Hund nach mehrmaligen Rufen belohnen oder nicht?

Sie schaut mich an, hat also registriert, dass sie kommen soll und kommt dann ruhig zu mir, ab und an mit einem kleinen Halt, weil etwas gut riecht oder in einem Bogen, weil sie noch an einer anderen Stelle vorbeischauen muss.
Ich habe die Situation ja logischerweise nicht selbst gesehen, kenne nur Deine Beschreibung hier. Mir kam aber sofort der Gedanke, dass sich das auch nach Beschwichtigungsverhalten anhören könnte. Aber wie gesagt: man müsste es sehen.
Startete sie durch, konnte man sich jedes weitere reguläre Rufen sparen, denn dann war der Schalter umgelegt.
Passgenau in diesem Moment gab es von mir dann ein deutliches, böses und lautes Donnerwetter.
In etwas mehr als der Hälfte der Fälle drehte sie daraufhin tatsächlich um und ich leinte sie wortlos an.
Ich glaube, ich hätte sie in der Situation gelobt, evtl. sogar überschwänglich. Klar, Du musstest ein zweites Mal rufen, diesmal mit Gemecker und Gezeter. ABER: sie hat etwas für sie extrem Interessantes abgebrochen und sich für Dich entschieden!! Gemecker hin oder her. Ist doch toll?!!
 
Ich habe die Situation ja logischerweise nicht selbst gesehen, kenne nur Deine Beschreibung hier. Mir kam aber sofort der Gedanke, dass sich das auch nach Beschwichtigungsverhalten anhören könnte. Aber wie gesagt: man müsste es sehen.

Bei "normalen" Hunden ja.
Bei Kira nicht. Sie ist nicht der Typ Hund, der mit fliegenden Fahnen kommt.
Sie entscheidet das selbst und kommt dann auch in dem Tempo, das sie für richtig hält.
Wie du sagst, man muss Kira erleben, um das zu verstehen.
Es ist anstrengend und faszinierend. 😉

Ich glaube, ich hätte sie in der Situation gelobt, evtl. sogar überschwänglich. Klar, Du musstest ein zweites Mal rufen, diesmal mit Gemecker und Gezeter. ABER: sie hat etwas für sie extrem Interessantes abgebrochen und sich für Dich entschieden!! Gemecker hin oder her. Ist doch toll?!!

Toll wäre gewesen gar nicht erst durchzustarten.
Langsam kommen, einen Bogen laufen, das alles ist bei Kira super und wird entsprechend "belohnt".
Beim Durchstarten hat sie sich gegen mich entschieden, das weiß ich und das weiß sie.
Sie hat es zwar durchs Zurückkommen etwas verbessert, Grund zum Loben ist das nicht, das würde nicht mal Kira verstehen.

Wie gesagt, sie ist anders.
In den ersten Jahren habe ich immer wieder mal Trainer bemüht, hauptsächlich zum Einzeltraining zu Hause.
War immer dasselbe, ich habe im Vorfeld erklärt, dass sie anders tickt und sehr selbständig ist.
Alle haben es auf die "gängige Art" versucht, keiner ist auch nur annähernd erfolgreich gewesen, mit einer Ausnahme, beim Training unseren Kater zu akzeptieren.

Keiner der Trainer hat es beispielsweise geschafft, Kira ein Kommando beizubringen.
Kein Sitz und Platz schon gar nicht, Kommando Decke war jedes Mal völlig utopisch.
Es funktionierte nicht, weil sie es auf die gängige Art und Weise versucht haben, wie ich vorher auch.

Erst als ich Trainer abhakte und anfing, alle Erwartungen abzuschreiben, begann, meinen Hund zu beobachten und rauszufinden wie sie tickt, da klappte es auf einmal.
Etwa ein Jahr später beherrschte Kira sämtliche Kommandos, allerdings nicht, um dafür ein Leckerchen abzustauben.

Ein Beispiel. Wir gehen einen Waldweg bergauf, auf diesem Weg gibt es viel Unterholz, viele Spuren und Wildwechsel.
Je nach Verhalten war Kira (mit Risiko) dort ableinbar oder auch nicht.
In der Anfangszeit ist sie immer wieder auf diesem Weg abgehauen, ist teilweise selbständig heimgelaufen (unser Garten grenzt an diesen Wald).

Irgendwann mal lief sie vorbildlich und ich leinte ab. Auf diesem Weg übte ich dann auch Kommandos mit ihr, als Belohnung gab es mal ein Suchspiel, mal sind wir zusammen gelaufen oder haben "hündisch" getobt, die einzige Art von Spielen, die Kira gern macht.

Wenn man nun diesen Weg oben angekommen weiter geht, dann kommt man auf weitläufige Wiesen und Felder, wo Kira dann wirklich rennen und Kreise drehen kann. Je nach Zeitfaktor biegen wir aber vorher rechts auf einen Trampelpfad ab, der zu unserem Garten runter führt.

An dem besagten Tag machte ich zufällig an dieser Kreuzung nochmal eine Trainingsrunde mit ihr.
Ich ließ sie absitzen, sie bekam das Kommando Bleib und ich entfernte mich, was definitiv ein Risiko war.
Sie saß wie eine Eins, ich ging sogar um die Kurve außer Sichtweite.
Kam zurück und sie saß immer noch dort, lief erst los, als ich auflöste.
An diesem Tag hatte ich Zeit und wir gingen weiter, sie durfte ausgiebig auf den Feldern rennen.

Von da an ist sie spürbar konzentriert auf diesem Weg bergauf gelaufen, wie ein Vorzeigehund.
Hat sich zum Abschluss dann an der Kreuzung positioniert und mir mit ihrem Blick deutlich gemacht, was sie gern hätte.
Wann immer es möglich war, sind wir dann weiter gegangen, ihre Belohnung.

Abgehauen ist sie auf diesem Weg nicht mehr.
 
... und mir mit ihrem Blick deutlich gemacht, was sie gern hätte.
Ich liebe es!!!
Die Hunde sagen uns so viel mit ihren Blicken, daher bin ich vor ca. einem Jahr auch darauf eingestiegen, mit meinem Hund über Blicke zu kommunizieren. Ist'ne tolle Sache!

Unter Deinem Profilbild steht bei Kira nur "Mix". Was steckt denn so in ihr drin, dass sie so eigenständig ist. Sowas sagt man ja z. B. Huskys und Herdenschutzhunden nach.
 
Sie kommt aus Kroatien, ist eine Mischung aus kroatischem Schäferhund und Jagdhund.
Sie war knapp eineinhalb Jahre alt als sie zu mir kam, direkt aus einer damaligen Tötungsstation.
Sie ist zwar in der Stadt aufgegriffen worden, aber sehr wahrscheinlich auf einem Hof aufgewachsen mit wenig Kontakt zum Menschen, weder positiv noch negativ.

Im engen Bekanntenkreis von meinem Sohn und auch im Kollegenkreis von meinem Mann sind ein Mann bzw. eine Frau, die aus Kroatien stammen.
Ich habe mich mit ihnen unterhalten, Kiras Äußeres ist recht typisch für die Region und die Lebensweise der Hunde dort sehr ähnlich.
Sie wachsen in Stall oder Scheune auf, bekommen Wasser und Futter, bewachen Hof und Vieh, gehen mit zur Jagd.

Großartig ausgebildet wird nicht, wer negativ auffällt kommt weg, auf die eine oder andere Art.
Grundsätzlich sind sie überwiegend draußen, die Weiden haben selten Zäune, die Höfe auch nicht.
Mitunter versorgen sie sich selbst mit Mäusen und anderem Kleingetier.

Dass sie ihr erstes Lebensjahr so ähnlich verbracht hat, erscheint mir wahrscheinlich. Dann ist sie irgendwie in der Stadt gelandet, kann dort aber nicht lange unterwegs gewesen sein.
Als sie hier ankam war Straßenverkehr eines der Dinge, vor denen sie Angst hatte.
Sie kannte auch kein Leben im Haus, Treppen, Türöffnungen, das alles jagte ihr Angst ein.
Kam mein Mann ins Zimmer, schlich sie an der Wand entlang, geduckt aus dem Zimmer.
Ähnlich bewegte sie sich an der Straße, geduckt an der Mauer entlang, sofern es keine Fluchtmöglichkeit zurück gab.

Kam sie aber in den Wald oder an Felder, dann war es, als würde ein Schalter umgelegt. Der Hund richtete sich auf und eine unbändige Energie schien sie zu durchströmen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Kreuzten einzelne Tiere den Weg, waren damals 11 kg (sie war stark untergewichtig) nur schwer zu halten.
Kamen wir dagegen an Gärten mit freilaufenden Hühnern vorbei, gab es nicht den Ansatz von Jagdverhalten.
Am interessantesten war es, als wir mit ihr, angeleint, in einem Wildpark unterwegs waren, wo die Tiere in Herden frei liefen.
Nicht der Ansatz von Jagdverhalten.

Kam sie in den Wald und irgendein Tier kreuzte den Weg, dann musste man die Leine mit zwei Händen greifen, solch einen unbändigen Willen hatte sie, hinterher zu laufen.

Spielen nur auf relativ grobe, körperliche Art und Weise, Spielzeuge sind uninteressant, solange es da keinen zweiten Hund im Haus gibt, der seelig damit spielt. Dann setzt Kira alles dran, dieses Spielzeug zu entfernen. 😉

Andere Hunde, und das ist ihre zweite Besonderheit, werden und wurden von Anfang an ignoriert.
Die gibt es nicht, die sind Luft. Was in schöner Regelmäßigkeit zu Attacken selbst von den friedliebendsten Hunden führt.
Weil keiner sich dieses Verhalten erklären kann, liegt vielleicht in den zwei Monaten in der Tötungsstation begründet.

Sie ist im Haus sehr ruhig, entscheidet auch selbst, wann sie Nähe möchte und wann nicht.
Manchmal kommt es einem vor, als gäbe es gar keinen Hund im Haus.
Tagelang liegt sie in irgendeinem Zimmer ihrer Wahl und dann kommt sie plötzlich auf die Couch und sucht Nähe.

Seit Murphy da ist, durchaus häufiger.😉
 



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