Irgendwie scheint das Thema Bindung sehr missverständlich zu sein.
Es gibt die Bindung, die Beziehung, die Erziehung und die Ausbildung.
Eine Beziehung kann ein Hund zu verschiedenen Menschen haben, die Bindung ist sehr exklusiv und findet meistens nur mit einem Menschen statt.
Der Verhaltensbiologe Wickler hat Bindung so beschrieben:
"Bindung ist ein Bestreben nach Aufrechterhaltung der Nähe zu einem spezifischen Partner, der nicht von einem anderen der gleichen sozialen Kategorie ohne weiteres ersetzt werden kann."
Bindung ersetzt nicht das Lernen von Tricks und Kommandos, das stimmt. Aber es gibt viele natürliche Verhaltensweisen, die der Hund von sich aus anbietet. Dazu gehört auf jeden Fall das Herankommen, wenn man ihn ruft.
Wenn es so einfach wäre, mit Training einen tollen Begleiter zu bekommen, warum gibt es dann so viele Hunde, die nicht gehorchen?
Viele Hundehalter haben mehr als eine Hundeschule besucht und zusätzlich Einzelstunden genommen. Was läuft denn da falsch, wenn man einfach nur trainieren muss?
Bindung ist mir sehr wohl ein Begriff und ich weiß das zu definieren.
Ich habe mich sehr viel mit diesem Thema beschäftigt, aus beruflichen Gründen.
Ich zitiere mich nun erst mal selbst:
Ich finde, der grundlegende Aspekt ist, dass eine gute Bindung der Grundstein für ein erfolgreiches, schönes, spaßiges und nicht zu langwieriges Training - auf beiden Seiten - ist.
Ich habe nie abgestritten, dass eine gute Bindung nicht vorteilhaft ist. Das bestärke ich sogar. Und natürlich bietet der Hund viel an, wenn ein gute Bindung da ist. Aber trotzdem bleibt das Üben von Rückruf nicht aus.
Du übst es doch automatisch mit dem Hund, wenn du ihn rufst. Du sagst, du hast es nie trainiert. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du deinen Hund zu Beginn nie positiv bestärkt hast, wenn er auf dein Rufen kam. Das ist menschlich und macht man automatisch. Freude und Emotion genügen da oft schon.
Wenn es so einfach wäre, mit Training einen tollen Begleiter zu bekommen, warum gibt es dann so viele Hunde, die nicht gehorchen?
Viele Hundehalter haben mehr als eine Hundeschule besucht und zusätzlich Einzelstunden genommen. Was läuft denn da falsch, wenn man einfach nur trainieren muss?
Ich schrieb ja, wie ich mich auch oben selbst zitierte, dass eine gute Bindung das Training mit Sicherheit nicht langwierig macht.
Viele Hundeschulen legen Übungen bereits auf die Bindung aus. Anschließend wird dann am Problem gearbeitet (trainiert!).
Sprich -> Bindung stärken -> Trainieren. Oder glaubst du, dass man bei einem Problemhund eine gute Bindung aufbauen kann und die Problemchen verfliegen?
Warum ist das so?
Beispiel am Thema Rückruf
Hunde mit sicherer Bindung:
Hunde halten bei oder nach Belastung Nähe und Kontakt zum Halter. Wenn der Halter sich beim Gassi entfernt, zeigen sie oft zuerst kaum "Trauer" oder "Panik", weil sie ihm vertrauen, dass alles in Ordnung ist/geht.
An dieser Stelle kann man den Hund rufen. Entweder er vertraut so weit, dass es noch in Ordnung ist. Oder aber er kommt. Ein zuverlässiger Rückruf, der nicht trainiert wurde, besteht nicht.
Hunde mit vermeidend-unsicherer Bindung:
Halter und Bekannte/Fremde machen wenig Unterschied. Die Hunde wenden sich hin und wieder ab. Manchmal erkennt man ein Meideverhalten. Beim Gassigehen entspannen die Hunde nicht richtig und sie lassen den Halter gezielt nicht aus den Augen (Distanz individuell), weil Trennung als Belastung empfunden wird. Den Rückruf aufzubauen wäre angebracht. Noch mehr die Bindung zu stärken, damit der Hund auch sicherer wird.
Hunde mit ambivalent-unsicherer Bindnug:
Widerstrebung des Kontakt- und Interaktionsversuches von Halterseite und auch Hundeseite möglich. Für die Hunde ist der Halter nicht einschätzbar bzw. nicht berechenbar. Nicht vertrauenswürdig, weil er mal so mal so reagiert. Das erschwert das Training des Rückrufes und macht es "langwieriger".
Hunde mit desorganisierter Bindung:
Besonders beeinträchtigtes Bindungsverhalten. Der Hund findet keinen sicheren Hafen. Also wohin mit mir unterwegs, denkt sich der Hund. Das Rückruftraining ist besonders schwierig und von langer Dauer.
Erziehung ist streng genommen die Förderung und Entwicklung der Anlagen des Hundes, die Förderung seines Wesens, seiner sozialen Kompetenz im Umgang mit Menschen, Tieren und der Umwelt.
Die Ausbildung ist formales Lernen. Sie beginnt bei Erlernen von Tricks oder Kommandos wie "Sitz, Platz, Rolle" usw. und endet mit der Lösung von komplexen Aufgaben bei Arbeitshunden.
Ein Hund kann perfekt ausgebildet sein, aber kann sich in der Umwelt wie eine Wildsau benehmen.
Ein ausgebildeter Hund kann seine Aufgaben auch ohne eine Bindung zum Menschen erfüllen - wenn die Motivation hoch genug ist.
Bindung ersetzt nicht das Lernen von Tricks und Kommandos, das stimmt. Aber es gibt viele natürliche Verhaltensweisen, die der Hund von sich aus anbietet. Dazu gehört auf jeden Fall das Herankommen, wenn man ihn ruft.
Förderung des Wesens, formales Lernen -> Ja. Stimme ich dir zu. Ist der Rückruf nicht auch etwas formales? Erlentes dementsprechend? Wenn wir das von mir oben aufgeführte betrachten, schließt sich da der Kreis.
Der Hund bietet an zu kommen, ja. Je nach Bindung entsprechend. Aber den sicheren Rückruf beherrscht er, wenn er wirklich gelernt wurde.
Also - Bindung ist mir sehr wohl ein Begriff und ich kann deine Thesen vollkommen nachvollziehen. Jedoch sind sie nicht logisch zuende gedacht (für mich) und nicht schlüssig.
Just my 2 cent - Gehirn muss atmen