Es ist allein schon eine Unverschämtheit, dass ein Hundebesitzer seinen freilaufenden Hund einfach auf einen angeleinten Hund zulaufen lässt. Wie schon mehrfach erwähnt ist ein angeleinter Hund sehr stark in seiner Kommunikation eingeschränkt. Das kann dazu führen, dass er in eine Verteidigungsrolle fällt.
Komme ich in eine solche Situation, bleiben die Hunde hinter mir und ich wehre den fremden Hund rigoros ab. Lautstark, wenn es sein muss. Mein Rüde ist recht unverträglich mit fremden Hunden, ganz besonders mit Kleinen. Ich kann nicht garantieren, dass er sich so einen Kleinen nicht einfach packt, wenn der so plötzlich auf ihn zugerannt kommt. Allein um so eine Situation zu vermeiden, sollte niemand seinen freien Hund einfach so zu einem angeleinten laufen lassen. Man weiß doch nie, wie der angeleinte Hund reagiert. Nur weil man davon überzeugt ist, dass der eigene Hund friedlich ist, muss das noch lange nicht für den anderen gelten. Es kann immer zu einer Zofferei kommen.
Ich würde aber genauso wenig meinen Hund ohne ein Wort ableinen. Wenn das jedesmal passiert, dass ich meinen Hund von der Leine nehmen muss, sobald ein freilaufender Hund auf uns zugerannt kommt, schaffe ich es über kurz oder lang gar nicht mehr an anderen Hunden vorbei, weil mein Hund die Begegnung mit einem anderen immer mit Freilaufen und Spielen gleichsetzt.
Manchmal habe ich auch schlicht keine Zeit dazu, meine Hunde mit einem anderen spielen zu lassen. Und was ist, wenn mein Hund krank ist, nicht spielen darf? Muss ich ihn dann etwa auch ableinen, nur weil mich ein Hundebesitzer, der nicht auf andere achtet, dazu nötigt?
Ich würde die Entscheidung, ob mein Hund frei laufen darf oder nicht, nicht einfach einem fremden Hund oder meinem eigenen überlassen. Wenn sich ein Hund hinlegt, kann das unendlich viele Gründe haben. Ein Zusammenhang zwischen allen besteht insofern, dass ein Hund in dieser Position seine Körpersignale auf ein Minimum reduziert. Egal ob es eine Lauerstellung, eine Beschwichtigungsgeste oder freudiges Erwarten ist - ein Hund gibt in dieser Stellung nur sehr wenig von sich preis. Sei es, um Unterwürfigkeit zu demonstrieren oder einen anderen Hund zu verunsichern.
Ich würde sagen: Entscheide selbst, ob du den Kontakt willst oder nicht. Und wenn du ihn nicht willst, dann geh mit deinem Hund dran vorbei. Dass ein Hund dies als "Oh je, Frauchen flüchtet" interpretiert, höre ich zwar zum ersten Mal, aber sicher kommt es auch darauf an, wie gut deine Bindung zum Hund ist und die scheint doch wirklich nicht schlecht zu sein. Wenn dein Hund dir bisher vertraut hat, warum sollte er es in dieser Situation nicht auch tun?
Und eigentlich habe ich es bisher genau andersherum erlebt. Mein Rüde war lange Zeit extrem leinenaggressiv. Als ich damit anfing, große Bögen um andere Hunde zu laufen und ihn dabei auf mich zu fixieren, hat das Gepöble irgendwann aufgehört. Denn ich denke, ich habe ihm damit die Entscheidung abgenommen, ob gepöbelt wird oder nicht, ich habe in dieser Situation die Führungsposition eingenommen und bestimmt, wo es lang geht.