Was ist aber mit Massenzuchten, abgestellt auf die Zahl der Züchter - Schäferhunde, Labrador, Golden Retriever?
Irgendwo kommt das Image des selbsterziehenden braven Familienhundes bei den Retrieverrassen doch her.
Hm, ich bin jetzt davon ausgegangen, dass wir von Züchtern sprechen, die zumindest das Ethos des VDH vertreten (ohne deshalb unbedingt im VDH sein zu müssen), also echtes Interesse an der Rasse haben, die sie züchten. Ich denke, die Beitragserstellerin bezog sich auf die Rasseinfos der Verbände bzw. einzelner Züchter. Da wird in der Regel durchaus ein differenzierter Überblick über das (vom Zuchtverband gewünschte) Wesen gegeben.
Das extrem positive Image der Retrieverrassen hat vermutlich mehrere Gründe. Zum einen sind sie optisch der Archetyp eines Hundes. Rundlich mit Schlappohren und einem freundlichen Gesichtsausdruck. Gerade Labradors wirken auch als erwachsene Hunde oft noch tapsig.
Zum anderen findet man seit etwa 20 Jahren die Retrieverrassen als bevorzugte Blindenführhunde und Behindertenbegleithunde (Beispiel: www.cci.org)
Dann ist da die Problematik mit dem Begriff "Familienhund". Züchter verstehen darunter in der Regel, dass der Hund Familienaschluss braucht (keine Zwingerhaltung!) und fähig ist, sich in ein Leben im Haus einzuordnen. Angemessener Auslauf und Beshäftigung vorausgesetzt.
Interessenten ohne Hundeerfahrung verstehen darunter eventuell, dass der Hund kaum eigene Bedürfnisse hat, eine so hohe Reizschwelle, dass das Kleinkind in seinem Futternapf schlafen kann und seine hohe Intelligenz nutzt, sich zu benehmen wie Lassie
In der Rassebeschreibung auf Wikipedia steht aber zum Beispiel:
"Unterforderte, in ihren Arbeitsanlagen nicht geförderte Hunde neigen dazu, unerwünschte Verhaltensweisen zu entwickeln. Deshalb ist es äußerst wichtig, eine über „normales Gassigehen“ hinausreichende Beschäftigung für Hund und Halter zu finden. Gut dazu geeignet sind die Fährtenarbeit, das Dummytraining, die Betätigung in einer Rettungshundestaffel oder einer Hundesportart, die etwas mit Nasenarbeit beziehungsweise Apportieren zu tun haben.
Beim Golden Retriever ist eine familiäre erblich bedingte Neigung zu aggressivem Verhalten beschrieben, die innerhalb der Rasse mit hoher Heritabilität vererbt wird."
Ob das so auf einer Züchterseite oder Verbandsseite so zu finden sein wird, ist natürlich fraglich und die genauere Definition von "Familienhund" ergibt sich evtl. auch erst im Gespräch mit dem Züchter. Dennoch haben dank Google Interessenten heutzutage ausgezeichnete Möglichkeiten, sich über verschiedene Aspekte der Hunderasse zu informieren, für die sie sich interessieren.
Aber, wie gesagt, wäre es natürlich schön, wenn ich auf der Website z.B. eines Retrieverzüchters gleich erkennen könnte, ob aus den niedlichen Fellknäulen durch bewusste Zuchtauswahl mit großer Wahrscheinlichkeit ein Workaholic, oder eher ein gemütlicher Typ werden wird.
Wobei man feststellen muss, dass nur ein Bruchteil der Retriever im VDH gezüchtet wird, so dass sich bei vielen ja nicht einmal eine Aussage zu HD machen lässt. Hab heute erst einen extrem bewegungshungrigen jungen Labrador aus liebevoller Hobbyzucht getroffen, der ein neues Hüftgelenk hat und für die Ellenbogen Goldakkupunktur bekommt. Mit seinem Bruder wird weiter gezüchtet. Tja, selbst wenn man sich informieren könnte, ohne Zwang durch Verbände ist es wohl große Glückssache, sich auf irgendwelche Rassebeschreibungen zu verlassen, weil Wesen und Gesundheit nicht über Generationen dokumentiert werden.
Von verantwortungsvollen Züchtern würde ich mir also zu genau diesen Punkten ausführliche, ehrliche, verlässliche Aussagen wünschen, so dass der "Kunde" an möglichst viele Infos leicht herankommt. Dass es keine Garantie geben kann, ist klar, aber zumindest eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Mensch und Hund gut zusammen passen.
LG,
Stadtmensch