Aversivstimuli, und dazu gehören unter anderem die Wasserpistole, sollten nur und ausschließlich dann zum Einsatz kommen, wenn ein ritualisiertes Verhalten, oder aber ein situativ wirklich brangefährliches Verhalten sofort abgebrochen werden muss. Meideverhalten, wie es aversive Hilfsmittel auslösen, erfüllt jedoch keinen Zweck, wenn der Hund zum Beispiel in der jeweiligen Situation unsicher oder ängstlich ist. Bevor man also beschließt, den Hund zunächst einem Schreckreiz auszusetzen, um danach (und das ist übrigens sehr wichtig!) ein Alternativverhalten anzutrainieren, muss man herausfinden, welche Motivation ein hund hat, das unerwünschte Verhalten zu zeigen.
Mein Rüde war auch ein extremer und auch sehr gefährlicher Leinenpöbler, der sich nicht nur in die Leine geschmissen und geknurrt und gebellt hat, sondern auch zubiss, wenn er einen Hund erwischte. Es ließ sich durch absolut nichts mehr ablenken, die Schotten waren vollkommen dicht. Ich habe genau drei Mal mit einer Wasserflasche gearbeitet, bis er das Verhalten aus Unsicherheit unterlassen hat, danach habe ich sofort ein Alternativverhalten (in diesem Fall über das Anbieten von Spielzeug) antrainiert und begann nach einiger Zeit mit einer resozialisation und Reintegration in eine funktionierende Hundegruppe. Das ganze hat insgesamt zwei Jahre gedauert.
Du sollstest deinen Hund sehr gut beobachten und herausfinden, warum er so massiv bellt. Ich könnte mir vorstellen, dass es reine Angeberei ist. Meiner Erfahrung nach können Hunde ihre Körpergröße überhaupt nicht einschätzen. Kleine Hunde, die große anbellen, sind mitnichten "mutig" oder so, sie wissen nicht, dass sie selbst klein sind und andere Hund so groß, dass sie sie zum Frühstück verputzen könnten. Allerdings wissen die Besitzer kleiner Hunde sehr genau, dass ihr Hund klein ist und oft kommt es dann zu seeeehr komischem Verhalten seitens der Menschen, was das Pöbeln eines ohnehin schon kläffenden Kleinhundes an der Leine unbewusst verstärkt (zum Beispiel verkrampfen viele Kleinhundebesitzer, haben Angst um ihre Hunde und zeigen diese auch, werden nervös, plappern auf sie ein oder nehmen sie auf den Arm und so weiter. Was aber nicht heißen soll, dass du all das gemacht hast).
Wenn dein Hund keine Probleme mit Hunden hat, sobald er Kontakt aufnehmen kann, davor aber rumbellt wie blöde, ist es auch gut möglich, dass er sich selbst für sein Verhalten immer wieder belohnt - Kläffen = Sozialkontakt.
Zum Thema Leinenpöbelei gibt es ein sehr gutes Buch von Patricia B. McConnel, es heißt
"Alter Angeber!"
Ich persönlich würde deinem Hund erst dann Sozialkontakt, als seine "Belohnung" gewähren, wenn er davor ruhig geblieben ist und sich an dir orientiert hat (und es dem anderen Hundebesitzer auch recht ist), bzw auf ein Zeichen von dir wartet, dass er Kontakt aufnehmen darf. Das heißt, dass man ihn zunächst aus der Situation des Bellens herausbringen muss, es aber am besten gar nicht erst soweit kommen lässt. Dabei helfen kann unter anderem das "Zeigen und Benennen", wie es oft beim Clickertraining praktiziert wird.
Der Hund sollte sich schon auf dich konzentrieren, noch bevor er überhaupt die Gelegenheit hat, herumzubellen (trainiere hierbei ein Kommando an, zum Beispiel "schau" oder so). Manchmal hilft es, den Hund absitzen zu lassen, zu belohnen, wenn er ruhig bleibt und zu korrigieren, wenn er bellt (mit Abbruchsignal, es darf ruhig auch eine körperliche Berührung sein, denn meist rennen Hunde ja dann gleich los, wenn sie bellen. Also zurückholen, "zurückschieben/drängen" und wieder absitzen lassen). Schön wäre, wenn du das mit Hundebesitzer üben könntest und auch sie ihre Hunde absitzen lassen und nicht einfach weitergehen, denn dann könnte sich bei deinem Hund durch das Ausbleiben des Sozialkontakts Frust aufbauen. Am Anfang reicht es, wenn dein Hund ein paar Sekunden sitzt und ruhig bleibt, etwa fünf bis zehn Sekunden nicht bellt. Dann sollte sofort die Belohnung durch Sozialkontakt erfolgen.
So trainiert er auch seine Impulskontrolle und lernt, Situationen "auszuhalten". Wenn er das gut kann, sollte man mit dem Kommando ("schau") weiter üben, damit ihr auch an Hunden vorbeigehen könnt, ohne dass Sozialkontakt erfolgt. Man sollte das ein paar Mal am Tag üben und am besten darauf achten, dass der Hund beim Training in einem Zustand ist, in dem bereits grundlegende Bedürfnisse erfüllt wurden. Das heißt, bevor du beginnst, mit ihm zu üben, achte darauf, dass er sich lösen konnte, dass er vorher am Tag bereits eine große Runde Gassi gegangen ist und sich austoben konnte, am besten mit anderen Hunden, damit sein Bedürfnis nach Sozialkontakt ebenfalls zumindest etwas gestillt ist.
Versuche, Gassi und Training am Anfang etwas klarer voneinander abzugrenzen, damit die Konditionierung langsam erfolgt und schließlich komplett in den Alltag integriert werden kann. Vielleicht findest du andere Hundebesitzer, die dir etwas helfen würden, das würde dir das Training nämlich enorm erleichtern.