Das kommt wirklich ganz extrem auf den Hund an. Ich hatte ja den krassen Wechsel von Hunden, die mehr oder weniger alles mitgemacht haben, auf einen, bei dem es mehr einem Drahtseilakt gleicht. Dabei ist Sandor mit Sicherheit eine absolute Ausnahme, bei ihm bekomme ich schon für kleine Fehler postwendend eine deutliche Quittung. Spielraum gibt es da also keinen. Aber wie gesagt, das ist nix was auch nur annähernd dem Normalfall entspricht. Von daher spreche ich jetzt mal mehr darüber, wie ich das früher immer gehalten habe:
Der wichtige Teil ist das, was im täglichen Leben passiert, hier sollte in der Summe das Maß stimmen. Passt das, dann kann ein Hund es auch gut verkraften, wenn Mensch mal krank ist und eine Woche kaum was passiert. Oder man im Urlaub jede Menge Touren und Aktivitäten macht.
Wie viel Bedarf hier welcher Hund hat, das muss man ein Stück weit rausfinden. Bei Spaziergängen ist es immer ein guter Anhaltspunkt, wie der Hund reagiert wenn man heimkommt. Ein kleines "Auslaufen", mal gucken ob noch alles passt, das ist völlig ok. Rast der Hund aber nach dem Spaziergang noch länger wie angestochen rum, oder fällt er praktisch auf der Stelle um und schläft, dann sollte man näher hinschauen. Wobei das Rumrennen nicht notwendigerweise auf zu wenig Beschäftigung hindeutet; es kann auch bedeuten, dass er total überfordert und überdreht ist wie ein Kind nach dem Kindergeburtstag... Und ein Hund, der sofort umfällt, kann auch durch zu wenig Beschäftigung regelrecht depressiv sein. Wie gesagt, da hilft dann nur genau hinschauen. Auf jeden Fall wäre da ein Extremverhalten für mich immer ein Alarmzeichen.
In Bezug auf Training und geistige Beschäftigung sind die Ansprüche ebenfalls sehr unterschiedlich. Da ist meine Faustregel: Ich höre immer auf, bevor eine Erschöpfung eintritt. Zeigt mein Hund erste Zeichen von Unkonzentriertheit oder Motivationsverlust, dann hau ich mir schon kräftig vor den Kopf weil ich zu lange gemacht habe. Ein gutes Training ist effizient, kernig und - kurz. Da ist es mir wichtiger, das vorher gut zu durchdenken, und dann mit viel Spaß und Genauigkeit durchzuziehen: Qualität vor Quantität.
Einen guten Ansatz finde ich insgesamt, bei Unsicherheit eine Liste zu erstellen in der Art, wie sie das EMRATM-System benutzt. Also mit einer Skala, und den Punkten welche Verhaltensweisen der Hund in welchem Umfang wohl braucht. Und zwar einmal basierend auf der Rasse allgemein, und dann in "Stellschraube" für den jeweiligen Hund. Dadurch kann man auch ganz gut sichtbar machen, wie man für den jeweiligen Hund beispielsweise Spaziergänge passend gestalten kann. (Ist der Hund beispielsweise eher ein Sprinter oder ein Ausdauerläufer? Braucht er viele Kontakte oder eher Ruhe? Liegen ihm Renn-, Such-, Buddel-, Denk- oder andere Spiele? Und vieles mehr...)