Fiktiver Zuchtversuch und ggf. "neue" Rasse

Immer wieder beliebt sind Diskussionen um "Vermehrer" und "gute Züchter".
Üblicherweise handelt es sich bei der ersten Kategorie um üble Typen, verantwortungsloses Volk, ohne Ahnung und Verantwortung. Nur an der Kohle interessiert.
Die "guten Züchter" sind - jedenfalls im Internet - nachgerade Heilige, 24/7/52 an Wohl und Wehe ihrer Rasse, ihrer Hunde und ihrer Käufer interessiert, halbe TÄ und Genetiker, kennen jede Ahnentafel bis in die entferntesten Verästelungen, können HD und ED fehlerfrei ausschreiben und denken bei Norberg-Winkel nicht primär an den Entdecker der Winkelfunktionen.

Wollen wir doch mal sehen, was ich am Ende dieses Threads bin:D.

Ich plane nämlich einen Zuchtversuch, aus dem eventuell eine neue Rasse hervorgehen kann.
Echt, eyyh.

Vorausgeschickt: Ich sei mal Jäger, älteres und somit gesetztes Semester und im Besitz einer eigenen Jagd, zusammen mit 4 ähnlich situierten Kumpels. Wir sind - weil die Ehefrauen nerven - ziemlich viel im Revier, sitzen auch mal gerne in der Jagdhütte, wärmen uns flüssig auf und verbessern ein bischen die Welt.
Alle 5 sind Deutsch-Drahthaar-Fans, hinreichend mit der Rasse erfahren und führen diese Hunde auch im Jagdbetrieb. Die sind auch alle schon etwas älter. Einer der Kumpel hat die Hündin "Granate vom Pulverfass", 5 Jahre, nie krank, Hd-frei, Ed-frei, Rücken gesund, v. Willebrand-frei, Augen frei, alles frei - noch dazu bis zur Hegewald geführt, allerbester Charakter, kinderlieb. Ein Super-Hund.
Der Kumpel will sie aber nicht zur Zuchtschau vorstellen - obwohl sie keine zuchtausschliessenden Fehler hat und ein "sehr gut" immer drin ist (hat der Zuchtwart gesagt). Was er dazu sagt, kann man bei Götz von Berlichingen nachlesen.

Wir sind übereinstimmend der (übrigens völlig richtigen) Ansicht, dass der DD ein prima Allrounder ist, hart, belastbar und einigermassen gesund. Nur - leider, leider - mittlerweile so turbomäßig gezüchtet, dass es immer schwieriger wird, als letztlich älterer Durchschnittsjäger mit den Viechern klarzukommen. Die laufen bis sie tot umfallen.
Viele, viele Stunden haben wir in der Jagdhütte vermittels hinreichender Mengen Single Malt und Pfeifentabak damit verbracht, darüber nachzudenken, wie dieser Mißstand behoben werden kann.

Man könnte doch was kreuzen, meinen wir irgendwann. Eine in Optik und Gebrauchseigenschaften ähnliche Rasse. Nur ruhiger und gelassener müssten die Vertreter dieser Spezies sein.

Nach der 3ten Flasche Glendronach kommt die zündende Idee. Der hier, diese Rasse:

https://www.youtube.com/watch?v=2XXIYKICjS4

Der Spinone Italiano. Ähnliche Gebrauchseigenschaften wie der DD, viel ruhiger im Wesen, bevorzugte Gangart ist ein raumgreifender Trab, langsame, aber äusserst gründliche Arbeit. Guter Gesundheitsstatus der Rasse, in wenigen Linien ist eine Gehirnerkrankung drin, aber die kann man ja aussortieren.
"Mensch", sagt einer der Kumpel, "ich kenne einen, der einen kennt, der mit einem verwandt ist, der so einen Spinone jagdlich führt".
Auftrag an den Kumpel: Rauskriegen, wer das ist und einen Besuchstermin vereinbaren.

Mission accomplished, wir 5 sitzen in der Wohnung des Spinone-Führers. Kapitaler Rüde, 4 Jahre, Verbandsgebrauchsprüfung, gesund, kinderlieb, Hd-frei, Ed-frei, Rücken frei, alles frei und vor allem auch frei von Kleinhirnataxie. Entspricht dem Erscheinungsbild der Rasse und hat keine zuchtausschliessenden Fehler.

Wir schauen uns den noch bei der Arbeit im Revier an und sind sehr zufrieden. Sehr ruhig, fast nur Trab, sehr gründlich und jagdlich mitdenkend. Keine Hektik, kein Turbo, sehr führerbezogen - prima Vorstellung.

In der Jagdhütte ist der Eigentümer nach der 3ten Flasche Ben Nevis und Vertrautmachung mit unseren Überlegungen und unserer Absicht und gegen 200,-- € Gebühr bereit, seinem Rüden ein bischen Spass mit Granate zu gönnen. Ausserdem hat er bei uns im Revier einen guten Bock frei.

Ergebnis: Bei der nächsten Hitze......

Was sind wir nun?


P.S. Man sage nichts gegen Saufen und gute Ideen. Die Reiter unter uns mögen dieses Produkt

http://www.nordic-medica.info/50994698d40f1a208/index.htm

kennen. Die Idee dazu entstand gegen 3.00 Uhr morgens nach 2 Flaschen Dahlwinnie zwischen Louise, TÄ, Bernd - siehe Impressum -, Ellen, der Western-Trainerin und mir bei mir im Wohnzimmer. Ausgangsfrage war, wie Rehe bei Freizeitpferden verhindert werden kann. Die ersten Feldversuche mit selbstgemachten Plastikteilen, die mit Heubändern ans Stallhalfter geknotet wurden, mussten meine Pferde durchstehen.
 
Was sind wir nun?
Vemehrer ... und naiv.
Wenn ihr Euch mit der Zucht beschäftigt habt, sollte ihr doch eigentlich wissen, dass jeder einzelne Welpe aus so einem Wurf eine ebensolche Granate - was ja eigentlich nicht mehr "gewünscht" ist - werden kann, wie eben diese, also der Hündin der ihr ein wenig "Spaß" gönnen wollt.

Wenn der Rüde genau das ist was gewünscht ist, wieso dann nicht Welpen aus einer Verpaarung mit einer Hündin der selben Rasse mit ebensolchen - gewünschten - Eigenschaften?
Der Spinone bringt eben diese Eigenschaften nicht erst aus dem Wurf davor mit, sondern gilt schon über gaaaaanz viele Generationen als bedachter, zuverlässiger, gut lenk- und erziehbarer, mitdenkender Jagdkumpane, bei dieser Rasse ging es - zum Glück - nicht um "höher, schneller, weiter, schärfer".

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man Pi mal Daumen an eine Sache geht, wenn es das Gewünschte schon gibt?
 
Vemehrer ... und naiv.
Wenn ihr Euch mit der Zucht beschäftigt habt, sollte ihr doch eigentlich wissen, dass jeder einzelne Welpe aus so einem Wurf eine ebensolche Granate - was ja eigentlich nicht mehr "gewünscht" ist - werden kann, wie eben diese, also der Hündin der ihr ein wenig "Spaß" gönnen wollt.

Das ist möglich, aber wenig wahrscheinlich. Wenn man diesen "Zuchtversuch" nach züchterischen Regeln weiterführen würde, hätte man im Idealfall nach einigen Generationen einen ruhigeren Deutsch-Drahthaar.
Es ist doch völlig üblich - und in der Tierzucht gang und gäbe - andere Rassen einzukreuzen. In die Haflinger wurde Araber eingekreuzt um diese Rasse eleganter zu machen, die Trakehner haben nach dem Krieg die Landespferdezuchten in Westdeutschland entscheidend verbessert, immer wieder wurden Belgier in rheinische Kaltblutpferde eingekreuzt um deren Eigenschaften zu verbessern und letztlich sind alle Hunderassen aus irgendwelchen Kreuzungen und Versuchen entstanden.
In die damaligen Kurzhaar-Dackel wurden Terrier eingekreuzt um die heutigen Rauhhaardackel zu erschaffen, in die Flat coated Retriever wurden Setter eingekreuzt um die "flotter" zu machen, ob der Griffon Korthals so ganz ohne Deutsch-Drahthaar entstanden ist, wage ich zu bezweifeln und in den Deutsch-Langhaar wurde vor einigen Jahren im Rahmen eines offiziellen Zuchtversuches Deutsch-Kurzhaar eingekreuzt.


Wenn der Rüde genau das ist was gewünscht ist, wieso dann nicht Welpen aus einer Verpaarung mit einer Hündin der selben Rasse mit ebensolchen - gewünschten - Eigenschaften?
Der Spinone bringt eben diese Eigenschaften nicht erst aus dem Wurf davor mit, sondern gilt schon über gaaaaanz viele Generationen als bedachter, zuverlässiger, gut lenk- und erziehbarer, mitdenkender Jagdkumpane, bei dieser Rasse ging es - zum Glück - nicht um "höher, schneller, weiter, schärfer".

Das wissen wir ja, deshalb soll´s ja der Spinone werden. Wir wollen aber keinen reinen Spinone, sondern einen ruhigeren Jagdgebrauchshund, der wie ein Deutsch-Drahthaar aussieht. Sicher kann man das auch innerhalb der Rasse erreichen, das wollen wir aber nicht.
Es geht immer auch "anders". Das kann aber kein Argument sein, etwas nicht zu unternehmen. Als - Beispiel jetzt - der Deutsch-Langhaar entstand, hätte man auch auf Deutsch-Drahthaar zurückgreifen können. Oder auf eine andere Rasse, die die jagdlichen Anforderungen erfüllte
.

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man Pi mal Daumen an eine Sache geht, wenn es das Gewünschte schon gibt?

Siehe oben. Warum soll uns verwehrt werden, das zu tun, was viele Altvordere auch getan haben - nämlich aus Hunden mit bestimmten Eigenschaften eine neue Rasse mit ebenfalls bestimmten Eigenschaften zu entwickeln.
Auch damals gab es schon etwas Vergleichbares - und hätte sich Herr Korthals beirren lassen, gäbe es den Griffon heute nicht. Und keine Rauhhaardackel.
 
Ich finde de Dieters Gedanken hinter dem Thread ganz gut.
Neue Rasse entstehen, Alte werden in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr gebraucht.
Einerseits finde ich es gut, dass es immer so viele skeptische Stimmen gibt, die zur Vorsicht aufrufen. So werden unsinnige Schöpfungen eben etwas eingedämmt. Skepsis bei Neuzüchtungen und Veränderungen von Rassen wird es immer geben und ist auch immer angemessen.
Aber, das schrieb auch schon in anderen Threads, es wird immer einer weinen. Es allen recht machen ist beim Thema Hund unmöglich.

Um auf das explizite Beispiel einzugehen: ich würde nicht von Vermehrer reden. Auch wenn ich sonst skeptisch gegenüber kreuzen und mischen bin. Jagdlich finde ich es meist ganz in Ordnung. Die Hunde die entstehen, ja auch die, die dem Ziel nicht entsprechen und nicht ruhiger sind, werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht an X-Beliebige Käufer abgegeben, sondern an Fachkundige, die einen Jagdbegleiter möchten. Es werden eher weniger komplett Unwissende gelockt, die sich dann solche Hunde zulegen und dann sehen, dass sie nicht ihren Erwartungen entsprechen.
In der "Familienhundzucht" sollte man ein deutlich wachsameres Auge haben. Hier sind die Gründe, warum man eine Neuzüchtung will meistens anderer Natur, dies wird von Vermehren genutzt. Hier ist die Kundschaft doch meist sehr viel unprofessioneller und weniger gut informiert.
 
Auf die Art und Weise geschieht das zum Beispiel in Spanien unter Jägern noch immer.

Ich habe nichtmal was gegen das einkreuzen anderer Rassen. Oft genug denke ich zum Beispiel, dass es für die Deutsche Dogge gut wäre, durch das Einkreuzen einer gesunden Windhunderasse (z.B. Galgo), wieder mehr zurück zur alten Form der Deutschen Dogge zu kommen. Nicht ganz so schwer und groß - und auch wieder etwas sanftmütiger. Und mit etwas Glück auch weniger Gesundheitsprobleme.
Aber ich denke, dass dafür nicht ein nächtliches Trinkgelage reicht, sondern man sich richtig damit befassen muss. Nicht nur ein Rüde und eine Hündin, weil die grad in der Nähe sind. Das reicht für einen Wurf, für eine neue Rasse ganz bestimmt nicht. Der Genpool wäre auch viel zu klein für eine gesunde Rasse.
Und wegen dieser wenig durchdachten Überlegungen fällt das für mich unter den Titel "Vermehrer".

Übrigens halte ich auch einen gewissen Prozentsatz von VDH-Züchtern für "Vermehrer", .....denn sie wissen nicht, was sie tun......
 
Also den Begriff Vermehrer würde ich hier nicht verwenden, denn der ist für mich für wirklich negative Fälle gedacht, bei denen Leute aus niederen Beweggründen (meist aus Geldgier) bewusst Verpaarungen mit (deutlich erhöhtem) Gesundheitsrisiko sowohl für die Eltern als auch für die Welpen durchführen.

Zum Rest kann ich nicht viel sagen, da ich weder vom Spinone noch vom Dackel genug Ahnung habe. Damit das ganze aber (sinnvoll) über eine einfache Verpaarung mal hinausgeht, müsste man schon etwas mehr da reinstecken als bisher ersichtlich, wobei das ja nicht unbedingt sein muss.
 
Hallo Dieter,

herrlich zu lesen, man kann sich Euch beinahe bildlich vorstellen :)
Ich würde sagen, Ihr müsst keine Kategorie suchen, wie z.B. "Züchter" oder "Vermehrer", denn "Jäger" sind ein ganz eigenes Völkchen mit eigenen Regeln, würde ich mal vermuten.

Dafür hätte ich einen Namensvorschlag für Eure Hundekreation: "Deutsch-Italienischer Krambambuli"

Nachdem Ihr den Italiener aber mit Geld und Sau ausgezahlt habt, kann sie der FCI auch als deutsche Hunderasse führen :)

Ich hätte vermutet, dass es mit guten Verbindungen innerhalb der Jägerschaft möglich sein sollte, einen Deutsch-Drahthaar zu finden, mit dem auch Rentner noch zur vollsten Zufriedenheit auf die Jagd gehen können ;)

Und außerdem scheint Euch der Spinone ja ausgezeichnet zu gefallen. Warum nicht mal mutig eine hier weniger gängige Rasse führen? Als 13jährige war ich immer frustriert, dass in meinem Hundebuch gefühlte hundert einander ähnliche Jagdhunderassen aufgeführt waren, deren Namen völlig unaussprechlich waren. Eine gewisse Auswahl scheint vorhanden zu sein ;)

Ich wäre ja davon ausgegangen, dass Jäger bewusst Hunde züchten, die zu ihren Bedürfnissen bei der Jagd passen. Warum nicht ein Hybrid?

Wenn Ihr tatsächlich den perfekten Rentner-Jagdhund kreiert, müsst Ihr entscheiden, ob die F1 Generation genau das ist, was gebraucht wird, oder ob es wirklich Sinn macht, eine "Rasse" zu schaffen. Darf ein Mischling denn kein Jagdhund werden? Sind Hybriden/Mischlinge unter Jägern zu wenig gefragt? Dann solltet Ihr Euch mal umhören, wer Euren speziell für die Jagd gezüchteten Krambambulis ein gutes Zuhause geben will, bevor Ihr die Hündin belegen lasst :)

Auch, wenn es doch nicht zur Schöpfung einer neuen Rasse kommen sollte, wäre es sinnvoll, sich über Gesundheit und Verhalten der Vorfahren und Geschwister der Elterntiere zu informieren.

LG,
Stadtmensch
 
Zuletzt bearbeitet:
Mmh bin da auch zwiegespalten.. Der Spinone gefällt durch seine ruhige Art, warum dann mit ner Rakete
kreuzen? Man könnte sich auch einfach auf ne neue Rasse einlassen und einsehen, dass der DD eben
nicht mehr zur Anforderung passt..
Andererseits.. der Pudelpointer ist ja auch so entstanden....
 
Das ist schlimmer als Vermehren und in der Tat eine "Schnapsidee". Wollt Ihr die Hündin kaputt machen ?
Zwar passen sich Föten bis zu einem gewissen Grad im Mutterleib an, nicht mehr bei diesem Extrem: Großhund-Rüde und Niederläufer- Dackel. Wenn Ihr einem Dackel-Rüden die Leiter gebt, kann es anders herum vielleicht etwas werden. Zum Züchten gehört etwas mehr, als eine Flasche Schnaps auf den Tisch.
Dann hat der "Spinone Italiano" vom Temperament die höchste Bewertung und wenn der Dackel die Kopfgröße von dem bekommt, kann der gar nicht mehr laufen, aber Ihr seid ja Jäger und werdet schon richtig selektieren.
 
Zuletzt bearbeitet:



Hundeforum.com - Partnerseiten :
Heilkundeforum.com | Veggieforum.de | Herrchen-sucht-Frauchen.de

Hundeforum.com ⇒ Das freie & unabhängige Hundeforum unterstützen:

Zurück
Oben