Frustbellen, Rangordnung, Erziehung

Was bedeutet denn für dich souveröne Führung? Genau nach dieser Definition suche ich. Für mich (als Laie und Anfönger) erschließt sich dieses noch nicht ganz. Wäre dankbar, für deine Einschätzung!

Souveräne Führung bedeutet, das Du selbst entspannt und sicher in verschiedenen Situationen bist. Und ggf. auch vorausschauend handelst.

Vor Jahren habe ich gelernt, der Mensch sollte bei der Führung eines Hundes agieren, nicht REagieren.

Bspw. Du weißt, Deine Hündin findet fremde Menschen gruslig. Wenn dann jemand auf Euch zu kommt, mußt Du handeln, bevor Dein Hund handelt.
Nimm sie hinter/neben Dich. Stehe vor ihr, verhindere, das Fremde ihr zu nahe kommen.
Oder nimm sie auf die abgewandte Seite und geh ruhig und zügig an den fremden Personen vorbei. Mit genügend Abstand, so das Deine Hündin auch mitkommen kann und sich nicht vor Schreck steif macht.
Deine Körperhaltung aufrecht, zielstrebig, einfach weiter. Da ist nichts Besonderes, man kann dort vorbei gehen.

Diverse Kommandos mögen hilfreich sein. Sind aber nicht zwingend nötig. Und ein Kommando hilft Dir und Deinem Hund nicht, wenn Du selbst aufgeregt, unsicher oder ängstlich bist.

Das ist nicht immer einfach, man muß an sich selbst arbeiten. Weil Hunde ein feines Gespür für unsere Anspannung und Stimmung haben.

Nur mal als Beispiel. Letztes Jahr ist mein Mann plötzlich schwer erkrankt. Und ich bin in ein schwarzes Loch gefallen, war traurig und depressiv.
Die Wirkung auf meine Hunde:
Rosie fiel in bereits überwundene ängstliche Verhaltensmuster zurück. Und Ali hat das Heft des Handelns an sich gerissen und fing an mich aktiv abzuschotten. Hunde, Menschen, der ging frontal drauf zu und wollte die vertreiben.Ich hab mich dann echt zusammen gerissen und alles lief wieder.
Anders Beispiel. Im Grunde ist Ali allen Menschen gegenüber freundlich. Solange ich freundlich oder zumindest neutral bin.
Sind mir Leute suspekt oder ich hab Angst (kommt vor, man trifft manchmal seltsame Typen), geht der Hund nach vorn, zeigt Präsenz und droht im Ernstfall.
 
Was bedeutet denn für dich souveröne Führung?

Das ist die persönliche Ausstrahlung, das Vertrauen in sich selbst, das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit.
Außerdem bedeutet es Gelassenheit, eine gewisse Unabhängigkeit, ein Vertrauen intuitiv das Richtige zu tun.

Da braucht man keine Kommandos und keine Grunderziehung beim Hund.
Du kannst ihn "sitz" machen lassen, aber auch einfach "bleib bei mir" sagen.
Entscheidend ist, dass du authentisch bist und Gelassenheit und Selbstsicherheit ausstrahlst.
Das "bleib bei mir" muss der Hund fühlen können.

Wenn ein Hund 3,5 Jahre Training braucht um sich entspannt verhalten zu können, dann hat in Wahrheit der Hundehalter so lange gebraucht um sich entspannt und gelassen verhalten zu können.
Kommandos und Training geben dem Hundehalter das Gefühl, seinen Hund beeinflussen und führen zu können.
Das kann man aber auch ohne jedes Kommando.
 
Wenn dann jemand auf Euch zu kommt, mußt Du handeln, bevor Dein Hund handelt.

Wow! Ich muss echt sagen, dass der Groschen jetzt bei mir gefallen ist! Ich bin in die total falsche Richtung gelaufen und hatte immer das Gefühl, ich muss sie machen lassen, da sie sonst zu doll von mir abhängt oder ich muss ihr möglichst viel Freiraum geben, da dass ja in ihrem vorherigen Leben Mangelware war. Dabei habe ich völlig übersehen, dass ich ihr null Orientierung geboten habe und sie wahrscheinlich weiter in ihre erlernten Muster gedrückt habe! Indem ich weit weg stehe, wenn Leute kommen, muss sie ja für sich reagieren, da ich nicht in der Situation bin und erst komme, wenn alles schon gelaufen ist und dann vor "Scham" über ihr Verhalten auch mit gesenktem Kopf komme und Entschuldigungen stottere...

Guck mal, ich finde diesen Erfahrungsbericht

Dieser Bericht beschreibt es sehr gut! Ich habe sie wahrscheinlich auch nie beschützt, da ich ja weiß, dass die Oma mit Gehhilfe keinerlei Bedrohung für sie darstellt, allerdings sieht das meine Hündin ja anders. Ich muss lernen ihre Ängste für Wichtig zu nehmen und sie eben auch vor "Oma mit Krückstock" beschützen.

Ihr seid toll! Vielen Dank!!!
 
Wenn ein Hund 3,5 Jahre Training braucht um sich entspannt verhalten zu können, dann hat in Wahrheit der Hundehalter so lange gebraucht um sich entspannt und gelassen verhalten zu können.
Nach nun 3,5 Jahren reicht es in der Regel aus, Caro zu beobachten.
Nur zu Info: Ich habe meinen Hund nicht 3,5 Jahre trainiert. Sie ist seit 3,5 Jahren an meiner Seite. Caro lief nach einen Monat (also nach der Läufigkeit) ohne Leine. Es gab aber noch viele Dinge, die sie verängstigt haben. Sei es ein Kinderwagen oder das Glocken des Kirchturms. Und da habe ich zu Anfang die Situation auf mich gelenkt. Ich habe weder Angst vor Kinderwägen, noch vor Kirchturmglocken, was Caro Sicherheit gab und Kinderwagen kein Problem mehr darstellen.
Wo früher jeder Grashalm und jeder Busch gefährlich war und ich ihn ihr ausgiebig zeigen musste, sind nur noch selten Mal Gräser oder Büsche unheimlich. Wenn ein Mensch entgegen kommt, ist dies in der Regel kein Problem für Caro. Wenn es ein Problem ist, dann sehe ich dies vorher und ein "Alles gut" reicht ihr, um sich zu entspannen.
 
@Mestchen du hast geschrieben:

Dadurch, dass ich sie in einen gewissen Grundgehorsam gebracht habe, konnten wir Reize gemeinsam gut überstehen. In Prinzip habe ich nichts anderes gemacht, als ein Alternativverhalten aufgebaut.

Das finde ich ein wenig irreführend ausgedrückt.
Caro hat wahrscheinlich in der Vergangenheit rein gar nichts kennengelernt und darum war alles für sie purer Stress.
Du hast mit dem Futter erreicht, dass ihr Muster "draußen ist alles komisch und gefährlich" relativiert wurde und sie verstanden hat "draußen gibt es leckere Sachen".

Trotzdem musste Caro erstmal Grashalme, Büsche, Glockenläuten, Fahrräder, fremde Menschen usw. kennenlernen und als ungefährlich abspeichern.
Der Grundgehorsam hat ihr dabei nicht geholfen, sondern dir das Gefühl gegeben, dass du Einfluss nehmen kannst und dich nicht hilflos mit Caros Verhalten fühlst.

Ich habe weder Angst vor Kinderwägen, noch vor Kirchturmglocken, was Caro Sicherheit gab

Natürlich nicht. Aber Caros Verhalten hat dich am Anfang verunsichert.
Man kann dem Hund nicht vermitteln, Kirchturmglocken sind ungefährlich, wenn man Angst hat, der Hund wird panisch beim Läuten.
 
Aber Caros Verhalten hat dich am Anfang verunsichert.
Man kann dem Hund nicht vermitteln, Kirchturmglocken sind ungefährlich, wenn man Angst hat, der Hund wird panisch beim Läuten.
So in etwa war es bei Paco, allerdings nicht bei Kinderwagen oder Kirchenglocken sondern bei anderen Hunden. Er hat ganz ruhig irgendwo geschnüffelt und ich hab weit weg einen Hund gesehen. Mein erster Gedanke war dann: scheisse, hoffentlich kommen die nicht in unsere Nähe. Ich hab ihn dann schnell, sicher auch hektisch angeleint und da wusste er: irgendwo ist ein "Feind" in der Nähe. Sofort ging er in Angriffshaltung und war nicht mehr ansprechbar. Erst nachdem ich das gerafft hab und ruhig wurde, keinem Hundekontakt mehr ausgewichen bin wurde auch Paco ruhig. Es hat gar nicht lange gedauert, da waren Begegnungen kein Problem mehr. Er fand andere Hunde immer überflüssig, ist aber ruhig an ihnen vorbei gegangen. Nur, weil ich meine Haltung geändert hab.
 
Mein Hund ist in manchen Situationen auch unsicher...ich versuche dann einen großen Abstand zwischen dem Unsicherheitsfaktor und uns zu bringen. Klappt hervorragend :D
 
Mein Hund ist in manchen Situationen auch unsicher...ich versuche dann einen großen Abstand zwischen dem Unsicherheitsfaktor und uns zu bringen. Klappt hervorragend :D
Wovor hat Limbo denn Angst? Je nach Situation würde ich ihn zeigen, dass der Reiz gar nicht so schlimm ist. Caro hatte wie bereits erwähnt Probleme mit Kinderwagen. Hier wird der Kinderwagen aber selten für Kinder, sondern als Einkaufstransport genutzt. So habe ich die Menschen zum Beispiel gefragt, ob mein Hund sich den Wagen ansehen darf. Bei einer Freundin reißt* Caro unten auf der Ablage zum Beispiel gerne mit. :D
So mache ich es auch, wenn ein Rollator oder Gehstock unheimlich ist. Besonders ältere Menschen freuen sich dann auf das Gespräch und Mopsknuddeln gibt es dann halt auch kostenlos dazu ;)
Wenn der Müll unheimlich ist, gehen wir hin und gucken uns das an. Ohne Zwang, ganz gelassen. Ich sehe halt zu, dass die Leine locker bleibt - wenn eine dran ist.

Mit Kiara brauche ich mehr Geduld. Vor zwei Jahren fand sie Pömpel im Wasser total unheimlich. Sie hat weite Kreise drum herum gedreht, traute sich Stück für Stück näher und hat dann festgestellt, dass es harmlos ist. Der Unterschied zu Caro ist, dass Kiara sich wirklich extrem selten aus der Ruhe holen lässt und solche Situationen extrem selten vorkommen, während Caro wöchentlich was gezeigt bekommen muss.
Wenn es die Situation zulässt, nehme ich die Zeit und zeige meinen Hund, dass es keinen Grund gibt, etwas unheimlich zu finden.

*von Reisen. Sie fährt also unten mit
 



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