Wie lerne ich, die Körpersprache bei Hundebegegnungen richtig einzuschätzen?

Erster Hund
Ringo † 23.12.2014
Zweiter Hund
Leo † 21.04.2021
Dritter Hund
Marley (5)
Hallo in die Runde,

mir geht es vor allem um die Situation "Hundebegegnung", in der ich regelmäßig versage. Bedingt durch einen Vorfall, bei dem mein Retriever im abgeleinten Zustand zielstrebig auf seinen Lieblingsfeind (ebenfalls Retriever) losging und ihm in den Vorderlauf gebissen hat, bin ich völlig verkrampft, wenn ich auf andere Hunde treffe.

Die Trainerin von der Hundeschule meinte knapp:
- Er merkt, dass du Angst hast
- Er merkt, dass du ihm nicht vertraust

Das mag nun richtig sein... aber das eine Mal, als ich darauf vertraut habe, dass beide Hunde im abgeleinten Zustand friedlicher sind als angeleint, hat mich nachhaltig geprägt. Ich verkrampfe mich derartig, dass ich entweder stumpfsinnig ein bestimmtes Waldgebiet ablaufe, weil ich da relativ sicher sein kann, niemanden zu treffen, oder aber ich checke erstmal hysterisch die Situation: "Männchen oder Weibchen? Kastriert oder intakt?"

Richtig verloren habe ich, wenn andere Hundehalter ihre Hunde freilaufen lassen.
Könnt ihr euch vorstellen, wie genervt ich von mir selber bin, weil ich es einfach nicht schaffe, meinem Hund ein souveränes Frauchen zu sein? Und das schon allein deshalb, weil ich nicht unterscheiden kann: Was ist freundliches Interesse? Wo ist bereits eine (immer noch harmlose) "Ey Alter!"-Attitüde dabei? Ab wann wird's heikel? Und und und...

Deprimierte Grüße :traurig2:
Rubia
 
Ich bin da absolut bei dir und kann auch immer schlecht die Körpersprache meiner Hunde und die der anderen Hunde einschätzen und meine Trainerin hat mir mal empfohlen, dass ich ohne Hund auf eine gut besuchte Hundewiese gehen soll und die Hunde dort beobachten.

Das habe ich bis jetzt nicht gemacht, mir aber eine DVD über die Körpersprache bei Hunden gekauft und auch schon zweimal gesehen. Und mir ist beim zweiten Mal angucken auch etwas aufgefallen, dass ich beim ersten Ansehen nicht bemerkt hatte. Ich kann die DVD absolut empfehlen. Sie läuft 5 1/2 Stunden und ist ein Mitschnitt eines Seminars von Dr. Ute Blaschke-Berthold und heißt "Das Kleingedruckte in der Körpersprache von Hunden". Kannst du ganz leicht mit Google finden.
 
Hallo Wautzi,

lieben Dank dir für die prompte Reaktion!

Sie läuft 5 1/2 Stunden und ist ein Mitschnitt eines Seminars von Dr. Ute Blaschke-Berthold und heißt "Das Kleingedruckte in der Körpersprache von Hunden". Kannst du ganz leicht mit Google finden.

Ich glaube sogar, dass ich davon schonmal gehört habe.
Das wäre ja toll, wenn ich da einfach mal zugucken könnte... und noch besser, wenn die jeweiligen Szenen auch kommentiert werden würden...

Es gibt bei uns eine Hundewiese, die auch gut frequentiert wird - aber ich habe festgestellt, dass sich dort die Frauchen und Herrchen bloß treffen um miteinander zu plauschen. Kein Mensch achtet auf seinen Hund und ich habe schon oft beobachtet, dass das, was die Leute gut gelaunt als "fangen spielen" bezeichnen, oftmals eher eine Hetzjagd ist. Da wird nicht eingegriffen, nicht rausgerufen, nicht reguliert... das kommt mir vor wie Kirmes hoch 10.
Damit wäre ich ja noch mehr überfordert...

Nochmals danke für deinen Tipp!

Lieben Gruß
Rubia
 
Auf die Hundewiese kann man auch ohne eigenen Hund gehen und nur beobachten. Dazu nimmt man sich beispielsweise auch nur einen Hund raus, beobachtet seine ganz Körperhaltung, was er tut und wie andere Hunde darauf reagieren. Wenn man das öfter macht, bekommt man mit der Zeit auch immer mehr ein Gefühl dafür, was gerade so abläuft, wann Spannungen entstehen und wodurch. Wenn du ganz genau sein willst, kannst du auch eine Art Tagebuch anfangen und aufschreiben was du gesehen hast, welche Körperhaltung, Ohrenhaltung, etc. der Hund hatte, usw. Allerdings würde ich dir raten dir nicht zuviel auf einmal vorzunehmen. Für den Anfang ist es mal gut sich hinzusetzen und einfach zuzusehen.

Die DVD selbst ist allerdings auch sehr gut und kann dir zusätzlich dazu sicherlich helfen.
 
Hallo

Ich finde es schade, dass deine Trainerin dir dabei nicht hilft. Hast dein Hund gar keinen Kontakt zu anderen Hunden? Sonst kannst du ja Bilder/Videos machen und sie ins Forum stellen und um Einschätzungen bitten. Ansonsten finde ich die anderen Vorschläge sehr gut.
 
Wenn man das öfter macht, bekommt man mit der Zeit auch immer mehr ein Gefühl dafür, was gerade so abläuft, wann Spannungen entstehen und wodurch. Wenn du ganz genau sein willst, kannst du auch eine Art Tagebuch anfangen und aufschreiben was du gesehen hast, welche Körperhaltung, Ohrenhaltung, etc. der Hund hatte, usw.

Ja, genau das ist, was mir wohl fehlt.
Ich kann mich an eine Begegnung erinnern, damals noch mit Ringo und einer anderen Trainerin, da haben wir eine entzückende Jack Russel-Dame getroffen. Und während ich selber noch ganz hingerissen von der hübschen kleinen Lady war, meinte die Trainerin leise zu mir, wir sollten jetzt weitergehen, weil die Kleine nicht den geringsten Bock auf Ringo hätte...
Sie hatte sich genau Mimik, Lefzen und Gesamthaltung angesehen, worauf ich mangels Kenntnisse gar nicht geachtet hatte.

Ich habe auch jetzt erst gelernt, das Schwanzwedeln nicht grundsätzlich freundlich und sich flach hinlegen nicht unbedingt Unterwerfung ist... :nachdenklich1:

- - - Aktualisiert - - -

Ich finde es schade, dass deine Trainerin dir dabei nicht hilft.

Hallo Pudelfreund(in),

das Problem ist, dass die Situation in der Hundeschule eine andere ist als "in freier Wildbahn". Was in der HuSchu noch mit Müh und Not klappt, ist einen Tag später schon wieder vergessen. Soll heißen: Wenn ich ihr etwas erzähle, ist die Situation ja schon längst wieder rum.

Hast dein Hund gar keinen Kontakt zu anderen Hunden?

Generell nur Gassi-Bekanntschaften.
Mit Weibchen und Kastraten geht alles prima, aber wehe, ein intakter Rüde ist in der Nähe.
Ich weiß, dass es anderen auch oft so geht, ich höre immer wieder "Naja, mit Rüden kann er's nicht so!"... aber das nützt mir ja nichts. Ich wünsche mir ja für mich und meinen Hund ein entspanntes Auftreten...
 
Sie hatte sich genau Mimik, Lefzen und Gesamthaltung angesehen, worauf ich mangels Kenntnisse gar nicht geachtet hatte.

Genau das solltest Du dir in der Praxis von einem Trainer erklären lassen. :zwinkern2:

An meinem früheren Wohnort gab es eine Hundeschule, die Hundespaziergänge und kontrollierte Sozialkontakte in eingezäuntem Gelände angeboten haben.

Und der Trainer hat allen Interessierten genau erklärt was zwischen den Hunden grad los ist, was die oder jene Körperhaltung oder Reaktion bedeutet usw.

Vllt gibt es bei Euch ja sowas auch.
 
Hattest du eine Einzelstunde bei deiner Trainerin gehabt, oder kam das während des Kurses in der HuSchu?
Wenn letzteres, solltest du ein paar Stunden nehmen und gezielt in freier Wildbahn das Problem demonstrieren und einschätzen lassen.
 
Huhu,

also ich kann dir auch nur empfehlen - beobachten und nochmals beobachten. Wirklich aufschlussreich sind große Hundegruppen die sich treffen und - ich sag mal - "die Hunde machen lassen".

Der Tipp mit der Hundewiese ohne eigenen Hund finde ich klasse denn da ist man selbst entspannt und nicht abgelenkt.

Wie schlimm war denn der Biss, gab es ernsthafte oder überhaupt sichtbare Verletzungen am gebissenen Hund? Ich meine es gibt da auch wesentliche Unterschiede wie "schlimm" man das empfinden kann. Am Ende war es eine relativ harmlose Konfrontation.
Was genau ist in dieser Situation deine Befürchtung? Das dein Hund auf einen anderen los geht oder umgekehrt?

Wirklich 100% wird man sich allerdings nie sicher sein können - selbst bei sich kennenden Hunden. Erst neulich kam es zwischen meinem Hund und einer franz. Bulldogge während eines Spiels zum unerwarteten Ausarten mit echten Aggressionen obwohl sich die beiden schon lange ausgezeichnet verstehen. Das kam für mich auch unerwartet da ich bei dem anderen Hund absolut keine Anzeichen für den plötzlichen Ausbruch vermutet habe.
 
Hallo guten Abend,

wie schön, dass noch weitere Einschätzungen gekommen sind!
Lieben Dank euch!

An meinem früheren Wohnort gab es eine Hundeschule, die Hundespaziergänge und kontrollierte Sozialkontakte in eingezäuntem Gelände angeboten haben.
Und der Trainer hat allen Interessierten genau erklärt was zwischen den Hunden grad los ist, was die oder jene Körperhaltung oder Reaktion bedeutet usw.

Ja stimmt, genau so etwas bietet Trainerin A an, sie hat eine eigene Hundeschule, arbeitet aber stets mit dem Einzelhund vor Ort bzw. in kontrollierten Gruppen. Von der entspannten Spielstunde angefangen über gemeinsame Stadtspaziergänge bis hin zu speziellen Einheiten (Dummy, Fährte etc.) ist quasi für jeden Geschmack etwas dabei.

Bei ihr hatte ich mich ohnehin schon mit Stadtspaziergängen und auch noch einem Workshop "Hundebegegnungen" angemeldet.

Hattest du eine Einzelstunde bei deiner Trainerin gehabt, oder kam das während des Kurses in der HuSchu?

Die Einschätzung von Trainerin B aus dem Hundeverein ergab sich, als wir quasi aus der HuSchu rausgeflogen sind. Leo war derartig unruhig und abgelenkt, dass wir noch nicht einmal einen Slalom durch die anderen Teilnehmer geschafft haben... Daraufhin bat sie mich die Gruppe zu verlassen und lieber mit dem Einzeltraining anzufangen...

Sie hat ihn beobachtet und nur noch Bauklötze gestaunt - er müsse entweder viel älter sein als angegeben, oder aber depriviert. Er konnte mit Leckerchen am Boden nichts anfangen, lief beim schnellen Richtungswechsel eher mechanisch als aufmerksam mit, und als ich ihr sagte, er halte respektvoll Abstand zu Wasser, fiel sie endgültig vom Glauben ab. Ein Retriever, der beim Anblick von Wasser nicht kollabiert...!

Spätestens da kommt jetzt aber mein Mutter-Instinkt zum Vorschein und ich möchte Leo gerne in Schutz nehmen: Kein Mensch kann mir sagen, wie er die 7 Jahre in Serbien gehalten wurde. Er kennt nichts, er kann nichts - ist aber grundsätzlich freundlich und aufgeschlossen. Im TH hieß es, er habe gestunken wie ein Schweinestall, als er in D ankam, d.h. die hegen sogar den Verdacht, dass er vielleicht in einem Schweine-Koben lediglich als "Zucht-Bulle" für einen Vermehrer gehalten wurde. Das würde vielleicht auch die merkwürdigen Schwielen erklären, die bei älteren Hunden gerne vom Liegen kommen, bei ihm aber an Stellen sind, wo er nicht drauf liegt, z.B. an der Rutenspitze oder zwischen Schulter- und Ellenbogengelenk. Vielleicht lebte er eingepfercht?

Wir haben bereits im Mai mit der HuSchu angefangen, da war er grad ein paar Wochen wieder auf dem Damm, nach Babesiose, Bauspeicheldrüsen- und Dünndarmentzündung... vielleicht war das einfach noch zu früh?

Wie schlimm war denn der Biss, gab es ernsthafte oder überhaupt sichtbare Verletzungen am gebissenen Hund? Ich meine es gibt da auch wesentliche Unterschiede wie "schlimm" man das empfinden kann. Am Ende war es eine relativ harmlose Konfrontation.

Also er hat den Gegner so in die Mangel genommen, dass man beim Menschen "Schwitzkasten" sagen würde. Er hat ihn fixiert, ohne richtig auf ihm drauf zu liegen, der andere konnte sich nimmer bewegen, und blöderweise war sein Vorderlauf in Leos Maul. Wann immer also der andere sich bewegt hat, hat er sich quasi selber weh getan.

Als wir die Hunde getrennt haben, hat man deutlich die Zahnabdrücke gesehen und die Stellen haben ein bisschen geblutet - aber selbst ich als totaler Anfänger wäre nicht in Panik ausgebrochen. Leo selber hat Verletzungen am Maul davon getragen, auch er hat geblutet, aber eben in einem Maße, wo ich sagen würde, mei, passiert halt...

Was genau ist in dieser Situation deine Befürchtung? Das dein Hund auf einen anderen los geht oder umgekehrt?

Beides.
Ich krieg ja schon die Krise, wenn Hunde nur knurren oder gurgelnde Laute von sich geben, wenn sie sich auf die Hinterläufe stellen und mit geöffnetem Maul Richtung Schulter oder gar Hals des anderen gehen. Wo ein Fachmann/eine Fachfrau sofort erkennt, dass das nur ein lustiges Gerangel ist, ein ritualisierter Show-Kampf, bei dem es aber zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd darum geht, den anderen zu beschädigen. Da werde ich schon steif.

Echte Tötungsabsicht kann ich mir nicht vorstellen, dazu geht es ja meistens nicht um existenzielle Ressourcen, aber dass sie sich verkeilen, dass Blut fließt und und und. Das mag sich sicher niemand gerne vorstellen, aber ich als verunsicherte Anfängerin möchte das auf gar keinen Fall erleben.

Ach ja - noch etwas möchte ich euch erzählen:
Ich hab heute Kontakt zum Hundefachmann der THs aufgenommen (nennen wir ihn Trainer C) und ihm von meinen Sorgen erzählt. Er selber sieht das völlig entspannt, rät mir von einer angedachten Kastration angesichts des Alters dringend ab (Alternative: Chip) und meint, ich solle Leo vor allem einfach so nehmen, wie er nun einmal ist. Ein grundsätzlich lieber, verschmuster Hund, der halt hin und wieder andere Hunde nicht mag. Er sieht den Angriff auf den anderen Retriever übrigens ganz stoisch als "Lieblingsfeind". Bloß, weil Leo den nun angegriffen hat, hieße das noch lange nicht, dass er grundsätzlich intakte Rüden angreife.

Mit Trainer C möchte ich in Zukunft wieder engeren Kontakt haben (freilich parallel zu A und B), weil er sowohl die TH-Hunde als auch die Menschen dazu super einschätzen kann und sehr bodenständige Ansichten hat.

Uff, ist ein bisschen viel geworden... sorry!

Liebe Grüße
Rubia

PS: Die besagte DVD habe ich heute bestellt!
 



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