Das ist eine der geilsten Ausreden, die ich je gehört habe.
Ich habe jetzt seit 10 Jahren Hunde mit teilweise ordentlich Hütetrieb und wenn die keine Menschen von ihren Grundstücken lassen würden, hätte ich wahrscheinlich schon in die Pampa ziehen müssen.
Ich könnte jetzt erklären, wie man mit einem Hütehund umgehen muss (welche Beziehung miteinander am besten funktioniert).
Aber ich glaube fast gar nicht, dass die Dame einen Hütehund(Mix) hat, sondern dass da vielleicht Herdenschutzhund mit drin stecken könnte?
Es kommt zwar natürlich darauf an, was alles in Zoe drin steckt, aber wenn da keine große Fremdrasse bei war (Schäferhund, Dogge, Bernersennen,...), sind gute 62 cm für die meisten Hütehunde sehr groß und passt eher zu den von sich aus schon größeren Herdenschutzhunden.
Ich finde es schwierig, bei einem unbekannten Mix (wenn es denn einer ist) etwas hinein zu interpretieren.
Vor allem weil man hier Verhaltensweisen nicht sicher zuordnen kann und manche Menschen diese gern als Ausreden nutzen.
- der bellt weil.....
- der ist genau wie....
Dabei kann man es ja nicht genau sagen und dann wird sowas schnell fehl interpretiert.
Die Entschuldigung, dass Zoe ja so ist, weil sie nicht von Welpe an da war, ist genau sowas. Andere machen dann gern Züchter verantwortlich, manche Menschen von Tierschutzhunden suchen eben andere Gründe - Hauptsache, man findet keine Schuld bei sich.
Trotzdem möchte ich zu Hütehunden noch was sagen:
Hütehunde wurden dafür gezüchtet, mit dem Menschen gemeinschaftlich zusammenarbeiten. Sie tragen zwar auch teilweise etwas Eigenverantwortung, arbeiten aber hauptsächlich auf Anweisung. Deshalb besitzt ein Hütehund normalerweise große Aufmerksamkeit seinem Besitzer gegenüber, ist gewillt und braucht vor allem auch mal eine Aufgabe, nicht nur reine Spaziergänge.
Wenn man genau das nicht bietet, dann kann so ein Hütehund schnell anstrengend und nervig werden.
Das Wichtigste ist, dass kann ich aus meinen Erfahrungen mit meinen Perros und auch von Border Collie Besitzern sagen, dass man dem Hund Führung bietet und sozusagen ein Lebensbegleiter ist, der ihm Regeln bietet, an denen er sich orientieren kann (wie das bei anderen Hütehunden ist kann ich nicht sagen).
Es kann passieren, dass die beiden genannten Rassen nämlich schnell überfordert sind, wenn sie allles eigenständig regeln sollen, weil sie dafür so nicht gezüchtet wurden. Sie sollten eher eine, ich nenne es gern, Symbiose mit hrem Besitzer eingehen - Zusammenarbeit und Teamverhalten - ich hoffe das ist so verständlich ausgedrückt.
Steckt jetzt also wirklich ein Hütehund in Zoe, der auch genug seiner Gene in ihr zum Tragen bringt, dann müssten sich die Besitzer:
1. Interessant machen um ihr zu zeigen, dass sie gemeinsam spannendes erleben können
2. Ihr Regeln bieten und verdeutlichen, dass sie als Besitzer die Hauptverantwortung tragen und Zoe sich an ihnen orientieren kann
3. Ihr keine Unsicherheit zeigen, denn dann neigen Hütehunde dazu, selbst regeln zu wollen und das kann unschön werden - Zoe muss sich auf ihre Besitzer verlassen können (und ihr eben hier auch sicher zeigen, dass sie keine Fremden stellen darf, weil das eben nicht nötig ist, denn als Menschen haben sie solche Situationen im Griff und sie muss sich nicht kümmern)
Beispiel:
Hütehund fängt in der Pubertät an, fremde Wanderer anzubellen und ist unsicher. Zeigt man dem Hund nicht, dass er sich an seinem Menschen orientieren kann und dass Wanderer völlig uninteressant sind, so denkt ein Hütehund schnell, dass er eben melden muss (Timing ist hier unheimlich wichtig - sie verknüpfen in Sekunden und jede falsche Sekunde kann zu Fehlverknüpfungen führen). Ich habe z.B. von klein auf das Kommando "an die Seite" eingeführt und die Hunde warten lassen, bis die Passanten vorbei waren. In diesem Augenblick orientieren sie sich dann an mir und der Passant wird uninteressant und "ungefährlich". Trotzdem muss ich zugeben, dass auch mir, dank der Rudeldynamik, blödes passiert ist. Vater, Mutter, Tochter und Sohn waren zum Kennenlernen da. Beim Spazirgang blieben Vater und Sohn zurück. Wir warteten und als beide plötzlich um die Ecke bogen, machte Willow "wuff" (da kommt wer), Neo machte "waff" und ging einen Schritt vor, Smilla machte dann einen Satz (sie dachte wohl, Neo wollte losrennen) und dann setzte der nächste an und plötzlich stürmten sie los. Das alles innerhalb von Sekunden. In reiner Perromanier haben sie die Beiden dann auf Abstand bellend umkreist. DAS sollte natürlich nicht passieren, aber auch ich bin eben nicht unfehlbar. Immerhin konnte die Familie dann eben auch gleich sehen, was NICHT passieren sollte und woran man arbeiten muss - sie sind übigens sehr glücklich mit einem meiner D-chen.
Zurück zu den Fehlverknüpfungen:
Wenn pubertierender Hund jetzt Wanderer anblafft und der Besitzer ihm nicht das richtige Verhalten aufzeigt, dann kann der Hund unheimlich schnell (das ist der Nachteil an der Intelligenz) verknüpfen, dass der Besitzer in solchen Situationen unsicher/unfähig ist und seine Hilfe braucht, er als Hund das also regeln soll. Er handelt dann zunehmend eigenverantwortlicher und genau das kann ihn dann auf Dauer überfordern, weil er keine Anleitung bekommt. Dann wird aus einem Bellen vielleicht irgendwann ein "in die Richtung schnappen" oder "vor lauter Überforderumng und Verunsicherung nach vorn gehen".
Hütehunde können unheimlich tolle Familienhunde sein, wenn man ihnen ein guter Partner ist und Spaß an gemeinsamen Aktionen hat. Sie sind nichts für Menschen, die keine Lust auf Interaktion haben oder an einer Bindung arbeiten wollen. Die ist zwar normalerweise von Natur aus stark vorhanden, aber wenn man so gar nichts bietet, sucht sich der Hund irgendwas anderes und das sind meist Dinge, die nicht so toll sind. Wenn man es richtig anstellt, dann bekommt man aus einem Tierschutzhütehund auch einen tollen Begleiter, sofern er nicht zu viele unschöne Dinge erlebt hat (Perros z.B. haben ein Langzeitgedächtnis).
Herdenschutzhunde sind eine ganz andere Hausmarke. Sie arbeiten normalerweise in Eigenverantwortung und handeln unheimlich viel selbstständig. Da ist die Erziehung was ganz anderes. Wenn er was als unwichtig erachtet, dann macht er es nicht und stellt das dann auch durchaus in Frage. Als Besitzer muss man in der Lage zu sein ihn so zu erziehen, dass er eben gewisse Dinge als sinnvoll ansieht. Und das kann nicht jeder. Ich zumindest häte da wohl Probleme. Aber ich bin ein Mensch, der mit seinem Hund/seinen Hunden gern Spaß an Gemeinsamkeiten hat und bin für Hunde geeignet, die einfach gern mitarbeiten und nicht gleich jede Kleinigkeit hinterfragen (das machen sie zwar durchaus auch schon mal, aber eben nicht bei allem - ein Herdenschutzhund kann als Welpe schon die Übung "Sitz" sinnlos finden, ein Perro findet die Übung selbst toll, weil mit ihm interagiert wird und er ständig Lust auf Neues und zum Lernen hat).
Ich würde den Besitzern raten sich einen Trainer zu suchen, der Bindungsarbeit individuell auf Zoe abgestimmt anbieten kann. Denn ob da wirklich Hütehund, Herdenschutzhund oder einfach Erziehungsausreden eine Rolle spielen, ist ja nicht einfach gesagt.