- Erster Hund
- Rudi, Labi (5.8.15)
Passt zwar nicht zum Ausgangsthema der TO, aber ich habe ein Beispiel zum Thema Souveränität vom vorgestrigen Samstag Morgen.Souverän ist man nicht wenn man sich so fühlt solange alles im Butter ist. Souverän ist man genau im Gegenteil wenn es Reibungen gibt bzw. in Krisenzeiten.
Und damit wäre auch gleich erklärt wie man am besten Bindungen aufbaut. In dem solche Krisen gemeinsam und für beide Seiten möglichst positiv überwunden werden.
Nochmal vorausgeschickt: Rudi ist mein erster Hund seit jetzt 5 1/2 Jahren und in den ersten 2 Jahren habe ich mächtig viele Fehler gemacht. Unter anderem musste mein Hund fast alles alleine managen. So stand ich Ahnungsloser damals daneben und sah ihm zu, während er versuchte zu beschwichtigen/deeskalieren oder gemobbt wurde und ich dachte nur: "Ach, der spielt aber schön!"
Jetzt trafen wir vorgestern auf eine 3er Gruppe (3 Männer, 3 Hunde), die wir schon ein paar Mal zufällig im Wald getroffen hatten. Bisher sind wir uns aber immer entgegen gekommen, jetzt kamen sie an einer T-Kreuzung von rechts und gingen in die Richtung, in die ich auch musste. Die nächste Abzweigung war knapp 1km entfernt, dazwischen gab's nix.
Den Labrador Bootsmann kannten wir beide schon durch zufällige Begegnungen alleine, die beiden waren auf Augenhöhe. Die beiden Vizsla nicht wirklich. Bei einem der beiden war der 6-Monats-Kastrationschip gerade abgelaufen. Und so verhielt er sich auch. Er wollte pausenlos und ständig meinen Hund rammeln. Ich ließ die beiden erst kurz miteinander interagieren, meiner bot dem aufdringlichen Vizsla ein kurzes Lauf-"Spiel" an, versuchte ihn 1 - 2 mal abzublocken, aber was das Thema angeht ist mein Hund einfach nicht resolut genug. Es zeichnete sich ab, dass er keinen Erfolg haben wird. Also schritt ich ein und blockte den Vizsla ab. Wieder und wieder und wieder. Anfänglich entfernte sich mein Rudi immer noch von mir, so dass ich ihn, um in schützen zu können, zu mir zurückrufen musste, nach ein paar Mal verstand mein Hund mich aber und blieb dann freiwillig bei mir. Und dann konnte ich für die nächsten ca. 7 - 8 min endlich das tun, was ich vom ersten Tag hätte tun müssen.
Das Thema, unserem Hund besser beizustehen, haben meine Ex-Frau und ich bereits vor ca. 1 bis 1 1/2 Jahren besprochen und seither auch immer wieder praktiziert, aber so erfolgreich, so konsequent und so häufig in kurzer Zeit hatte ich es noch nicht umsetzen können. Ich blockte wahrscheinlich locker 30x den fremden Hund erfolgreich von meinem Hund ab. So hatte mich mein Hund bis dahin noch nicht erlebt. Er blieb bis zur nächsten Kreuzung freiwillig leicht hinter mir, obwohl er es eigentlich liebt immer ein paar Meter voraus zu laufen. Beim gegenseitigen Blickkontakt sah mein Hund entspannt aus, ich konnte keine Stresszeichen erkennen. Er überließ mir die Arbeit, die ich gerne für ihn erfüllte.
Als wir uns dann von der Gruppe getrennt hatten, bildete ich mir ein, dass sich mein Hund mir gegenüber anders verhielt. Ich kann es schwer beschreiben, irgendwie enger, vertrauensvoller im Kontakt. Kommandos wurden irgendwie noch besser/freiwilliger/spontaner erfüllt. Auch am nächsten Tag bei Spaziergang im Wald klappten die Dinge besser, die Kommunikation war irgendwie noch vertrauensvoller. Auch hat er am Samstag und am Sonntag noch nie so viel auf der Couch mit mir geschmust, wie an diesem Wochenende.
Wichtig war, dass ich in der Situation mit dem Vizsla permanent auf meine Emotionen geachtet habe. Ich war nicht frustriert, ärgerlich, angespannt oder sonst etwas. Näherte sich der Vizsla unangemessen, wurde er schlichtweg einfach nur abgeblockt. Mal musste ich dazu auch mal mit dem Fuß aufstampfen, mal musste ich ihn auch mit der Hand stupsen (nicht weh tun!!!).
Jetzt werden vielleicht einige einwenden, warum denn der Vizsla nicht einfach an die Leine genommen wurde. Zum einen wäre das nur Management gewesen, zum anderen hätte ich es als verpasste Chance gesehen, meinem Hund zu zeigen, dass er sich jetzt auf mich verlassen kann, dass ich mein Verhalten gegenüber den ersten beiden Jahren geändert habe. Auch konnte ich die Situation nutzen, um an meiner Souveränität zu arbeiten. Früher hätte ich wahrscheinlich nach dem 10ten Block die Geduld verloren, wäre sauer gewesen, dass der fremde Hund es doch jetzt mal endlich verstanden haben müsste. Aber dass wir Menschen zu wenig Geduld haben, habe ich auch von den Hunden gelernt. Wäre der Weg länger gewesen, hätte ich den Vizsla auch 100x geblockt ohne mich aus der Ruhe bringen zu lassen. Vielleicht hätte ich eine andere Strategie versucht, vielleicht hätte ich mal einen lauten Anschiss versucht, aber ich hätte nicht meine innere Ruhe verloren. Und das zu können, ist ein tolles Gefühl! Das sehe ich wie Du:
Der Weg wird nicht enden. Ist aber auch nicht schlimm in meinen Augen. Ist eine tolle Lebensaufgabe.Am souverän arbeite ich persönlich seit 19 Jahren dran.