Ich glaube manchmal das es eine ganze Menge mit Ego zu tun hat. Sein wir doch ehrlich einen Hund mit diversen Baustellen zu nehmen und sich für diesen aufzuopfern bringt einem in jedem Forum mächtig Sternchen bzw. Bewunderung.
Der 0815 Hundehalter braucht in Erziehungsthemen doch gar nicht schreiben hat ja keine Ahnung, die hat nur der mit schwierigem Hund
Vielleicht sollte aber mal mehr auf diese Leute gehört werden denn sie haben ja ihren Hund zu einem fröhlichen entspannten Begleiter gemacht.
Ich finde das ja generell ein schwieriges aber auch spannendes Thema. Für jeden ist "schwierig" was völlig unterschiedliches. Für den einen ist ein Hund schwierig, wenn er ins Haus pinkelt oder auf Rufen nicht einfach so kommt, für den anderen ist er schwierig, wenn er an der Leine pöbelt und in Alltagssituationen eher unentspannt ist, und wieder für den nächsten reden wir erst dann von einem schierigen Hund, wenn er im Falle des Falles in schweres Beschädigungsbeißen geht. Ich kenne tatsächlich Menschen aus allen drei Kategorien und Vielem dazwischen
Was man als "schwierig" empfindet, hängt ja ganz massiv von der eigenen Toleranzgrenze und der eigenen Erfahrung ab. Was ich schon alles an vermeintlichen schweren Angsthunden kennengelernt habe, die alle maximal ein bisschen unsicher waren... Ich liebe es auch immer, wenn einem Hundebesitzer, deren Hunde sehr offensichtlich nur laut sind, Dinge von sich geben wie "der würde den anderen Hund TÖTEN". Da muss man sich dann auch immer an der Nase nehmen und sich sagen, dass die Leute nix dafür können und sich daran erinnern, dass es ja eigentlich gut ist, dass nicht jeder weiß wie ein richtig deprivierter und psychisch kaputter Hund so aussehen kann. Wo ich aber zustimme ist, dass es durchaus chic geworden ist, einen schwierigen Hund zu haben. Gar nicht so im Sinne von "ich bin der große Hundeheld", sondern vor allem auch im Sinne "ich bin so toll, weil ich mich der armen Seele annehme".
Als Vorbilder sehe ich übrigens nicht nur primär jene Leute, die einfach so aus einem Welpen vom Züchter einen netten Hund gemacht haben (ohne das herabwürdigen zu wollen - kann nämlich selbst bei einfachen Rassen auch nicht jeder, wie man *hust* derzeit an der KHC-Szene sieht), die Leute, die für mich wirklich was können, sind jene die aus einem anspruchsvollen Hund in einer halbwegs vernünftigen Zeit einen fröhlichen ausgeglichenen Hund (meinetwegen mit ein paar Einschränkungen) gemacht haben. Noch besser ist es, wenn die dann auch noch vorzeigen und erklären können, da krieg ich dann leuchtende Augen
Den Punkt mit den Gefühlen finde ich allerdings interessant. Vielleicht können mir diejenigen, die auch aversive Einwirkungen bewusst anwenden, diese Frage beantworten: Was genau empfindet ihr eigentlich in dem Moment, wo ihr euren Hund bewusst erschreckt, ihm weh tut oder ähnliches?
Das kann ich dir gerne sagen.
Als mein damals junges Pit-Mädchen in der wunderbaren adoleszenten Phase war, in der sie meinte meine Husky-Hündin massiv einschränken, kontrollieren und begrenzen zu müssen und auch mal Gelegenheiten wahrgenommen hat, um das mit Nachdruck und dem ein oder anderen Loch zu verdeutlichen, war ich nicht bereit an diesem Problem monate- oder jahrelang herzum zu trainieren. Es galt die Sache in einer vernünftigen Zeit so zu lösen, dass auch Cira sich im eigenen Zuhause wieder zuhause fühlen konnte oder ich hätte andere Lösungen finden müssen. Ich habe mich also sehr bewusst dazu entschieden, Loomie auf gezielt aversive Weise mitzuteilen, dass dieses Verhalten jenseits von akzeptabel liegt. Den tauben, reaktionsschnellen Hund rein für deeskalierendes Verhalten zu bestätigen (bzw. das Beste was da eben geht zu versuchen) hätte in meiner Einschätzung bei Weitem nicht ausgereicht. Das sah so aus, dass ich ebenso gut gemanaged habe, wie ich mir wichtige Angelegenheiten sonst auch manage und Loomie für jeden gesuchten Konflikt (und sei es ein schiefer Blick) nicht gerade sanft (aber auch nicht brutal) auf ihre "Strafbank" versetzt und dort angeleint wurde. Die Strafbank war ein Hundebett unter der Treppe, wo sie ein eingeschränktes Sichtfeld hat und einfach ein wenig fernab von allem ist. Über eine Zeit von 3 Wochen war Loomie nie auch nur eine Sekunde ohne Aufsicht mit Cira alleine, nach diesen 3 Wochen war der Erfolg durchschlagend genug, dass ich begann auch mal für kurze Zeiten aus dem Zimmer zu gehen. Nach weiteren 3 Wochen (also insg. 6 Wochen) war das Thema in den Grundzügen mal erledigt, Cira war wieder entspannt und konnte sich in Haus und Hof frei bewegen. Das war der Punkt an dem ich begann gezielt Beziehungsaufbau zwischen den beiden Mädels zu betreiben, also viel mit dem Pärchen gemeinsam zu unternehmen und sie möglichst viel positive Dinge gemeinsam machen zu lassen, während alle Konfliktherde (Begrüßungssituationen zB) weiterhin sauber gemanaged wurden. Heute leben die beiden zwar vielleicht nicht in inniger Freundschaft aber in Respekt und Eintracht miteinander. Es war also möglich in kurzer Zeit etwas zu lösen, wo die allgemeine Hundeweltenweisheit besagt "wenn zwei Hündinnen sich mal gebissen haben, kannst du die nur noch trennen". Und wir reden von zwei durchaus selbstbewussten Hündinnen keiner Pimperlrassen.
Um zu der Frage zu kommen, wie ich mich dabei gefühlt habe... ich gehöre nicht zu den Menschen, die denken, dass die Welt meiner Hunde immer ein rosaroter Ponyhof sein muss. Dennoch habe ich teilweise geheult, wenn ich Loomie wieder auf die Strafbank befördert habe. Ich wusste ich bin gerade so richtig unnett (und zwar nicht, weil ich sie dabei nicht mit Samthandschuhen angefasst habe, sondern weil sie eine massive Bewegungseinschränkung inkl. einer Ausgrenzung aus der sozialen Gruppe erfahren hat und das ist wesentlich aversiver als viele andere Dinge) und ja, ich habe es auch heulend durchgezogen. Weil es für mich die einzige realistische und in einem angemessenen Zeitraum umsetzbare Lösung für das Problem war, das nicht nur durch meine persönlichen Befindlichkeiten entstanden ist, sondern in der nicht mehr vorhandenen Lebensqualität meiner "Althündin". Die Alternative wäre gewesen Loomie abzugeben und nachdem es bei ihr sicherlich einige Zeit gedauert hätte, bis sich ein passender Mensch gefunden hätte, bis dahin die Hunde räumlich dauerhaft zu trennen. Und das hätte ich noch schlimmer gefunden und ich hätte es erst getan, wenn alle in meinen Augen vernünftigen Möglichkeiten (auch eben jener, die ich durchzog) ausgeschöpft gewesen wären.