Positive Verstärkung in der Hundeerziehung - eine kritische Betrachtung

Kommt der neue Hund freiwillig zu mir, werde ich ihm meine Freude zeigen. Er muß ja merken, dass er in meiner Nähe willkommen ist. Da reicht ein freundliches Wort oder ein kurzes Streicheln.

Das ist das Gegenteil von dem, was ich mache. Oder vielmehr setze ich viel früher an.
Kommt ein neuer Hund ins Haus (egal ob Welpe oder Tierschutzhund) dann biete ich ihm erstmal ein Zuhause an für seine entwurzelte Seele. Das ist so viel mehr als Futter, ein Schlafplatz, freundliche Worte.

Und was ist jetzt an den Ausführungen von Lesko so falsch, dass man betonen muss, dass Gegenteil zu machen?
Ein Teil des Zuhauses für die entwurzelte Seele sind doch freundliche Worte.
 
Und was ist jetzt an den Ausführungen von Lesko so falsch, dass man betonen muss, dass Gegenteil zu machen?
Ein Teil des Zuhauses für die entwurzelte Seele sind doch freundliche Worte.

Für mein Empfinden ist das auch dasselbe. Zumindest macht es auf den Hund unter Garantie exakt denselben Eindruck. Nur klingt Bubukas Ausführung sehr viel tiefgreifender und existentieller, aber de facto kommt beim Hund dasselbe an. Selbes wie mit der Konditionierung, man kann es verteufeln und rationalisieren so viel man möchte, es ist und bleibt einfach da und niemand kommt drum herum.
 
Ich weiß nicht, ob jemand von euch schon mal ganz allein für längere Zeit in einer ihm fremden Familie aufgenommen wurde oder mal ganz allein auf Reisen war.
Diese Situation haben Hunde, die in eine fremde Familie kommen. Sie haben alles verloren, was ihnen vertraut war.
Sie haben dann weder einen guten Freund, noch einen Lebenspartner dabei, der ihnen vertraut ist.

In dieser Zeit der Entwurzelung haben Hunde und Menschen ganz feine Antennen, es ist eine äußerst sensible Zeit.
Sind die Gastgeber nach außen sehr freundlich, aber innerlich etwas genervt oder gestresst von dem Gast - dann spürt man das sofort. Das Hochziehen einer Augenbraue, das tiefere Durchatmen um gelassen zu wirken, das etwas eingefrorene Lächeln.... all das registriert der Gast (der Hund). Er fängt an, sich unbehaglich und am falschen Platz zu fühlen.

In den Thread an sich will ich mich gar nicht gross einmischen,ich habe unter viele Posts mein"Gefällt mir"drunter gesetzt,weil mir die jeweiligen Ansätze bzw.Kritiken gefallen haben,ich selber habe in sofern keine eigene Meinung dazu,oder könnte nicht sagen,"Ich mach es so oder so",weil ich einfach den gemeinsamen Weg und die gemeinsame Beziehung mit meinem Hund gefunden habe,mit dem wir beide glücklich und zufrieden sind und uns wohlfühlen,und weil es einfach für uns "passt"habe ich noch nie darüber nachgedacht,wie genau ich es mache.

Ich will aber unbedingt schreiben,dass ich diesen,oben zitierten, Text von Bubuka wirklich toll finde...viele Menschen haben gar nicht die Emphatie dafür,wie sich ein Hund in solch einer Situation fühlt,oder sie machen sich schlichtweg keine Gedanken darüber...in dem Text ist es einfach,aber wirklich deutlich erklärt,wie es dem Tier geht.
Viele Hundeneulinge fragen ja hier und schildern ihre Probleme,es ist gut,wenn sie nachfragen,sie sind im Forum alle herzlich willkommen...aber ich denke schon oft,ein bisschen mehr Emphatie und Verständnis für das Tier und es gäbe gar kein Problem...

Zugegeben,ich habe mich mit Bubuka in der Vergangenheit auch schon "gekloppt"...aber auch schon wertvolle Tipps bekommen...
Bubuka,falls Du magst,Du hast ja schon den Thread angelegt,indem es darum geht,was Welpen wirklich brauchen...der ist wirklich gut...vielleicht kannst Du noch einen Thread anlegen,indem es speziell um solche Situationen geht,in denen Hunde plötzlich in eine fremde Familie kommen...ich denke das könnte vielen helfen,die Dinge beser aus Sicht des Hundes zu verstehen.
 
Bubuka:
Ich finde es wichtig, dass der Hund eigenständig entscheidet, sich vom Menschen führen zu lassen.
Das erreicht man nicht durch Belohnung, sondern durch soziale Kompetenz.

Und wie soll das im praktischen Alltag aussehen?
Ich rufe "hier" und der Hund "sagt sich": "nöö, jetzt entscheide ich mich dafür, dem verführerischen Duft der Hasenspur hinterher zu laufen".
Oder - siehe Aufregerthread, Beitrag von Angela -: "dahinten ist ein Hund, da laufe ich jetzt hin und will mit dem spielen" (alternativ: will den verprügeln).

Wie sieht denn der Alltag aus mit den Hunden, die konditioniert wurden?
Die sagen auch oft "nö hab jetzt kein Bock, zum Halter zu kommen".
Auch hier kann sich der Hund entscheiden, die antrainierte Entscheidung heute nicht zu treffen.
 
Wie sieht denn der Alltag aus mit den Hunden, die konditioniert wurden?
Die sagen auch oft "nö hab jetzt kein Bock, zum Halter zu kommen".
Auch hier kann sich der Hund entscheiden, die antrainierte Entscheidung heute nicht zu treffen.

Ja natürlich kann er das. Der große Unterschied ist aber, dass ihm vorher bewusst beigebracht wurde was meine Erwartungshaltung ist. Wenn der Hund also nach so einer Aktion an die Leine kommt kann er (wenn die Situation es zulässt) durchaus auch verknüpfen und verstehen dass seine Entscheidung dagegen für ihn eine Konsequenz hat. (Die hier jetzt nicht nur erzieherisch sein soll sondern im Alltag vor Allem notwendig ist)
Wenn ich meinem Hund vorher nur gewissermaßen und ein bisschen durch die Blume sage "ist schön wenne mal da bis" und nicht genau vermittle was ich jetzt will (also konditioniere) kann er auch nicht wissen warum es schlecht ist wenn er sich genau in diesem Moment dagegen entscheidet.
 
Wenn die Wände bekrikelt werden oder die teuren Schuhe zerfressen, BIN ich sauer und es wäre absolut unauthentisch, das dann nicht zu zeigen und ich denke, das würde dann sowohl Kinder als auch Hunde verwirren und verunsichern.

Ich wollte auch nicht behaupten, dass man nie sauer ist.
Aber eine wirkliche Gelassenheit kann über vieles hinwegsehen.
Mir waren weder Tapeten noch Schuhe so wichtig, dass ich Kinder oder Welpen deswegen angemeckert hätte.
Aber meine Kinder haben kaum etwas kaputt gemacht.

Einmal habe ich richtig sauer reagiert. Da habe ich einen Tierschutzhund abgeholt, der abgegeben wurde.
Der Bursche hat im Auto die Hundebox von innen markiert. Der Urinstrahl ist durch das Gitter gegangen, zwischen die beiden Vordersitze durch und wäre fast in meinem Kaffeebecher gelandet.:D
Da habe ich ihn angeschnauzt und er hat sofort aufgehört.
Danach war es aber auch sofort wieder gut. Den Hund hat das nicht geknickt und ich war auch nicht mehr sauer.

Das zweite ist die 'natürliche soziale Kompetenz'
Ich halte es für eine Überforderung, Kindern zuzumuten, allein auf Ihre eigene Kompetenz gestellt zu sein. Ich sehe es als meine Pflicht Ihnen die Welt und (weitestgehend) meine Moralvorstellungen (und dazu zähle ich auch Umgangsformen, Höflichkeitsregeln etc.) zu erklären.

Hmm, danach hört sich Kindererziehung sehr kompliziert an.
Alle unsere Kinder in der Hausgemeinschaft haben zum Beispiel Erwachsene geduzt, weil "die sagen ja auch du zu mir", war ihre Erklärung. In der Schule haben sie zu ihrer Lehrerin gesagt "Frau S., kannst du mir das mal erklären".
In den Zeugnissen stand immer, unsere Kinder haben einen sehr selbstbewussten, unbefangenen und höflichen Umgang mit Erwachsenen. Sie konnten auch gut ihre Meinung diskutieren, wenn sie anderer Ansicht als Erwachsene waren.

Wir Eltern haben uns darüber gefreut und es für falsch befunden, ihnen beizubringen, dass man Erwachsene siezt, weil sie Respektpersonen sind nach den gesellschaftlichen Höflichkeitsregeln.
Das haben unsere Kinder später von ganz allein gemacht, als sie älter wurden.

Wir haben es bewusst vermieden, soziales Verhalten, Umgangsformen und Moral als feste Regeln aufzustellen.
Man kann sehr schön beobachten, dass Kinder von alleine solche Regeln entwickeln, wenn sie selbst so behandelt werden, wie man sich eine Gesellschaft wünscht.

Ich musste ihnen nie beibringen, mit Hunden respektvoll umzugehen. Das haben sie sich abgeschaut.
Wenn der 3-jährige dem Hund aus Versehen auf die Pfote getreten ist, hat er sich sofort beim Hund entschuldigt und ihn getröstet.

Es kommt ja auch durchaus vor, dass gesellschaftlich ein Verhalten erwünscht ist, dass bei mir zu Hause nicht nötig ist. darüber muss ich sie aber aufklären, das können sie ja durch Nachahmung nicht lernen.

Da unsere Kinder inzwischen erwachsen sind, kann ich aus Erfahrung sagen, dass Kinder eine eigene Kompetenz entwickeln.
Man muss nur die Grundlagen schaffen, indem man ihnen Respekt, Vertrauen, bedingungslose Annahme entgegenbringt.
Sie können sich gut auf neue Anforderungen einstellen.
 
Wir Eltern haben uns darüber gefreut und es für falsch befunden, ihnen beizubringen, dass man Erwachsene siezt, weil sie Respektpersonen sind nach den gesellschaftlichen Höflichkeitsregeln.
Das haben unsere Kinder später von ganz allein gemacht, als sie älter wurden.

Man kann sehr schön beobachten, dass Kinder von alleine solche Regeln entwickeln, wenn sie selbst so behandelt werden, wie man sich eine Gesellschaft wünscht

Ich will deine Aussage überhaupt nicht infrage stellen. Aber man könnte jetzt genau so argumentieren, dass sie das von außen durch die Gesellschaft gelernt haben, oder? Und nicht "von allein" bzw. "von sich aus".
Das Siezen ist doch ein wunderbares Beispiel. Ich glaube beim besten Willen nicht dass Kinder irgendwann von sich aus entdecken dass Siezen eine moralisch oder ethisch richtige Vorgehensweise ist sondern schlicht, dass es notwendig ist um sich in die Gesellschaft einzufügen. "das macht man halt so" und ist in der deutschen Sprache nun mal üblich. Aber es kommt in jedem Fall von außen und nicht von innen. Ob du es ihnen nun erklärst (nicht aufzwingst) oder sie das durch Beobachtung und Einschätzung andere herausfinden ist zwar lernprozesstechnisch ein anderer Vorgang, aber es ist nichts, dass ein Kind ohne zu tun anderer erlernen kann und aus Überzeugung heraus für richtig empfindet.

Abstrahiert formuliert könnte man auch sagen, dass die Gesellschaft deine Kindern konditioniert hat. Durch das Siezen wurden sie mit sozialer Akzeptanz bestätigt und haben so herausgefunden, dass es ein wünschenswertes Verhalten ist das daraufhin öfter gezeigt wurde.

Du sagst ja immer dass die Integration in das soziale Gefüge wichtig ist. Aber was die Konditionierung angeht: Auch soziale Integration ist ein Verstärker.
 
Und was ist jetzt an den Ausführungen von Lesko so falsch, dass man betonen muss, dass Gegenteil zu machen?
Ein Teil des Zuhauses für die entwurzelte Seele sind doch freundliche Worte.

Falsch habe ich es nicht genannt.
Das kann ja jeder machen, wie er möchte und es mag für viele Hunde richtig sein.
Ich vermeide es, fremde Hunde gleich zu streicheln und anzufassen, damit sie irgend etwas merken.
Natürlich muss ich sie in eine Box setzen, um sie zu transportieren.

Aber Zuhause lasse ich sie erstmal in Ruhe. Kommen sie auf mich zu, bestätige ich das nicht, sondern warte ab.
Oft wollen Hunde nur mal schnüffeln und nicht gleich angesprochen werden.
Ich warte ab, bis der Hund eine deutliche Aufforderung macht, dass er gestreichelt werden möchte.
Oft legen sich die Hunde einfach zu mir oder zu meinen Füßen hin.

Diese ersten Tage sind ein wichtiger Teil des inneren Zwiegesprächs zwischen dem neuen Hund und dem Menschen.
Worte und Streicheln stören das oft. Ich kann das schlecht erklären.
Der Hund muss oder soll nicht merken, dass er mir vertrauen kann, darum unternehme ich nichts um das zu verstärken.
Ich biete dem Hund ein Zuhause an (evtl. auch auf Zeit) und er kann sich frei entscheiden, ob er mir vertrauen möchte und das annehmen möchte. Dadurch kann sich eine freiwillige Bindung entwickeln.

Das mag sich nach Wortklauberei anhören, aber der Unterschied ist ziemlich deutlich.
Hunde gehen nicht unbedingt zu dem Menschen, der besonders freundlich ist.
 



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