Warum haben hier so viele aggressive Hunde?

Meiner hatte auch/hat immer noch extreme Leinenaggression von Anfang an, als ich ihn bekommen habe. Er hatte es bisher nicht besonders einfach gehabt, mit nur 6 Monaten ausgesetzt, danach 8 Monate Tierheim... er liebt alle anderen Hunde und offline ist er der verträglichste Hund der Welt. Aber wehe es kommt was an der Leine... die Prioritätenliste sieht bei ihm so aus: 1. Artgenossen, 2. Menschen, 3. Kleinzeug.

Einschub: Es gibt da ein ganz hervorragendes Buch dazu, es ist jedoch nicht ganz ernst zu nehmen: "Herrchenjahre - Vom Glück, einen ungezogenen Hund zu haben" von Michael Frey Dodillet. Das Buch kann ich jedem Hundebesitzer allerwärmstens empfehlen! Einschub Ende.

Je dunkler es wird gen Abend, desto aggressiver wird er. Nachts ist er ne wandelnde Waffe, aber nur was knurren und kläffen angeht, gebissen hat er zum Glück bislang noch nichts und niemanden.

Jedenfalls gehen wir so oft wie möglich mit sovielen verschiedenen Hunden aus unserem Verein spazieren. Es ist schon viel besser geworden, aber es gibt auch noch oft Rückschläge und er ist immer noch ne wandelnde Zeitbombe. Ich denke aber, dass es mehr und mehr weniger wird und vielleicht bekomme ich ja doch noch irgendwann einen verlässlichen Begleithund :) Unter Druck funktioniert es schon mal gar nicht.
 
Ich hole das Thema wieder hoch...

warum haben hier so viele (vielleicht kommt es mir auch nur so viel vor)
aggressive hunde ?

Also mein neuester Zugang ist so, weil er vom Vorbesitzer einfach bei dessen 85jähriger Mutter abgesetzt wurde, der Besitzer dann verschwand und die alte Dame vollkommen mit dem damals noch jungen Hund überfordert war.

Jack lebte daraufhin ca. vier Jahre auf 3 x 5 m Innenhof, völlig reizarm und ohne Spaziergänge, ohne Gras, auf dem er laufen könnte, ohne irgendwelche Beschäftigung.

Jack war/ist deshalb mit vielen Reizen, die von außen auf ihn einstürmen einfach überfordert und baut diese Überforderung ab, indem er in der Leine hängt, schreit, kreischt, fiept, bellt (bellen weniger, schreien dafür mehr) - wird der Stress zu hoch lenkt er um und beißt in irgendeinen toten Gegenstand, der halt grad in Reichweite ist (Stöcke, Steine, Parkbänke).
Wobei ich sagen muss, dass er, seit er bei mir ist, nie in irgendwelche Dinge umgelenkt hat.

Es gibt sie also leider, die Hunde, wo der Vorbesitzer soviel falsch gemacht hat und wo der neue Besitzer dann an den Problemen arbeitet oder arbeiten sollte.

Gaby, wenn du bisher noch nie so einen Hund gesehen hast, kann ich dir echt nur sagen: Sei froh, denn es tut einem im Herzen weh, wenn man sieht, wie sich diese Hunde aufführen, weil sie nicht wissen, wohin mit sich selbst... :traurig2:

Liebe Grüße
Birgit
 
Hier kommt mir so einiges bekannt vor. Percy habe ich nun seit 3 Jahren. In seinen ersten vier Lebensjahren musste er einen ständigen Besitzerwechsel durchleben. Laut den Infos die ich bekommen habe waren es 4 Besitzer (auch stark drogenabhängige). Mit vier Jahren kam er ins Tierheim wo er dann auch nochmal 9 Monate war. Die letzte Besitzerin hatte ihn gerade mal 5 Wochen und war dann so überfordert mit ihm dass sie ihn abgegeben hat. Ich bin froh hat sie sich für das Tierheim entschieden, wer weiss wie es sonst mit ihm weiter gegangen wäre. Im Tierheim zeigte er schon eine starke Leinenagression weshalb wir ihn auch lange zu keinen anderen Hunden gelassen haben. Irgendwann haben wir dann den versuch mit einer Hündin gestartet. War kein problem. Auch mit Rüden geht es jetzt ohne Leine. Er hatte damals im Tierheim aucb nach Pflegern geschnapt wenn ihm was nicht in den Kram passte. Aus dem Grund habe ich mir es auch lange überlegt ob ich ihn nehmen kann.

Die Leinenagression habe ich ihm nie weg gebracht. Ich habe alles versucht. Nun, ich kann mittlerweile besser damit umgehen und mach einfach grosse Bogen um andere Hunde. Ich weiss ja das er nichts dafür kann, er wird das schon sein ganzes Leben so gemacht haben weil die Erziehung einfach schief lief. Das schnapen gibt es nicht mehr. Er weiss jetzt das es dies jicht braucht. Und ich weiss was er braucht. Ich lass fremde Menschen ihn nicht anfassen und alle aus meinem Freundes-/Familienkreis kennen ihn so gut dass sie wissen wie man mit ihm umgeht. Er ist ein sehr sensibler und unsicherer Hund und hat wohl einfach gelernt "Angriff ist die beste Verteidigung". Ich liebe ihn so sehr und würde ihn NIEMALS wieder hergeben! Natürlich muss ich böse Blicke und Komentare anderer Hundehalter über mich ergehen lassen. Das geht mir aber mitlerweile sonst wo vorbei. Sie kennen meinen Hund und seine Vorgeschichte nicht!

Ich habe mir als Ersthund natürlich auch immer etwas anderes vorgestellt. Aber wie es halt so ist 1. Kommt es anders und 2. Als man denkt ;)
 
Ich schon:denken24:

Momo kam mit einer Beissproblematik gegen Hündinnen zu uns.
Sie hatte mehrere Hündinnen schwer verletzt, kam bei ihr durch ständiges Mobbing am Gartenzaun zustande, hat sich bei den Vorbesis also erst entwickelt.
Bis vor 4 Monaten konnten wir stolz sagen dass es keinen Vorfall gab (sie ist seit April 2011 bei uns), da wir sie sehr gut beobachten bei Begegnungen und sie enstprechend lenken. Bei dem Vorfall habe ich Momo erlebt wie noch nie....hätten wir sie nicht in einem guten Moment von der Beaglehündin wegnehmen können, hätte sie (und da bin ich mir sicher) sie getötet. Sie war hochexplosiv, hat geschäumt und war sehr sehr schwer zurückzuhalten. Bis sie wieder in unserer Welt und ansprechbar war, ging einige Zeit ins Land.
Was ich aber dabei sehen bzw. lernen konnte...Momo warnt nicht! Ich denke das hat sie "verlernt" weil es zu nix geführt hat.
Hier setzen wir an und sie wird für jedes Knurren, Lefzen ziehen etc. gelobt!

Ich denke dass es sehr sehr viele unterschiedliche Gründe für Aggression gibt und sie nicht immer lenkbar ist aber in vielen Fällen wird sie einfach falsch interpretiert und unter- oder überschätzt.
 
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Jetzt mal eine Frage dazu, zu der ich keine genaue Antwort zustande bringe. Können Hunde denken, bzw. haben Hunde ein Gedächtnis, indem sie in ihre Vergangenheit"schauen" können? Ich meine das so:
Ein Hund läuft doch nicht rum und denkt: "Ich armer Hund hatte so eine schlimme Vergangenheit und deswegen muß ich jetzt andere Hunde auffressen." Ein Hund lebt doch im hier und jetzt. Oder ist es wirklich so, das sich Hunde an ihre Vergangenheit erinnern können, so wie ein Mensch? Es ist mir natürlich klar, das Verhaltensweisen, die sich der Hund angeeignet hat (wie meine Hundehasserin Frieda) nicht einfach wegzuerziehen sind. Aber ich dachte immer, der Hund lebt im Heute und orientiert sich an der heutigen Lebenssituation. Im Klartext: gestörter Hund kommt zu einem HH mit Hundeverstand. Derjenige wird doch den "gestörten" Hund auch nicht mit dem Gedanken erziehen,das der Hund doch so ein armes Ding ist und deswegen darf er sich sooo benehmen sondern versuchen diesen Hund wieder alltagstauglich zu machen. Es geht mir darum zu erfahren, warum einige HH immer sagen: Mein Hund hatte sooo eine schlimme Kindheit und deswegen ist es doch ganz klar, das er an der Leine rumpöbelt.
Frieda hatte auch keine schöne Kindheit und ich werde sie nie zu einem hundefreundlichen Hund bekommen. Aber deswegen darf sie trotzdem keine Hunde fressen und ich zeige ihr,was sie darf und was nicht. Ich renne auch nicht durch die Gegend und sage jedem: Meine arme Frieda war ein Kettenhund und deswege ist es normal das sie Hunde frißt. Ich gehe andern HH aus dem Weg um Konflikte zu vermeiden weil ich weiß, das Frieda keine Hunde mag. Aber ich erlaube ihr nicht, sich aufzupumpen und den lauten zu machen, nur um dann sagen zu können: Die hatte eine schlechte Kindheit, die darf das.

Nochmal zur konkreten Frage meinerseits:
Wieviel ist den Hunden aus ihrer Vergangenheit mitgegeben und wieviel macht der aktuelle HH aus?
 
Der aktuelle Hundehalter macht insofern sehr viel aus, dass manche Probleme nicht oder abgeschwächt auftreten, wenn der Hundehalter sich auskennt.

Allerdings ist erlerntes Verhalten halt erlerntes Verhalten - genauso wie ein konditioniertes Sitz, Platz, auf deine Decke oder sonst ein Kommando.
Das Verhalten war selbstbestätigend, wurde aus Angst, Unsicherheit oder Unfähigkeit des Hundehalters gezeigt - der Hund hatte damit Erfolg und wird es deshalb weiterhin zeigen, bis der aktuelle Halter das Verhalten in positive Bahnen umlenken konnte - das dauert allerdings und geschieht nicht von heute auf morgen.

Also nein, gerade die Leinenaggression ist nicht automatisch weg, wenn ein Hundehalter wechselt - man kann aber daran arbeiten und es abschwächen oder auch gänzlich wegbekommen - dauert halt.

Was ich sofort bei einem Wechsel des Hundes zu mir weg hatte (bis jetzt bei allen meinen Pfleglingen zumindest) ist Aggression gegen den Hundehalter selbst und in relativ kurzer Zeit auch Futteraggression.
Andere Dinge bedürfen mehr Arbeit.

Also ja, auch Hunde erinnern sich an Vergangenheit in der Form von erlerntem Verhalten, das bis jetzt Erfolg hatte - sonst hätte der Hund es nicht gezeigt oder wieder abgelegt. Ansonsten könnten Hunde, die geschlagen wurden beim schnellen Heben der Hand auch nicht zusammenzucken, wenn sie sich nicht erinnern würden, was danach meistens kam. Sie könnten sich keinerlei Hörzeichen merken, sie könnten nichtmal das Verhältnis zum Menschen als positiv im Gedächtnis behalten, wenn es nicht möglich wäre.

Was Hunde nicht tun - und da haben sie uns etwas voraus ist - sie denken nicht über ihre Vergangenheit nach - davon geht man halt aus.

Ich bemitleide einen Hund nicht wegen seiner Vergangenheit - ich ärgere mich über die Hundehalter, die es so weit kommen ließen, aber mein Leben - meine Regeln - daran muss sich auch der neue Hund vom ersten Tag an halten. :denken24:

Ich sehe jetzt allerdings auch nichts Verkehrtes daran, die Geschichte seines Hunde/seiner Hunde zu erzählen - das schafft meist mehr Verständnis des anderen Hundehalters, wenn man sagt: der kennt das nicht, der hat schlechte Erfahrungen gemacht, wir üben das gerade...
Nicht selten erklärt sich der andere Hundehalter dann auch bereit, als Übungs"objekt" zur Verfügung zu stehen - insofern, wenn der eigene Hund davon profitiert, warum soll man es dann nicht erzählen?
 
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Vielen Dank für die informative Antwort,Birgit:winken5:. Mir ging es nur darum zu erfahren, in wie weit der jetzige HH verantwortlich ist für den Zustand des Hundes. Es gab bei mir ein vor einiger Zeit ein Erlebnis, nachdem ich anfing zu überlegen. Als Naala noch jünger war, ging ich auch in die HS um die BH zu machen. Es war noch am Anfang der Übungseinheit und die HH mußten sich mit ihren Hunden in einer Reihe mit ca. 4m Abstand aufstellen. Nun mußte ein HH seinen Hund an der Leine im Slalom zwischen den anderen durchführen. Da war auch ein Hundehalter mit einem Schäferhund dem es nicht möglich war, seinen Hund durchzuführen. Der Schäfer war am kläffen, sich in die Leine schmeißen, in die Luft schnappen usw. Vorher hatte ich mit dem Mann gesprochen und er hatte mir erklärt, das sein Hund gestört sei, weil er immer im Keller leben mußte und nichts kennt. Deswegen führt er sich so auf und dreht durch. Für mich war damals ganz klar, das der Hund "der Schuldige" ist und nicht der arme, freundliche Mann der den Hund gerettet hat aus der schlechten Haltung. So. Dem Mann war es also nicht möglich seinen Hund in Griff zu bekommen. Dann kam der Trainer. Nahm den Schäfer zu sich, ging eine Runde außen um die Hunde rum, um danach ohne Theater zwischen den HUnden den Slalom zu laufen. Der Schäfer hat nicht gebelllt sondern lief zwischen den Hunden, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre. Das war für mich ein besonderes Erlebnis, weil ich bis dahin auch der Meinung war, das der Hund halt so ist wie er ist und man da nichts machen kann. Mir hat dieses Erlebnis gezeigt, das der jetzige HH viel ändern kann am Verhalten eines Hundes. Wenn es der Richtige HH ist. In meiner Gegend laufen viele Hundebesitzer rum, die das falsche Verhalten bestätigen um im Gespräch mit mir sagen zu können:" Da kann ich nichts dafür. Der Hund war schon so, als ich ihn bekommen habe." Mir ging es nur darum zu erfahren, wie weit kann der jetzige HH das Verhalten des Hundes verändern wenn er schon Auffälligkeiten gezeigt hat.
 



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