Übernahme von Behandlungskosten nach Beissvorfall - Wert eines Hundes

Der Fall:

Hündin Ronja (angeschafft für 100 €) war durch einen Beissvorfall mit einem Wolfshund so schwer verletzt worden, dass Behandlungskosten von 4.200 € anfielen.
Der Halter von Ronja und die Halterin des Wolfshundes (eher deren Versicherung) stritten um die Höhe der zu übernehmenden Behandlungskosten und der Fall landete zunächst vor dem Amtsgericht, dann vor dem Landgericht.

Das Urteil:

Das Landgericht Oldenburg hat zur Höhe der zu übernehmenden Behandlungskosten den dreifachen Wert der jährlichen Haltungskosten angenommen. Die jährlichen Haltungskosten für die Hündin wurden mit 1000 € beziffert, mithin ergab sich ein Betrag von 3.000 €. Entscheidend war auch, dass das Gericht Ronja als Familienhündin - mithin als eine Art Familienmitglied - gesehen hat und diese Eigenschaft nicht verneint hat, was etwa bei einem Wachhund im Zwinger der Fall gewesen wäre.

Da die Behandlungskosten diesen Betrag überstiegen, muss der Halter von Ronja nunmehr 1.800 € selbst zahlen.

https://www.ndr.de/nachrichten/nied...t-fuer-Gericht-eine-Sache,jackrussell100.html

Das Urteil wurde am 10.12.2014 gesprochen, ist noch nicht verfügbar und kann daher nicht "ausgewertet" werden.
Es kann auch noch angefochten und in der Revisionsinstanz geändert werden.

Persönliche Anmerkungen:

Wo bei dieser Rechnung nun die "überschiessenden" 600 € "herkommen" erschliesst sich mir derzeit nicht.

Die Haltungskosten für (die kleine) Ronja wurden mit 1000 € p.a. beziffert, also gut 83 € im Monat.
Sind mithin 1000 € für kleine Hunde, evtl. 1.300 € für mittlere Hunde und evtl. 1.500 € für große Hunde anzusetzen?

Woraus (genau) setzt sich dieser Betrag zusammen und sind die Haltungskosten bei einem chronisch kranken Hund um die Behandlungskosten höher zu beziffern?

Handelt es sich bei den Haltungskosten um subjektiv die von Ronja oder gelten die allgemein für einen kleinen Hund? Was ist mit besonders aufwändiger Haltung,

Wieso erkennt das Gericht auf 3 Jahre und nicht auf 2 oder 5 Jahre?

Welche Rolle spielt der Kaufpreis, wird ein sehr hoher Kaufpreis - z.B. für einen hoch ausgebildeten Jagd- oder Schutzhund - in irgendeiner Form angerechnet?

Wieso wird zwischen einem Familienhund, einem Zwingerhund und einem reinen Schosshund unterschieden, wie der Gerichtssprecher in dem Video erklärt?

Wird z.B. die ehrenamtliche Leistung eines Hundes für die Gesellschaft - etwa Rettungshund - irgendwie berücksichtigt?

Mit welcher genauer Begründung hat das Gericht die Regelung des § 90a BGB

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__90a.html

gelöst, wonach Tiere "keine Sachen sind", indes "die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind"?
 
Auf die Fragen weiss ich auch keine Antwort...aber ich finds frech wie sich da gedrückt wird.

Realistisch wäre für mich nicht der Haltungspreis oder die Aufgabe des Tieres, sondern der durchschnittliche Preisspiegel der Tierärzte für die Art der Behandlung. Wenn der Halter zu einem teureren Tierarzt geht, kann man sagen ok, den Mehrpreis musst du zahlen, aber der Grundpreis wird voll übernommen. Das würde für mich mehr Sinn machen.

Allerdings ist nicht alles was unser Rechtssystem wurstelt nachvollziehbar. :traurig2:
 
Einige Gedanken

3facher Wert. Ist Ronja eventuell 3 Jahre alt?
600€ überschüssig sind vielleicht die Gerichtskosten? Die Halterin des Wolfshundes muss 3000€ zahlen für Gerichtskosten UND Behandlung und demzufolge bleiben für die Behandlung eventuell nur 2400 übrig weshalb der Halter von Ronja den Rest selber zahlen muss.

Ein Familienhund hat im Gegensatz zu einem Zwingerhund eventuell einen höheren Stellenwert. Er wird vom Besitzer stärker geschützt und vielleicht wird deshalb davon ausgegangen dass der Hund für den Besitzer einen höheren ideelen Wert hat als ein Zwingerhund.

Auf die restlichen Fragen hab ich für dich dann aber keine Antwort. Da bleibt dir nichts anderes übrig als das genau solche Vorfälle mit den abweichenden Parametern passieren damit du dort eine Antwort erhälst.
 
Ich versteh grad diese Rechnerei gar nicht.

Warum übernimmt die Haftpflicht des Wolfshundes nicht die gesamten 4200 Euro Behandlungskosten ? Steh ich grad aufm Schlauch ???
 
Sollte der Wolfshund nicht Haftpflicht versichert sein, wäre es von Vorteil für den geschädigten Hundebesitzer eine Forderungsausfallversicherung/ Klausel bei seiner Hunde- Haftpflicht integriert zu haben, dann würde die nämlich zahlen, für den Gegner, sollte er nicht zahlen können.:jawoll:
 
Warum übernimmt die Haftpflicht des Wolfshundes nicht die gesamten 4200 Euro Behandlungskosten ? Steh ich grad aufm Schlauch ???

Nöö, stehst Du nicht.

Die Versicherung will wissen, wie sie in künftigen Fällen verfahren "muss" und lässt den Fall gerichtlich klären.
Im Grunde geht es darum, das Spannungsverhältnis zwischen "Wert" des Tieres und den Behandlungskosten zu klären.

Tiere sind - § 90a BGB - keine Sachen, werden aber im Rechtsverkehr entsprechend als solche behandelt.

Vergleich wir das mal mit einem Auto im Wert von 1000 €. Das wird durch einen Unfall beschädigt, die Reparaturkosten betragen 2500 €. Da die Reparaturkosten den Wert des Autos übersteigen, ersetzt die Versicherung nur den Wert, mithin 1000 € -, aber abgestellt auf die Wiederbeschaffungskosten eines solchen Autos. Daher kann der eigentliche Schadensersatzbetrag auch ein bischen höher sein, je nach Marktlage, Preise der Gebrauchtwagen mithin 1100 oder 1200 €.

Danach würden - rein auf Sachenrecht beschränkt - bei dem Hund Behandlungskosten in Höhe von 100 oder 120 € übernommen werden. So war das "früher" auch.

Da Tiere aber eben keine Sachen sind, bringt diese Vorgehensweise keine sachgerechte Lösung. Andererseits sind aber - weil Tiere entsprechend wie Sachen behandelt werden - die Behandlungskosten nicht unbegrenzt schadensersatzfähig.

Und da braucht es eben Maßstäbe, mit denen künftig solche Fälle gelöst werden können. Das Landgericht hat sich nun als "Obergrenze" für die 3fachen Jahreshaltungskosten entschieden.

Deshalb ist das schriftliche Urteil - was noch nicht verfügbar ist - ja so interessant, weil darin die Erwägungen aufgeführt sind, von denen sich das Gericht leiten liess.

Da Tiere aber keine Sachen mehr sind, greift das reine Sachenrecht nicht
 
Also das ist ja ein Ding.

Ich bin immer davon ausgegangen, dass eine Haftpflichtversicherung solche Behandlungskosten immer übernimmt, egal wie hoch diese sind und was es für ein Hund ist bzw. wie teuer dieses ist ... da hab ich wohl zu naiv und zu einfach gedacht.
 
Nee, hast Du nicht. Das muss man erstmal wissen - und dann hat es einen entweder selbst erwischt oder sowas passiert im Bekanntenkreis.
Ausserdem sind solche teuren Fälle ja auch nicht die Regel.

Die Versicherungen handhaben das auch unterschiedlich. Ich hatte vor 4 Jahren den Fall einer 15-jährigen kleinen Mischlingshündin auf dem Schreibtisch, die von einem Jagdhund übelst zugerichtet worden war. Der hat die regelrecht skalpiert. Die Behandlungslosten von rd. 3000 € wurden anstandslos von der Versicherung des Jagdhundehalters übernommen und der Jagdhund selbst wurde als Gefahrhund eingestuft.
 



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