn es sein muss und die geht dann meistens nach ein paar Minuten raus.
Vom Typ her ist Kritzel die, die zwar aktiv keinen Streit sucht, sich aber im Falle nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Keks ist zwar ein Trampel vor dem Herrn und teilweise recht distanzlos, wenn der andere Hund es zulässt, ist bei richtigem Ärger aber schnell kleinlaut. Ein- oder zweimal hatten wir eine Situation, in der Kritzel es als nötig ansah dazwischen zu gehen und sich den anderen Hund zu schnappen.

Paul kam ja als Neuling zu den Mädels, am Anfang konnten Keks und er sich nicht wirklich leiden und sie hatten ein paar Keilereien, Kritzel hat von Anfang an deutlich gemacht, wie weit er bei ihr gehen kann und da hat er nur ein paar Mal kurz aufgemuckt. Hier haben wir auch viel laufen lassen und wenn es sich hochgeschaukelt hat, hat ein Brüller und eine kurze Pause gereicht. Es sind halt immer noch Hunde/Tiere, die auf ihre eigene Art kommunizieren und solange es in einem gewissen Rahmen bleibt und man die Hunde kennt, dürfen meine das durchaus ausleben. Wie sonst sollen sie Kommunikation untereinander lernen?

Der Big Boss bin aber ich. 😜 Ich habe das letzte Wort, falls es nötig ist, lasse sie aber möglichst viel untereinander regeln.
 
Ihr seid also der Meinung, der gemeine Haushund würde zu seinen Artgenossen überhaupt keine Beziehungen mehr aufbauen und sich ausschließlich dem Menschen zuwenden?

Muss eine Beziehung gleich "Chef" sein?

Und ja, ich sehe ein Unterschied zwischen Haushunde und echtes Rudel.
 
Naja, man muß sich ja nicht an dem Wort "Chef" festhalten.

Aber in einer Beziehungvon Lebewesen, die zusammen leben, ist es nie völlig neutral. Schon weil jeder eine unterschiedliche Wesensart/Charakter hat. Es wird immer einen geben, der anderen Halt und Führung gibt, der beschützt, sich kümmert, eben auch Entscheidungen trifft. An dem sich die anderen orientieren, den sie respektieren.

Das ist ja nicht Schlechtes. Ein guter "Chef" ist kein Diktator.
 
Luke lebt zwar von Anfang an allein im Haushalt aber mit Jack war das ja schon recht eng auch. Ganz klar die ersten Jahre war Jack auch "Chef". Luke hat sich sehr sehr viel von ihm abgeschaut, gutes wie schlechtes, und sich viel an ihm orientiert. Außer was andere Hunde betraf.

Das war auch das erste wo Jack, der ja selber so seine Probleme mit anderen Hunden hatte, auch als erstes die Führung abgegeben hat. Im Kontakt mit anderen Hunden. Hautpsache er hatte dann seine Ruhe.

Irgendwann forderte Luke eindeutig mehr Rechte generell und da gabs dann 2-3x sehr deutliche, körperliche Auseinandersetzungen die ich auch trennen musste.
Das lief dann schon eine zeitlang etwas knirschend bis ich merkte jetzt will Jack die Verantwortung abgeben. Das war überdeutlich. Und Luke hat den Staffelstab auch sichtbar übernommen. Dann wurde Lukes Epi immer schlimmer und er konnte/wollte dies gar nicht mehr während Jack es auch nicht mehr zurück wollte da entstand dann ein deutlich sichtbares Vakuum zwischen ihnen beiden. Sie waren nie so weit auseinander persönlich wie als keiner von ihnen mehr "Chef" sein wollte.

Die Jahre davor fand immer dieser Austausch statt zwischen was will ich, was will er, wo sind die Grenzen usw.
Ohne aber das Jack oder später Luke sich gegenseitig den Chef haben raushängen lassen. Jeder hatte seine Bereiche die ihm wichtig waren und die den anderen nicht interessiert haben.

Jacks Steine fand Luke ziemlich öde
Lukes Bälle fand Jack öde
Im Wasser rennen fanden beide super aber weil Jack da viel trittsicherer und schneller war blieb Luke von sich aus abseits. An Land rennen wieder da war Luke schneller und wendiger da hat Jack eher zurück gesteckt. Jack fand Lukes Leckerchen geil. Luke fand Jacks Leckerchen geil 🤭 usw.

Bei gegenseitigen Betreuungen war es lustigerweise so das beide eine rein willkürliche Grenze gezogen haben die der andere nicht überschreiten durfte. Da gings um keinerlei Ressource als schlicht um einen zufälligen Platz (nicht mal um den bequemen Platz oder den Schlafplatz oder dem Platz neben Frauchen/Herrchen sondern völlig konfus irgendwo 🤔). Damit kamen aber auch beide super klar.

Vergleichbar hab ichs beobachtet bei Lukes Papa und seinem Halbbruder (ist das ein echtes Rudel weil Familienmitglieder?). Der eine mochte das eine, der andere was anderes und irgendwo dazwischen gabs eine Schnittgrenze die verlief zwischen "man hats größtenteils ignoriert und selten mal verbal auseinander gesetzt".

Ich könnte mir schon vorstellen das es Hundegruppen gibt wo es gar keinen Chef gibt. Wenn eben einfach keiner diese Rolle will. Entweder wirklich individuell Charakterabhängig (wäre aber schon bei 2 Hunden sehr großer Zufall) oder weil es aus welchen Gründen auch immer sehr strikt unterbunden wurde. In beiden Fällen schließ ich mich, außer in ganz krassen Ausnahmesituationen, der Meinung von @Hermelin an.
 



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