In diesem Fall kann ich ausnahmsweise mal aus persönlicher Erfahrung mitsprechen.
Das Szenario, das Amica entworfen hat, ist genau das, was hier passiert ist.
Ich wollte den Hund, mein Mann hat halt "ja" gesagt, es war aber klar, dass er sich kaum kümmern wird.
Kira kommt und meidet meinen Mann in den ersten Wochen, wobei sie kein heftiges, generelles Problem mit Männern hat, sondern bei Männern nur noch mehr Abstand braucht.
Bin ich anwesend, bleibt sie mal im selben Zimmer, geht mal raus in ein anderes Zimmer.
So weit so gut.
Bei Abholung hatte sie ein Halsband dran, das Geschirr wurde angezogen, daheim dann genauer eingestellt und blieb erst mal dran.
Ich bin mit ihr Gassi gegangen, ohne groß "nachzufragen", ob sie nun will oder nicht, war auch kein Problem. Erst mal ohnehin nur durch den Garten kurz in den Wald.
Später dann, mit steigender Gewöhnung an Halsband, Geschirr und Leine etwas weiter, war auch kein Thema.
Sie hat nicht sonderlich auf mich geachtet, hatte aber Freude an der Bewegung.
Das Meideverhalten meinem Mann gegenüber dauerte etwa 2 Wochen, wurde dann schnell abgebaut (in der Form, dass sie das Zimmer nicht mehr sofort verließ, wenn er rein kam).
Wieder etwas später, suchte sie mehr Nähe zu ihm als zu mir.
Ohne dass ich deshalb abgemeldet gewesen wäre, ich konnte alles machen, was nötig war, sie hatte auch Freude am Gassi, brauchte im Haus aber sowieso Distanz, zu mir etwas mehr als zu meinem Mann.
Über irgendwelche "Optionen" habe ich mir gar keinen Kopf gemacht.
Ich habe sie so genommen wie sie war und ist.
Sie darf ihre Vorlieben haben und sie darf in einem gewissen Rahmen ihre Entscheidungen treffen und wenn ihre Entscheidung die ist, dass sie die Nähe zu meinem Mann mehr genießt als zu mir, dann ist das doch in Ordnung.
Ich verstehe ganz allgemein das Problem dabei nicht.
Ich bin doch kein Kindergartenkind, das beleidigt mit dem Fuß aufstampft und sagt "nö, dann kümmere ich mich auch nicht mehr, weil du magst ja den anderen lieber"?
Es geht hier doch nicht um existentielle Probleme, es geht um Vorlieben des Hundes.
Auch die Hündin im Video futtert, geht Gassi, kann zur Ruhe kommen, hat bei allem (noch) eine gewisse Distanz, zum einen mehr, zum anderen weniger.
Ich teile Amicas Einschätzung, dass die Frau eher nicht will und der Mann die treibende Kraft war.
Also soll er seine Hündin versorgen und lieben und geduldig warten bis sie ihre Distanz von sich aus verringert. Das ist die einzige Option, die ich für erwähnenswert halte.
Kira hat Bindung zu mir, mehr als ich je dachte, dass sie aufbauen wird. Wenn es ihr irgendwie schlecht geht/sie Angst hat, dann kommt sie zu mir, nicht zu meinem Mann.
Sie liegt heute oft neben mir auf dem Gästebett, wenn ich am PC sitze, kommt öfter mal für eine gewisse Zeit ins Schlafzimmer neben mein Bett, kommt auch zu mir auf die Couch, aber öfter zu meinem Mann.
Wenn ich mit ihr gehe, was zu 90 Prozent der Fall ist, freut sie sich. Sie ist für ihre Verhältnisse gut abrufbar geworden, achtet auf mich, hat Spaß am Zusammensein.
Nimmt mein Mann die Leine oder zieht seine Joggingsachen an, dann geht ein Strahlen durch den Hund, das sie bei mir nie zeigt.
Das ist so und wisst ihr was, ich freue mich von ganzem Herzen für Kira, denn diese schönen Stunden nimmt ihr keiner mehr weg.
Und verschwende keine selbstmitleidigen Gedanken daran, dass sie mir gegenüber ja ach so undankbar ist.
Ich bin nicht in der Lage, bei einem erwachsenen, gesunden Menschen andere Gedankengänge nachvollziehen oder gar gutheißen zu können.
Wenn ich unbedingt einen möglichst sicheren Kandidaten für eine innige Bindung möchte, was natürlich legitim ist, dann muss ich halt im Vorfeld genau danach aussuchen. Und hole mir keinen Hund aus dem Tierschutz, über dessen vorheriges Leben, seine Vor- und Ablieben ich nichts weiß.
Der Mann im Video hätte sich vermutlich besser einen Welpen geholt, den er auf sich prägen kann und wo er von Anfang an für eine starke Bindung sorgen kann. Wenn das so überragend wichtig für ihn ist.
Nein, ich bin nicht der Ansicht, dass man vor lauter Enttäuschung das Recht hat, einen Hund zu verbiegen.
Vor allem, weil Geduld und die Vermeidung von Bedrängen vermutlich allein zum gewünschten Ziel führen werden, dauert dann halt etwas.