Hunde kommen auch mit Hü und Hott prima klar. Sofern Hü von einem und Hott von nem anderen kommt.
Da spielt aber schon noch ein wenig mehr mit rein. Nicht jeder Hund hat die gleichen Fähigkeiten, solche Unterschiede zu kompensieren. Das hat viel mit der eigenen inneren Sicherheit des Hundes zu tun, und auch damit, ob es bei den jeweiligen Personen "schon immer" so war.
Wenn ich mir das jetzt aus Sicht des Hundes mal so durch den Kopf gehen lasse, finde ich sein Verhalten durchaus verständlich. Fangen wir von vorne an:
er war 12 Wochen alt und kam auch aus keinen schönen Verhältnissen
Das muss zwar nicht heißen, dass er schon früh Erfahrungen von Unsicherheit gemacht hat, könnte aber durchaus der Fall sein. Und so was prägt sich ein.
Dann kommt er zunächst in ein stabiles Zuhause. Es gibt zuverlässige Bezugspersonen und klare Spielregeln, er weiß woran er ist und kann sich darauf einstellen. Was wiederum das Konfliktpotential minimiert und auch ohne große Kompensationsfähigkeiten kein Problem darstellt. Zumindest, bis dann seine Welt auseinander bricht. Er kommt in ein neues Zuhause mit einer bekannten und einer neuen Bezugsperson. Dort gelten neue Regeln, auf die er sich einstellen soll. (Und darüber, wie die neu hinzugekommene Bezugsperson mit ihm umgegangen ist, war hier bisher nichts zu erfahren. Mag sein, dass das auch noch eine Rolle spielt.) Nebenher existiert aber das "alte" Leben weiter, nur dass dort eben eine der bisherigen Personen fehlt. Und wie die Stimmung jeweils unter den beiden nun getrennten Menschen ist, können wir auch nur raten; für den Hund ist es jedenfalls plakativ.
Damit aber nicht genug. Nun trennen sich auch die neuen Bezugspersonen wieder, offenbar mit durchaus schlechter Stimmung, das Leben ändert sich also erneut. Dazu ist zumindest laut Schilderung der ursprüngliche Halter nun emotional ebenfalls nicht mehr wirklich stabil, und somit auch kein großer Halt für den Hund. Während im ersten Zuhause die dort verbliebene Bezugsperson will, dass alles bitte schön so ruhig und strukturiert läuft wie immer.
Was bedeutet das nun für den Hund? Er lebt in einer Welt, die mehr als verwirrend ist, ohne dabei eine stabile Stütze zu haben. Ist er nun noch einer, der nicht sehr in sich selbst ruht, ist das extrem beunruhigend. Also tut er das, was jedes schlaue Lebewesen tun würde, nämlich sich um sich selbst zu kümmern und sich vorwiegend auf sich selbst zu verlassen. Du willst Sicherheit? Dann tu was dafür! Verteidige dein Futter, sieh zu dass deine körperliche Unversehrtheit gewährleistet ist (notfalls durch Präventivangriffe), und sieh generell zu, dass du sicherst was du zum Leben brauchst! So eine Reaktion sieht man selbst bei Kleinstkindern in vergleichbaren Lebenssituationen schon...
(Und so heftig das klingt, es ist immer noch gesünder als die Alternative einer erlernten Hilflosigkeit...)
Noch problematischer wird das ganze, wenn jetzt mit für den Hund wenig bis gar nicht verständlichen Sanktionen, zumindest aber Druck (und das sind die hier genannten Maßnahmen) reagiert wird. Das verunsichert nämlich noch mehr, und auch Dinge wie "runter vom Sofa" wo es vorher doch erlaubt war unterstreichen die Befürchtung: Du kannst dich auf nix mehr verlassen, sieh zu dass du kriegst und sicherst was du brauchst!!
Ich will jetzt auf die Entfernung und mit so wenig Grundinfos keinesfalls eine Empfehlung abgeben. Aber vielleicht bringt ein Blick durch die hier aufgezeigte Brille ja ein etwas verändertes Bild. Und vor allem die Einsicht, dass ein Hund in solch einer Lage zwar dringend Halt und Anleitung braucht, aber in einer sehr ruhigen, souveränen und vor allem wohlwollenden Art. Und nicht auf eine Art, die von ihm verlangt, sich bitte schön manierlich zu benehmen.