Ich glaube, zum Verständnis hole ich doch nochmal etwas aus....
Selbstverständlich stelle ich meine Führungsqualitäten extremst in Frage und natürlich fühle ich mich momentan vollkommen überfordert. Und mit Sicherheit habe ich einiges falsch gemacht, weil ich an die Erziehung so ran bin, wie ich das bisher mit allen meinen Hunden gemacht habe. Hugo hat mein Hundeverständnis bis auf die Grundfeste erschüttert. Als Hugo eingezogen ist, habe ich mit vielen Problemen gerechnet. Dass er nicht laufen will. Dass er sich nicht erziehen lässt auf Grund seiner Sturheit. Dass er sich mit Hannibal nicht versteht. Dass er gesundheitliche Probleme hat. Ich liebe Bulldoggen schon ewig und hätte immer behauptet, mich mit der Rasse auszukennen. Die normalerweise eher behäbig und liebevoll ist, und kein Aggressionspotential hat. Aber ich habe sicher nicht damit gerechnet, dass so etwas passieren könnte. Dass ich einen Hund adoptiere, der eine tickende Zeitbombe ist. Niemals hätte ich mich für ihn entschieden und mir das auch auf keinen Fall zugetraut, hätte ich es auch nur ansatzweise vorher gewusst. Hugo ist in einer Stresssituation dermaßen ausgeflippt, dass er mich, sein Frauchen, angegriffen und schwer verletzt hat. Er hat mich von hinten angefallen und in den Oberschenkel gebissen. Ein paar Minuten später, der Stresslevel war zwar runter und wir waren inzwischen weiter gegangen, begegnete uns ein junger Schäferhund, der an der Leine flippte. Und es eskalierte nochmals, diesmal ging er auf das Herrchen los, der ihn an der Leine hatte. Nicht bewusst und gezielt, aber ich bzw. mein Freund waren halt grade greifbar, da wir ihn an der Leine hatte. Einen angeleinten Hund von anderen Hunden fernzuhalten ist einfach. Einen angeleinten Hund, der einen selbst angreift, von sich fern zu halten, schier unmöglich. Und er hätte alles gebissen, was ihm im Weg gestanden hätte. Unsere erste Reaktion nach dem Vorfall am 15. August war, dass Hugo ausziehen muss. Nach vielen Gesprächen und Überlegungen möchten wir Hugo eine Chance geben. Da er noch jung ist. Da es nicht im häuslichem Umfeld geschehen ist. Da er nicht von Grund auf Aggressiv ist. Da er noch nicht lange bei uns ist und noch Zeit braucht, um Vertrauen aufzubauen. Da er und Hannibal sich heiß und innig lieben... Wir haben uns bewusst und auf Anraten für diese Hundeschule entschieden:
http://www.dogwhisper.de/index.html, da sie sehr viel Erfahrung und viele Erfolge mit verhaltensauffälligen Hunden hat.
Für uns alle sind die letzten Wochen und auch die noch kommenden Wochen extrem schwierig und stressig. Zb. da ich alleine mit beiden Hunden arbeite, mein Freund ist vollkommen überfordert und zudem auch nicht so der Hundemensch ist wie ich. Er hat keinerlei Geduld für das Training. Folglich mach ich alles alleine, Vollzeitjob, 4 -5 Spaziergänge, Trainingseinheiten, Spielen, kuscheln, Haus, Garten... Und gerade fühle ich mich echt ausgelaugt. Meine Gemütslage schwankt permanent zwischen Hoffnungsvoll (wir schaffen das!) und Frustration. Ich möchte nicht, dass Hugo auszieht. Aber wenn ich nicht die Richtige bin für ihn und wir das nicht schaffen, dann muss er leider gehen. Das schlimme für mich ist, dass ich es einfach nicht verstehe. Zu Hause ist er der tollste Hund, er achtet auf mich, akzeptiert meine Führung, ist kuschelig, verspielt, neugierig, sehr aufgeweckt und gelehrig.
Selbstverständlich sind unsere momentanen Spaziergänge ruhig und reizarm. Morgens früh bin ich um 5 Uhr mit beiden Hunden zusammen unterwegs. Da begegnet uns außer dem Zeitungsausträger niemand, und auch in dem Waldstück pennt noch alles. Bei diesen Spaziergängen hatte ich auch nie irgendwelche Probleme. Die Nachmittagsspaziergänge mache ich überwiegend getrennt. Das heißt ich gehe erst mit Hannibal und anschließend mit Hugo. Wenn ich alleine mit ihm bin, hatten wir ebenfalls noch nie wirklich heftigen Stress. Aber ohne Hannibal spazieren zu gehen, dazu hat Hugo auch nicht wirklich Lust und erfordert immer viel Überzeugungsarbeit. Hier hat mir Aleks, unsere Trainerin, aber schon sehr weitergeholfen. Auch bei diesen Einzelspaziergängen scannt er viel, aber ich habe das Gefühl, er lässt sich nicht ganz so schnell aus der Ruhe bringen, wie wenn wir mit Hannibal und meinem Freund zusammen gehen. Er reagiert auf mich und er hört, sitz, stopp, hier geht. Er hängt auch nicht in der Leine, sondern trabt ruhig neben mir her. Aber er will auch immer den kürzesten Weg nach Hause gehen. Das Kommando Schau baue ich grade auf. Nichtsdestotrotz hat er nicht wirklich Spaß auf diesen Spaziergängen. Und er reagiert auf jedes Geräusch, jede Bewegung. Wenn ich mit ihm alleine bin, habe ich das Gefühl, es ist Unsicherheit. Wenn HB dabei ist, denke ich, dass Hugo die Rolle des Bodyguards übernimmt. Es ist schwierig, sein Verhalten zu beschreiben.
Achso, der Punkt, der Euch am meisten aufstößt, die halbe Stunde vor dem Napf zu warten, interessiert Hugo überhaupt nicht. Erst sabbert er ein bisserl und dann legt er sich entspannt hin, er ist nicht ungeduldig, noch sonst irgendwie gefrustet. Es ist jetzt wie gesagt auch nicht so, dass er jedes Mal so lange warten muss. Schlimmer ist für ihn, wenn Hannibal vorher fressen darf und er warten muss.