Mich verwundert es ehrlich gesagt, dass die heutige Hundehaltung so "schlechtgeredet" wird. Ist der Umgang mit dem Hund früher wirklich so viel besser geworden? Ich kann mir das einfach nicht so recht vorstellen, bei dem, was ich von älteren Generationen und deren Erlebnisse bezüglich Hunden so mitbekommen habe...
Nein, er war nicht besser. Das suggerieren naturalistisch-ursprünglich angehauchte Menschen lediglich. Aber die vergleichen ja auch die Kindererziehungsgebräuche von Regenwaldindianern mit denen in einer hochkomplexen und fast überorganisierten Hightech-Gesellschaft.
Die Welpen wurden früher - so 1960 und später - mit der Nase durch ihre Exkremente gerieben (zur Förderung der Stubenreinheit) und bekamen - soweit möglich - mit der zusammengerollten Zeitung ihre Schläge - unter möglichst lautem Geschrei der Hundehalter, damit die Tierchen recht beeindruckt wurden. Mit der Hand führte zur Handscheue und mit der Leine zur Leinenscheue. Zeitungsscheue war nicht so schlimm. Das stand "offiziell" in den damaligen Hundebüchern.
Ich denke, früher wurden viel mehr Hunde mit aversiven Methoden trainiert als heute, wobei es da leider in gewissen Kreisen eine Art "Revival" zu geben scheint. Trotzdem, ich glaube kaum, dass früher viel mit "positiv arbeiten", "Bindungsaufbau", "Vertrauen" war. Da habe ich von älteren Menschen eher Gegenteiliges mitbekommen: da wurde dem Hund halt eins übergezogen, wenn er nicht horchte, die Nase schön in die Pipipfütze gedrückt, Methoden wie Alphawurf, Schnauzgriff etc. waren damals auch viel weniger verpönt als heute.
Stimmt - so war es. Der Hund bekam auf die Nuss, fertig. Ordentlich am Nackenfell schütteln und sowas. "Der muss wissen, wer der Herr ist". Welpen wurden anfangs in der Nacht weggesperrt - da muss er durch. Soll er schreien, das gibt sich. Ansonsten gabs was......., siehe oben.
Dass es so viele Hundeschulen gibt, liegt meiner Meinung nach eher daran, dass wir heute in einer Luxusgesellschaft leben, in welcher der Hund somit für die meisten Hundehalter eine viel wichtigere Rolle im Leben spielt als früher. Solange man damit beschäftigt ist, das eigene ÜBerleben zu sichern (überspitzt formuliert), wird man ja wohl kaum darüber nachdenken, ob der eigene Hund gut ausgelastet ist und dass man doch mal mit Agility anfangen könnte.
Es gab keine Hundeschulen wie heute - die "Hundeplätze" für Schäferhund & Co. ausgenommen. Man hatte ein Buch, fragte einen Hundehalter und machte das, was gesagt oder geschrieben wurde. Um Hunde hat man sich keinen großen Kopf gemacht. Der lebte so mit im Haushalt, fertig.
Manche brachten ihren Hunde ein paar Tricks bei - Pfötchen geben, Männchen machen, toter Hund spielen, auf Kommando bellen und sowas. Vielleicht noch dem Papa die Pantoffeln bringen, wenn der von der Arbeit kam. Das reichte zur Auslastung.
Auch sonst hat sich in der Hundehaltung sicherlich etliches geändert. Ich glaube, früher war es noch üblicher als heutzutage, dass die Hunde auf dem eigenen Grundstück blieben und selten mal irgendwohin mitgenommen wurden. Ist doch klar, dass ein Hund, der nur den eigenen Garten kennt, nicht allzu viel können muss.
So ist es.
Die Zeit war anders, in ländlichen Gebieten war wesentlich weniger Verkehr. Rannte mal einer auf die Strasse und kam unters Auto, war das Pech. Fertig. Hauptsache nichts am Auto. Hund großartig operieren? Fehlanzeige, es gab allenfalls in Großstädten Kleintierärzte. Auf dem Land machten das die TÄ "nebenbei mit, die ansonsten bei den Bauern Rinder und Schweine behandelten. TA durfte vor allem nicht viel kosten, das Geld war wesentlich knapper als heute.
Ich kenne als Kind/Jugendlicher noch die verkommenen struppigen Kettenhunde bei den Bauern und abgelegenen Häusern. Die kläfften für ihr bischen Abfall-Futter (eine Kartoffel, ein bischen Sosse, etwas Gemüse, mit Glück ein Stückchen Wurst) ihr Leben lang und wenn sie nicht mehr kläffen konnten, bekamen sie einen Knüppel über den Schädel - oder wenn sie Glück hatten eine Kugel in den Kopf - und am nächsten Tag hing ein neuer Hund an der Kette.Alle paar Wochen wurde mal die *******e weggekehrt, in der sie in ihrem Kettenbereich lebten und die grüne Algensuppe in dem alten Kochtopf wurde gegen frisches Wasser ausgetauscht.
Heute wünschen sich aber die meisten Hundehalter einen alltagstauglichen Begleiter, der möglichst überallhin mitkommen kann. Und da mehr und mehr Hunde und Menschen auf engem Raum zusammenleben, verändern und steigern sich eben auch die Anforderungen an den Hund.
Ja, man kann die Zeiten einfach nicht vergleichen
Es gab wesentlich weniger Hunde, Mehrhundehaltung gab es - ausser Hundesportlern und Züchtern - fast garnicht. Die Viecher kamen 3 mal am Tag raus, kamen mit zum Einkaufen und wurden vorm Böcker oder Schlachter festgebunden. Das war es schon ziemlich, mit den größeren wurde noch mal Fahrrad gefahren fertig. Die Hunde "liefen so mit", durften nicht viel kosten und keine Arbeit machen.
Ich weiß nicht, ich kann mit diesem "natürlichen Umgang mit dem Hund", den es früher anscheinend gab, nicht so viel anfangen. Für mich klingt das ein bisschen sehr nach Verklärung der Vergangenheit. So wie es auch heißt, die Jugend war früher viel besser, angepasster, wohlerzogener, bescheidener, redlicher etc.