Erlernen sozialer Fähigkeiten - wie viel Hundekontakte braucht ein Welpe?

Ich habe diese Strategien der Streßbewätigung jetzt eher im Hinblick auf das Verhalten außerhalb der engen Familie betrachtet.
Wenn einer meiner "fight-Hunde" draußen Streß hatte, mit anderen Hunden, Menschen oder auch mit einem rumpelnden Rollladen, waren die eben eher auf Krawall gebürstet.

Innerhalb der Familie aber nicht. Es gab nie eine Situation, die für die Hunde derart stressig gewesen wäre, dass sie "fight" auch da angewendet hätten. Noch nicht mal, als meine Hündinnen sich übel gebissen haben und ich dazwischen gegangen bin.
 
Balou kennt nur die beiden Varianten fiddle oder fight. Wobei fiddle seine Taktik bei Rüden in seiner Größe ist (bei einem Hund mit 30 cm SH sind das nicht viele) und bei allen anderen Rüden fight.
Mir als Hundehalterin ist fiddle lieber aber für ihn ist das keine gute Strategie. Fight aber auch nicht, da er aufgrund seiner Größe nicht ernst genommen wird und ich mir ehrlich gesagt Sorgen mache weil er so klein ist, dass das ein größerer Rüde mal richtig unverschämt findet, dass sich der Kleine so aufregt.

Balou hat allgemein ein dünnes Nervenkostüm und ich passe auf, dass er sich nicht hochpusht bzw. helfe ihm wenn er doch mal "drüber" ist.
 
Mir als Hundehalterin ist fiddle lieber aber für ihn ist das keine gute Strategie.

Das finde ich dabei einen ganz wichtigen Kernsatz. Gerade eben beim Spaziergang habe ich wieder daran denken müssen, als ich gesehen habe wie ein verzweifelt fiddelnder Hund so richtig herumgekugelt wurde, während die Halter glücklich lächelnd daneben standen. Dabei fiel mir wieder ein, dass das auch der einzige Punkt ist, bei dem ich mit den Büchern "ich halte dich" nicht konform gehe: Klar bin ich enorm bestrebt, meinen Hund aus der Fight-Schiene rauszuholen. Dabei ist mein Schwerpunkt zwar eher, erst mal den Aufregungslevel generell runter zu holen; aber als Alternativstrategie würde ich fiddel hier bei uns selbst dann nicht unbedingt favorisieren, wenn es der Krümel mehr im Repertoire hätte.

Denn da kommt der Umweltfaktor zum Tragen: Ein fiddle-Hund hat sich zumindest hier in der Gegend quasi das Fadenkreuz auf die Stirn gemalt. Die wenigsten Hunde sind wirklich sozial kompetent, dafür aber viele sehr aufgeregt und distanzlos. Da ist ein Fiddle für die Hunde schon eine super Einladung, mal draufzu zu stürzen. Und die Halter fördern das noch. Selbst wenn der Halter des herumkaspernden Hundes das nicht möchte, da gibt es keine Chance. Ich denke gerade an eine Hundehalterin aus meinem Bekanntenkreis, die sich inzwischen auch nicht mehr anders zu helfen weiß als ihren zum Glück kleinen Hund regelmäßig hoch zu nehmen und die folgenden Diskussionen auszuhalten. Ihr Hund reagiert auf diese Fiddlesituationen nämlich jedes mal mit anschließendem kräftigem Durchfall. Das sehen die anderen Hundehalter aber nicht, folglich wird die Forderung nach etwas Abstand nahezu immer schlicht ignoriert, und kommentiert mit "der freut sich doch so, der muss doch auch mal spielen dürfen!". Meine Bekannte tut mir da echt leid, die geht oft regelrecht auf dem Zahnfleisch.

Von daher sehe ich das nicht so wertend. Klar finde ich es doof, wenn mein Terrortier sofort auf fight eskaliert. Aber das Kernproblem dabei ist "eskaliert". Und von den anderen Strategien habe ich zuerst ein freeze rausgekitzelt, weil Sandor das mehr angeboten hat; aber auch das hilft im Alltag nur bedingt, nicht ganz so schlimm wie fiddle, aber auch beim freeze sind viele der Ansicht, "der wartet weil er spielen will!". *seufz* Also ist meine favorisierte Strategie, an der wir arbeiten, eher eine Form von flight: Ausweichen, weggehen.

Für mich steht aber fest: Die Strategien haben alle ihre Berechtigung, und alle ihre Schwachstellen. Und nur, weil Fiddle für die Umwelt am angenehmsten ist, ist es noch lange nicht immer das beste für den jeweiligen Hund. Deshalb sehe ich das da deutlich differenzierter.
 
Jaaaein... grundsätzlich finde ich es wichtig zu sehen, dass ein Hund, der fiddlet, Stress hat und etwas dagegen zu tun. Ich finde es aber wesentlich sozial angemessener auf stressige Situationen mal mit Gefiddle zu reagieren, als mit fight. Das sehe ich übrigens auch beim Menschen so. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen, wenn sie im realen Leben direkt konfrontiert werden, mal deeskalierend lächeln und versuchen die Situation auf diese Weise positiv aufzulösen. Und mir ist ein Hund, der das tut wesentlich lieber, als einer, der sich drauf haut.
Noch ein jaaaain ... ;)
Ein Hund (oder Mensch) der nur eine Strategie zur Konfliktbewältigung hat, hat immer ein Problem. Egal ob diese einzige Strategie Fight, Flight, Fiddle oder Freeze heißt. Es ist normal, dass ein Hund (oder Mensch) eine Lieblingsstrategie hat, aber wer nur die kennt, wird ganz oft nicht angemessen reagieren können.

Meine Motte war nicht mit mit allzu viel Werkzeugen in Sachen Konfliktlösung ausgestattet. Aber zumindest die Grundlagen der vier Strategien konnte sie situationsgerecht verwenden bzw. im Falle von Nicht-Erfolg einer Strategie auf eine andere wechseln.
 
Bei Lucky kann ich seine Vorgehensweise immer sehr gut erkennen, wenn er nicht wirklich Kontakt möchte. Zuerst sieht er zu, dass er wegkommt, geht das nicht, bleibt er stehen, friert sozusagen ein. Wenn das nicht hilft, gibt es Warnknurren und zum Schluss, wenn alles Andere nichts bringt, gibt es einen "Schnauzengriff"- das haben bisher alle Hunde verstanden.

Edit: Das Fiddeln hab ich bei ihm auch schon erleben dürfen, dass hat er dann tatsächlich mir zuliebe gemacht, weil ich in dem Moment mit dem anderen HH quatschte. Er machte sozusagen gute Mine und wollte aber eigentlich weiter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch ein jaaaain ... ;)
Ein Hund (oder Mensch) der nur eine Strategie zur Konfliktbewältigung hat, hat immer ein Problem. Egal ob diese einzige Strategie Fight, Flight, Fiddle oder Freeze heißt. Es ist normal, dass ein Hund (oder Mensch) eine Lieblingsstrategie hat, aber wer nur die kennt, wird ganz oft nicht angemessen reagieren können.

Da bin ich voll bei dir ;)
 
Luke jung tendierte absteigend von fight über freeze zu fiddle (wusste auch nicht das man das so nennt). Vorausgesetzt sein gegenüber lies ihm keine Wahl. Wobei man dazu sagen muss das Luke, aus deeskalierenden Gründen, beim freeze seinen gegenüber "gespiegelt" hat. Ein Hund der erstmal eingefroren ist, da bleib auch Luke erstmal stehen und wartete bis der gegenüber sich der Situation stellen wollte.

Fight beginnend mit feinsten Abstufungen in Körpersprache, steigernd mit akustischen Mitteln bislang noch nie notwendig weiter zu gehen.

Jetzt im Alter eher freeze zu fight in den Abstufen längst nicht mehr so fein wie eh.


Was ich zur Eingangsfrage noch sagen wollte. Ich denke die Menge an Hundekontakt die ein Welpe braucht sollte sich an der Menge an Hundekontakten richten die der Hund später auch haben wird.

Ein Hund der selten bis nie andere Hunde trifft braucht als Welpe auch weniger Hundekontakt als ein Hund für den Hundekontakte zum tagtäglichen Alltag gehört.
 
Mal zur Ausgangsfrage, Lucky war in keiner Welpengruppe. Und wahnsinnig viele Hundekontakte hatte er auch nicht. Trotzdem finde ich, dass er sehr gut kommuniziert mit anderen Hunden.
 
Wenn es mehr aktive Abwehrer gäbe, gäbe es vielleicht auch weniger Reinbretterer.
Grundsätzlich bin ich da bei Dir-ein Hund brettert immer wieder rein,weil er es kann-Hundebesitzer lassen ihre Hunde immer wieder reinbrettern,weil sie sehen dass sie es können(wenn in beiden Fällen nie Konsequenzen folgen).
In sofern wäre es wirklich gut,wenn es mehr Hunde gäbe,die aktiv abwehren,wenn ein Hund in sie reinbrettert.
Allerdings tue ich mich in sofern ein bisschen schwer,in wie weit diese Abwehr gehen darf.
Wenn ein Hund es wie Milan händelt,ist das für mich völlig legitim und spricht für ein sehr gesundes Sozialverhalten.
Was aber,wenn das abwehren soweit geht,dass der reinbretternde Hund ernsthaft zu Schaden kommt?
Ich fürchte,dann würde das ganze nach hinten losgehen.
Zwar würden Hund und Halter (die reinbrettern,bzw.reinbrettern lassen)höchstwahrscheinlich daraus lernen-aber es könnte auch ernsthafte Konsequenzen für den "Abwehrer"und dessen Halter haben.
 
Ich hab mal nachgedacht, wie ich Aslan in solchen Situationen kennengelernt hab. Der erstarrt, schaut weg, wie ich will dir nix, lass mich in Ruhe. Wenn das nicht ankommt, bellt er kurz, wenn das immer noch nicht ankommt, bellt er länger und eindrucksvoller, das macht normalerweise genügend Eindruck, die HH bekommen tatsächlich Angst, wenn es ein Hund dann immer noch nicht kapiert hat, dann sackt er auch mal zu. Er hat noch keinen Hund ernsthaft verletzt- im Normalfall greife ich noch vor dem eindrucksvollen Bellen ein, weil ich da Spundus hab vor einer Anzeige rassebedingt. Wenn Aslan die Möglichkeit hat auszuweichen, nutzt er das auch, wenn er keinen Kontakt will.
 



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