Über die "Überbeschäftigung" unserer Hunde...

Zitat:
Natürlich spricht nichts dagegen, den Hund körperlich auszulasten, indem man ihn mit zum Joggen nimmt – im wohlüberlegten Maße. Man sollte nur bedenken, dass der Hund das nicht wirklich braucht, sondern vielmehr weil es uns Mensch Freude macht, gemeinsam mit unserem vierbeinigen Freund etwas zu unternehmen.

Wenn aufgrund des (Über-)Beschäftigungsprogramms der Stoffwechsel des Hundes ständig gepushed wird, so dass er hibbelig wird und andauernd fordert und von alleine gar nicht mehr zur Ruhe kommt (oder in manchen Fällen auch körperliche Symptome zeigt), dann ist das gesunde Maß weit überschritten.

Also ich gehe davon aus, dass 30 -40 km Joggen nicht mehr unter "wohlüberlegtes Maß" fallen.
Ich selbst hatte meine Probleme mit dieser Vorstellung und habe schon bei mehr als 20 km gesagt, das muss zu viel sein.

Die absolut eindeutige Freude bei Kira war dann der Grund, dass wir uns einigten, mein Mann nimmt sie mit und bei ersten Anzeichen, dass es zu viel wird, bricht er ab.
Ende vom Lied war, dass er fix und fertig war und beenden wollte und Kira eigentlich weiterlaufen wollte.

Trotzdem fordert sie das nicht ein. Sie ist genauso ruhig im Haus wie immer, auch wenn mein Mann wochenlang auf Geschäftsreise ist und es gar kein Joggen gibt. Sie ist das genaue Gegenteil von nervös und hibbelig, trotzdem rennt sie gern 40km mit meinem Mann und geht danach noch selbstverständlich mit mir Gassi im Wald wie immer.

Nicht weil ich das unbedingt wollte, sondern weil sie will.
Diese Art Hund gibt es also schon auch noch, von daher mag ich die Pauschalität nicht.

Das hat aus meiner Sicht dann auch schon lange nichts mehr mit rassespezifischer Auslastung zu tun, sondern da überträgt ein Mensch Ansprüche und Erwartungen an seinen Hund, die mit den eigentlichen Bedürfnissen des Hundes nichts mehr zu tun haben.

Wie gesagt, das gibt es sicher, im Grundsatz stimme ich den Aussagen ja zu.
Aber trotzdem gibt es auch die Hunde, die eine gewisse körperliche Auslastung tatsächlich brauchen/wollen und eben nicht auf Dauer zufrieden sind, wenn es jeden Tag "nur" eine Stunde Action gibt.

Die Krux ist, herauszufinden, was der eigene Hund tatsächlich gern macht und eben nicht die eigenen Wünsche in den Vordergrund zu stellen.

Bei uns:
Fahrradfahren = nicht toll. Wäre Stress, wenn sie das regelmäßig machen müsste, genau wie jeder Hundeplatz Stress bedeutet.
Da wäre schon eine halbe Stunde täglich zu viel.

Erkunden in der Natur und Joggen = super. Von Kira aus jeden Tag mehrere Stunden, ohne Stress, ohne Nervosität und hibbelig fordernd wird sie damit auch nicht.
 
Der Artikel ist nicht schlecht und mag auf die meisten "Familienhunde" zutreffen, aber verallgemeinern und auf alle Hunde drücken, geht finde ich nicht.

Chihiro wäre wohl mit normalem Gassi und etwas Dummysuchen und ein paar Rennspiele zufrieden, aber Heavy würde da durchdrehen... Sie ist einfach ein Arbeitshund und braucht ihre Auslastung, sonst wird sie im Haus unangenehmer. Das hab ich jetzt schon auf die paar Tage gemerkt, als ich sie noch nicht eingespannt habe, weil sie sich erst einleben sollte.

Wenn sie ihre Kilometer laufen durfte, ist sie der angenehmste Hund im Haus.
 
Das gesunde Bauchgefühl geht immer mehr verloren.
Da gibts den Welpen der mit 11 Wochen durchdreht, aber Sitz, Platz, Leinenführigkeit... klappen doch so toll, er lernt so gerne!
Auf der anderen Seite den Gartenzaundauerkläffer, der nicht mal weiß wie es eine Straße weiter aussieht.
Jede Rasse, jeder Hund ist individuell, darum machen mir solche Pauschal"watschn" auch etwas Bauchgrummeln.
Für jedes Lebewesen sind unterschiedliche Eindrücke, Aktivitäten und Bewegung wichtig für Körper und Geist.
Eine Jagdsequenz z.B. fordert Körper und Geist extrem, Schnelligkeit, Ausdauer und Taktik müssen stimmen, einem Hund wird der Napf hingestellt und fertig...
Die gesunde Balance zu finden ist heute die Hauptaufgabe des Menschen, aber die Fähigkeit das erfühlen zu können scheint immer mehr abhanden zu kommen.
 
Eine Jagdsequenz z.B. fordert Körper und Geist extrem, Schnelligkeit, Ausdauer und Taktik müssen stimmen, einem Hund wird der Napf hingestellt und fertig...
Exakt. Genau das ist es auch, was mich an der Argumentation stört. "Das Wildtier in der Natur liegt den ganzen Tag faul rum, deshalb muss der Sofahund das auch."
Das ist ein Trugschluss. Das Wildtier hat seine festen Aufgaben, die tagtäglich erfüllt werden müssen, sonst ist das Überleben einfach nicht gesichert.
Welche Aufgaben hat der durchschnittliche Haushund so?
Die meisten Hunde suchen sich ja selbstständig Aufgaben, was ihnen dann aber wieder verboten wird. Irgendwie scheint es in unserer Gesellschaft nicht gerne gesehen zu sein, wenn der Hund Nachbars Kinder hütet ^^
Kriegt der Hund garkeine Aufgabe und soll nur rumliegen, dann verkümmert er geistig auch.

Auf der anderen Seite sehen viele Menschen aber auch garnicht, was ihrem Hund viel geistige Arbeit abverlangt, wie in @HerrLehmann s Beispiel. Was ist schon so anstrengende Arbeit daran, dass der Hund eine halbe Stunde im Schrittempo neben mir herlatscht? Kann so schlimm ja wohl nicht sein ;)
 
Kann natürlich sein, dass manche nicht wissen, was anstrengend für den Hund ist, weil es für uns "ganz einfach" aussieht.
Ich war gerade auf unserer Abendrunde, "nur" eine gute dreiviertel Stunde.
Wir waren langsam unterwegs, allerdings sind wir in unseren Wald gegangen, an der kurzen Leine (zusammengesteckt auf etwa 1,5 Meter).
Ich habe hinter unserem Gartentor Kira die Führung überlassen.

Sofort Nase auf den Boden, dem schmalen Trampelpfad gefolgt, dann bergauf auf einem weiteren sehr schmalen Trampelpfad in den Wald.
Dazwischen öfter mal stehen bleiben, Nase in den Wind, angestrengt hören und riechen, dann ging's weiter.

War jetzt zugegeben nicht der 0815 Weg, vom Gehen her aber eher für mich anstrengend, weil ich aufpassen musste nicht auszurutschen bzw. über diverse Wurzeln und Äste zu stolpern. Für Kira sehr langsames Tempo, aber volle Konzentration.

Nach gut 20 Minuten haben dann etwa 50 - 60 Meter von uns entfernt 3 Rehe gequert.
Wir sind stehen geblieben, Kira musste ruhig bleiben und sitzen, durfte sie aber mit den Augen verfolgen.

Als sie weg waren, sind wir auf dem Weg weiter und als Kira die Stelle erreichte, an der sie sich aufgehalten haben und aufgeregt alles abschnüffelte, hat sie zur Belohnung ihren Lyoner bekommen.

Als sie fertig war, sind wir gemütlich nach Hause spaziert, natürlich bergab über Stock und Stein.
Kein Tempo, keine wesentliche Strecke, aber gerade liegt ein zufriedener, entspannter Hund neben mir, der sich sehr wohl angestrengt hat, auch wenn das auf den ersten Blick nicht sichtbar ist.

Ich weiß, dass meine Vorgehensweise "unorthodox" ist, aber es ist die einzige Art und Weise wie Kira ihrem Jagdtrieb kontrolliert nachgehen kann, ohne jemanden zu gefährden. Und ja, das braucht sie.
 
Moony ist nach Waldspaziergängen auch immer wesentlich "müder" als auf den normalen 0815 Runden, die wir nachmittags immer so machen.
Am krassesten haben wir es im Urlaub gemerkt.
Nach dem Tag am Strand war sie immer sowas von im Sack.
Sie kam ins Appartment, legte sich hin und hat sofort geschlafen.

Am Strand hat sie den ganzen Tag gescannt, beobachtet...
Wo gehen die jetzt wieder hin, wer kommt da, wer geht da, nach was riecht es hier...
Gut, manchmal ist sie schon am Strand eingeschlafen (bei mir auf der Liege :) ),
aber das kam immer erst nach einigen Tagen, wenn sie sich an den ganzen Ablauf gewöhnt hatte.

Weil spazieren gehen, war da nicht so üppig bei den Temperaturen.
Da sind wir nur morgens und spät abends Gassi gegangen.
 
Mir gefallen Teile des Artikels. Aber an anderen Stellen konnte ich nur mit den Augen rollen.

Verglichen mit dem Wildtier, sind unsere Hunde komplett arbeitslos. Die müssen sich weder um ihre Sicherheit noch um ihr Futter noch um ihr Revier kümmern. Sogar die Fortpflanzung wird vom Menschen organisiert. (Der Vergleich hinkt sowieso, aber wenn er denn sein muss, dann bitte richtig: Wildtiere haben richtig viel potentiellen Stress und nur selten wirklich Ruhe.) Die Forderung nach einer vernünftigen Aufgabe insbesondere für traditionelle Arbeitshunde ist meiner Meinung absolut richtig.

Richtig ist aber auch: man kann alles übertreiben. Ich bin allerdings nicht unbedingt der Meinung, dass man zu viel mit dem Hund machen kann, es sei denn, man macht einen Vollzeitjob draus. Die Zeit muss aber auch der Mensch erst mal aufbringen. ;) Man kann aber das Falsche machen - falsch für den jeweiligen Hund (und da gebe ich der Autorin auch nicht recht: auch wenn jeder Hund zuallererst einfach nur Hund ist, sind die verschiedenen Rassen gerade in Sachen Beschäftigung sehr unterschiedlich, dafür wurden Rassen nämlich "erfunden"). Man kann einen Hund zum Adrenalin-Junkie machen, man kann einen Hund sinnlos aufhetzen, man kann einen Hund mit immer neuen Aufgaben verwirren und nervös machen. Das kann man mit 20min Beschäftigung am Tag genauso erreichen wie mit 4 Stunden Beschäftigung und gleichermaßen kann man einen Hund mit 20min oder 4 Stunden strukturierter Beschäftigung glücklich machen. Der Wahnsinn liegt nicht in der Quantität sondern in der Qualität.

Ich komme allerdings immer mehr zu dem Schluss, dass die traditionell als "anspruchsvoll" geltenden Hunde vor allem deshalb anspruchsvoll sind, weil sie noch viel sensibler auf bestimmte Übertreibungen reagieren als die "unkomplizierten" Hunde. Wobei ich da noch nicht sicher bin, wo genau das Problem liegt. Wenn Hunde aus manchen ursprünglichen Arbeitsrassen nach einer Stunde Gassi in belebten Gebiet so drüber sind, dass für den Rest des Tages am besten nur noch Ruhe zu halten ist, dann frage ich mich einerseits, wie die jemals ihre angestammte Arbeit machen sollten und ich stelle andererseits fest, dass ich doch lieber weniger anspruchsvolle Hunde für mich bevorzuge, mit denen ich nach einem 2stündingen Gassi incl. diverser Apportier- und Suchspielchen noch ein Weilchen tricksen kann, wenn mir danach ist. Für mich persönlich wird immer häufiger die Bezeichnung "Arbeitshund" zum Synonym für "potentiell nicht belastbares Nervenbündel" und "Begleithund" zum Synonym für "Alles kann, nichts muss". ;)
 
Hmm...ich finde den Artikel etwas zu einseitig.

Prinzipiell sehe ich es nämlich schon so, dass insbesondere Arbeitshunde eine Aufgabe brauchen. Darauf wurden sie schließlich teils seit Jahrhunderten gezüchtet.

Allerdings geht bei der Auslastung die Qualität vor die Quantität. Und da gibt es natürlich die Extreme, wo der Aussie oder Border 3x die Woche Agility macht, dann vielleicht noch trailen geht und jeden 2. Tag am Rad "ausgepowert" wird. Natütlich ist das kontraproduktiv. Es muss das Verhältnis stimmen zwischen Beschäftigung und Ruhe.

Ich kenne mehr unter- als überbeschäftigte Hunde.
 
Die Krux ist, herauszufinden, was der eigene Hund tatsächlich gern macht und eben nicht die eigenen Wünsche in den Vordergrund zu stellen.

Ganz meiner Meinung!
Man sollte die Art und Dosis der Auslastung zusammen mit dem jeweiligen Vierbeiner ausloten. Denn jeder Hund ist anders. Und dazu kommt auch noch der Tagesablauf und die Gewohnheiten des HH. Dies sollte alles mit einbezogen werden, damit es Hund und Halter als "Symbiose" gut geht. Das wirkt sich meines Erachtens letztendlich positiv auf den Stresslevel und der Gesundheit aus. Bei beiden Partnern!
 



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