Zweithund aus einem Shelter aus Rumänien - eure Einschätzungen

Hallo liebe Gemeinde,

ich habe seit 6 Jahren einen Tierschutz-Hund (Alter ca. 9 Jahre, Rüde, kastriert, sehr sozial zu anderen Hunden, hat noch nie mit einem anderen Hund gestritten) aus der Slowakei und ein Zweithund stand eigentlich bislang nie im Raum.
Nun bin ich jedoch durch Zufall auf einen Hund gestoßen, der meinem sehr ähnlich zu sein scheint (sowohl vom Aussehen, als auch vom Charakter, sofern man das über Videos, Fotos einschätzen kann) und in den ich mich sehr verliebt habe.

Alter 3 Jahre, Hündin, sitzt seit 2 Jahren im Shelter in einem kleinen Kennel (ca. 4 m²) mit einer 2. Hündin, wird als sozial, ruhig und devot eingeschätzt. Schlimme Verhältnisse, total verfilzt, Kot wohin man blickt etc. - ihr kennt das ja bestimmt.

Nun überlegen wir, diese Hündin bei uns aufzunehmen.
Es würde sich jedoch vermutlich um eine Direkt-Adoption handeln, da sich bislang kein Pflegeplatz gefunden hat, was mir lieber wäre, damit man den Hund zuerst mal besuchen könnte und mein Ersthund mal Kontakt aufnehmen könnte. Zudem würde die Vermittlung über einen deutschen Tierschutzverein laufen, was die ganze Sache mit der Pflegestelle etc. auch nicht einfacher macht bzw. laut Orga sind derzeit ca 3000 Hunde ausreisefähig und es kann Monate dauern, bis ein Pflegeplatz gefunden ist.

Mich würde eure Einschätzung zu folgendem interessieren:
* Direkt-Adoption: wie hoch schätzt ihr das Risiko, dass sich die Hündin nicht mit meinem Hund oder vice versa versteht?
* 2 Jahre auf 4m² gehalten - ist so ein Hund überhaupt noch zu sozialisieren, sprich Haltung im Haus mit Garten, Stubenreinheit, Teilnahme am täglichen Leben?
* 9 Jahre alter Rüde und 3 Jahre alte Hündin - sollte passen oder?
* ich habe irgendwie "noch" keinen Überblick, wie sich unser Leben mit einem 2. Hund ändern wird - was sind die Gefahren?
* ich bin 2 Tage die Woche im Büro (Rüde kommt mit, fährt S-Bahn etc, alles kein Problem) - 2 Hunde kann ich ins Büro jedoch nicht mitnehmen - würde die Hunde an diesen beiden Tagen dann nach der Eingeöhnungsphase aufteilen, Hündin kommt mit mir mit, sofern das irgendwie möglich ist (gehe mal davon aus dass die Hündin "nichts" kennt, keine Leine, keine Autos, keine Züge, ....), Rüde mit meinem Mann - seht ihr da ein Problem?

Würde mich über Rückmeldung freuen
Danke lg M.
 
Hallo Michaela und willkommen im Forum!

Puh, was Du da schilderst bzw. erfragst ist in meinen Augen eine Wundertüte. Dass die Hündin als sozial, ruhig und devot beschrieben wird, ist das Verhalten, dass sie im Shelter zeigt. Es wird sich erst bei Dir wirklich zeigen, ob das Verhalten so bleibt, oder ob sie in anderen Lebensumständen andere Verhaltensweisen präsentiert.

Wie sich die beiden Hunde verstehen werden, ist ebenso eine Wundertüte. Er scheint sozial geübt und gefestigt zu sein, sie wird so beschrieben. Könnte passen, muss es aber nicht zwingend. Vielleicht werden sie ein Herz und eine Seele, vielleicht sind sie sich egal, akzeptieren sich einfach, etc etc.

Zur Gewöhnung an unsere Lebensverhältnisse wird viel Arbeit nötig sein. Oder ist über das erste Lebensjahr etwas bekannt? Hat die Hündin evtl. in einer Stadt "gewohnt" und kennt zumindestens die Geräusche und Gerüche? In den letzten 2 Jahren bestand ihre Welt aus 4m². Vielleicht genießt sie es, wenn sie bei Dir Auslauf hat, vielleicht ängstigt sie dies, vielleicht kommen Überlebensinstinkte aus dem ersten Jahr wieder und sie jagt und frisst alles, was sie finden kann. Wer weiß?!

Ich find's aber auf jeden Fall toll, dass Du einem solchen Hund eine Chance geben möchtest. Die meisten Auslandhunde, denen mein Hund und ich bisher begegnet sind, waren tendentiell eher unauffällig, meist war das Thema Unsicherheit bis Angst, zumindestens am Anfang, vorherrschend.

LG
Matthias
 
Hallo Matthias,

danke für deine Antwort.

Sehe das auch so wie du, deswegen wollte ich eigentlich den Weg über die Pflegestelle gehen, damit die Situation etwas besser für mich einschätzbar ist, sie in der Pflegestelle (die von bestimmt größeren Hundekennern betrieben wird, als ich es bin) mal einen Hauch vom "echten Leben" kennenlernt etc pp.

Leider weiß man nichts über ihr 1. Jahr in Freiheit, sie wurde von Hundefängern in Rumänien auf der Straße aufgegriffen und seit dem sitzt sie in ihren 4 m², erst alleine, nun zusammen mit einer Hündin und ist umgeben von Schmutz, Krankheiten, fehlendem Futter und 24 Hundegebell.

Sie hat derzeit über den Verein einen Futterpaten, wenn sie diesen nicht hätte wäre sie vermutlich schon getötet worden, was in Rumänien ja unter schlimmsten Bedingungen abläuft.

Aber wie du sagst, Wundertüte ....
 
* Direkt-Adoption: wie hoch schätzt ihr das Risiko, dass sich die Hündin nicht mit meinem Hund oder vice versa versteht?
Das kann man nicht einschätzen. Kennt dein Hund es, dass sich in seinem Zuhause ein anderer Hund aufhält und er seine Menschen und alle Ressourcen wie Hundebetten und z.B. auch den Wassernapf mit einem anderen Hund teilen muss? Es ist ein Unterschied ob sich dein Hund sozial auf der Hundewiese, bei Zufallsbegegnungen oder beim gemeinsamen Gassigehen verhält oder ob er einen anderen Hund in seinem Zuhause akzeptiert.

* 9 Jahre alter Rüde und 3 Jahre alte Hündin - sollte passen oder?
Kann, muss aber nicht. Einer meiner Hunde ist zu 99 % mit allen Hündinnen verträglich. Es kann aber sein, dass er Hündinnen stalkt die zu einem ungünstigen Zeitpunkt kastriert wurden. Ein Zusammenleben wären dann für alle Beteiligten Stress. Ich müsste es also mit der konkreten Hündin testen.

Wir wollten vor ein paar Jahren als Dritthund eine Hündin aufnehmen. Beim gemeinsamen Gassigehen hat er sie ignoriert, im Haus der Pflegestelle ständig gestalkt. Es zog dann ein paar Monate später ein dritter Rüde ein.
* ich habe irgendwie "noch" keinen Überblick, wie sich unser Leben mit einem 2. Hund ändern wird - was sind die Gefahren?
Ganz klar kosten zwei Hunde mehr Geld als einer und du musst mit der Hündin allein Gassi gehen damit du an der Leinenführigkeit und anderen Problemen arbeiten kannst. Die Gefahr ist, dass die Hunde sich untereinander unerwünschtes Verhalten wie bellen, jagen oder Pöbeln an der Leine abgucken.

Manche Rüden verteidigen "ihre" Hündin gegenüber anderen Rüden und lassen keine Rüde in die Nähe der Hündin.
* ich bin 2 Tage die Woche im Büro (Rüde kommt mit, fährt S-Bahn etc, alles kein Problem) - 2 Hunde kann ich ins Büro jedoch nicht mitnehmen - würde die Hunde an diesen beiden Tagen dann nach der Eingeöhnungsphase aufteilen, Hündin kommt mit mir mit, sofern das irgendwie möglich ist (gehe mal davon aus dass die Hündin "nichts" kennt, keine Leine, keine Autos, keine Züge, ....), Rüde mit meinem Mann - seht ihr da ein Problem?
Ganz ehrlich... Ich würde mir einen Plan B überlegen falls die Hündin nicht mit ins Büro kommen kann weil sie Stress beim S-Bahn fahren hat oder im Büro nicht zur Ruhe kommt.

Wenn die Hunde es aber von Anfang kennen auch mal Zeit ohne den Mithund zu verbringen ist es grundsätzlich kein Problem wenn sie zwischen deinem Mann und dir aufgeteilt werden.
2 Jahre auf 4m² gehalten - ist so ein Hund überhaupt noch zu sozialisieren, sprich Haltung im Haus mit Garten, Stubenreinheit, Teilnahme am täglichen Leben?
Es kommt darauf an was du erwartest. Die Hündin wird vermutlich keine coole Socke werden die mit dir Straßenbahn fährt, sich im Restaurant unter dem Tisch einrollt und neben einer vielbefahrenen Straße unbeeindruckt Gassi geht. Aber ein ruhiges Leben auf dem Land mit Gassigehen auf Feldwegen oder im Wald könnte ich mir nach einer Eingewöhnungszeit vorstellen.

Ich finde es gut, dass du der Hündin eine Chance geben möchtest. Ich persönlich würde aber nur einen Direktimport aufnehmen wenn ich keine anderen Hunde hätte und keinerlei Erwartungen an den Hund. Wenn es also okay ist wenn wir den Rest des Hundeslebens nur eine ruhige Gassistrecke gehen können und alles andere für den Hund zu stressig ist.
 
Ich holte meinen kleinen Spanier mit 4 Monaten…der kannte bis dahin auch nicht viel…heute ist es ein selbstsicherer Rüde, der zwar öfters mal unsicher ist …aber im großen und ganzen sehr souverän. Man kann vieles erreichen…es braucht halt viel Zeit…und es bleibt in deinem Fall ein Überraschungspaket, das sollte dir klar sein
Hab keine Erwartungen …
Mein Rüde versteht sich mit allen Hündinnen, die er bisher traf

Ich hatte am Anfang auch Bedenken, ob er mich mag (er kam ja auch direkt aus Andalusien)…aber meine Bedenken waren nicht nötig…ich denke, das kriegt ihr hin . Zeit lassen und keine Erwartung, denke dann passt es schon.
 
Vielen Dank Wautzi für deine Einschätzungen.
Man merkt, dass ich keine Erfahrung mit Zweithunden habe und gar nicht weiß, was es da alles zu bedenken gibt.
Mein Hund war schon einige Male auf mehrtägiger Betreuung bei Menschen, die auch Hunde haben, ein paar Mal sogar mit einem Hunderudel zusammen, es gab keine Probleme. Im eigenen Zuhause gab es bislang jedoch nur kurze Hundebesuche.
Das mit dem Hündin verteidigen war mir jetzt auch nicht so bewusst - da sind schon Gefahren dabei, die mich nachdenken lassen.

Weil ich hätte schon lieber eine coole Socke so wie mein Ersthund einer ist, den man echt überall hin mitnehmen kann.
 
Ich persönlich würde aber nur einen Direktimport aufnehmen wenn ich keine anderen Hunde hätte und keinerlei Erwartungen an den Hund. Wenn es also okay ist wenn wir den Rest des Hundeslebens nur eine ruhige Gassistrecke gehen können und alles andere für den Hund zu stressig ist.

Dem schließe ich mich direkt an.

Da der Hund mit ins Büro soll, mit den Öffis fahren, sich angepaßt verhalten, in wohl eher städtischer Umgebung leben, könnte es schwierig werden.

Die Hündin hat die meiste Zeit ihres Lebens in einem Zwinger gelebt. Da können Verhaltensstörungen und Ängste die Folge sein.
Solche Hunde sind meist in ein Stadtleben nicht zu integrieren. Die haben Streß ohne Ende. Und da die Präge-und Sozialisierungsphase vorbei ist, ist auch nicht mehr alles aufzuholen, was da fehlt.

Je nach individuellem Wesen des Hundes kann das mehr oder weniger gut gehen. Ein eher selbstbewußter Hund hat da mit völlig neuen Lebensumständen weniger Probleme, als ein unsicherer/ängstlicher.
Und es braucht Zeit, u.U. viel Zeit.

Verträglichkeit mit Deinem Rüden würde ich jetzt eher nicht als Problem sehen. Wobei man auch damit rechnen muß, dass einer der Hunde (oder beide) Ressourcenverteidigung "auspacken".
Im eigenen Zuhause können auch sonst soziale Hunde durchaus dazu neigen. Und ein Hund aus schlechten Verhältnissen, wie die Hündin aus dem Shelter, da könnte Futterneid schon ein Thema sein.
 
Ein Herdenschutzhund-Mix.

Du weißt aber schon, dass die ziemlich territorial sein können?
 



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