Jagdhunde und Unterschiede im Jagdverhalten

Erster Hund
Arek 7J.
Hallo,

nicht nur Hüteverhalten, auch Jagdverhalten beschäftigt mich im Moment.
Sicherlich gibt es hier einige, die deutlich mehr Ahnung haben oder auch interessante Quellen verlinken können etc.
bei den Jagdgebrauchshunderassen (ist dass das korekte Wort?) ist es ja oft ziemlich einluechten.
Jäger schießt und Apportierhund bringt zurück. Treibhunde treiben die Beute zum Jäger. Schweißhunde nehmen Fährte auf und führen den Jäger zur Beute. Das ist jetzt wirklich simpel ausgedrückt und natürlich haben die Hunde noch differenziertere Aufgaben.

Wenn da jemand was genaues schreiben kann/mag, freue ich mich auch. =)

Was mich aber wirklich interessiert.
Wie machen dass die selbständigen Jäger - die Windhunde? (gibt noch andere?)
Die werden als Meute vom Jäger laufen gelassen, spühren Wild auf, jagen und töten es, und bringen es zurück zum Jäger? Oder wie darf ich mir das vorstellen?
Oder treiben sie auch lediglich die Beute vor die Flinte des Jägers?

Sind Jagdhunderassen, die bei der Jagd das Wild zum Jäger treiben, kooperationsbereiter als Windhunde?

Huskys und Malamuten sind ja auch sehr selbständige Jäger - hat man denen das einfach gelassen oder halfen sie wirklich bei der Jagd mit? Wie sah so etwas aus?
 
Die Arbeitsfelder der Jagdhundrassen sind so vielfältig, dass man allein darüber Bücher schreiben könnte. Schau Dir am besten erstmal den Film über Frau Wermerskirchen mit ihrer DD-Hündin Laika vom Liether Moor an. Das Gespann legt die Verbandsgebrauchsprüfung - kurz: VGP - ab, sozusagen die Meisterprüfung. Es zeigt sich dabei das Anforderungsprofil für die Hunde, die über Vorsteheigenschaften hinaus weit mehr Allroundereigenschaften haben müssen. Der Deutsch-Drahthaar - oft liebevoll "Klobürste" genannt - ist auch heute noch ein häufig geführter Jagdhund, der auch an Schwarzwild arbeitet und neben den Deutsch-Kurzhaar, Deutsch-Langhaar, Weimaranern und Wachteln zu den Standardjagdhunden der Vollgebrauchshunde zählt.

 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann mal was zum selbständigen Jäger beitragen, der Shiba gehört auch dazu. Beim Shiba ist es so, dass er kaum domestiziert wurde, also auch im Sinne von selektiert bei den Jagdsequenzen.

Linnie ist da ein Musterbeispiel, sie zeigt im Grunde alle Jagdsequenzen: Orientierungsverhalten, sie fixiert, pirscht sich an, hetzt, tötet, zerlegt, ... Sie passt sich dabei auch durchaus den unterschiedlichen Gegebenheiten und auch den Jahreszeiten an. Im Spätsommer „spezialisiert“ sie sich z.B. auf Mäuse. Im Moment stehen Maulwürfe und Hasen hoch im Kurs. Sie jagt auch Vögel, Rehe, Wildschweine, Katzen :rolleyes:,... im Grunde alles :confused:

Ich nenne sie immer liebevoll Blindfisch, weil sie es manchmal schafft nach ner Mausefährte zu schnuppern ohne zu merken, dass ihr selbige gerade durch die Beine läuft. Aber dennoch: bekommt sie Sicht auf mögliche Beute, dann jagt sie auch auf Sicht. In erster Linie würde ich sie aber als Spurjäger bezeichnen, aber auch auf Geräusche reagiert sie -eben immer das, was aus ihrer Sicht in der konkreten Situation am erfolgversprechenden erscheint.

Linnie von der Leine lassen ist sehr schwierig, geht am ehesten im Spätsommer in der Feldmark, aber man muss dann sehr sie achten und auch auf ihre Tagesform (ist sie sofort im Orientierungsverhalten oder tatsächlich sehr auf uns orientiert - bei letzterem kann sie auch mal von der Leine). Meistens ist Linnie draußen an der (Schlepp-)Leine, aber auch an der Leine hat sie Jagderfolg, die Möglichkeit 1-2 Meter seitlich ins hohe Gras zu hüpfen genügt ihr, um mit ner Wühlmaus oder nem Maulwurf wieder rauszukommen... Hasen oder Rehwild oder Wildschweine hat sie noch nie erwischt - da wird sie halt immer vom asozialen Frauchen mit der Leine ausgebremst :D. Aber sie hat schon ein startendes Rebhuhn erwischt, an einem Spaziergang hat sie mal 8 Mäuse gefangen, vor zwei Wochen 4 Maulwürfe (und das war nur ne Runde von ca. 1 Stunde) - alles an der Leine! Ohne Leine gehts noch besser: Anfang der Woche hat sie in unserem Garten eine Amsel erwischt ...

Mit so einem selbständigen Jäger hat man also einiges zu tun, und wir machen auch durchaus Trainingsfortschritte - aber von zuverlässiger abrufbarkeit vom Wild sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Das ist halt das Problem mit nem Hund auf einer niedrigen Domestikationsstufe: er kann nix besonders gut, aber dafür kann er noch alles und dass macht ihn so eigenständig. Ich wusste das vorher, habe mich durchaus bewusst für die Rasse entschieden. Und ich liebe es auch, sie zu beobachten und mit ihr zusammen durch die Natur zu stromern. Das ist auch ein Weg, um sie ein bissl zu lenken: das „gemeinsame Jagen“. Das stärkt die Bindung und sorgt dafür, dass sie mich „mitnehmen“ will, wenn sie was entdeckt hat, also mir aktiv anzeigt „Guck/Riech mal, da hinten ist was,..“, bevor sie loshetzt. Das gibt mir die Zeit, zu reagieren (so jedenfalls die Theorie und mein wunschdenken für die Zukunft - oder wie mein Mann es formuliert: „Ich schnappe mir den 12-Jahres-Plan und gehe mit ihm ne Runde Mäuse fangen“ :D). Man muss sich bei so einer Rasse aber stets bewusst sein, dass die Orientierung zum Menschen im Sinne von „Kannst du mir mal helfen?/Was soll ich jetzt tun?“ viel, viel seltener kommt, als bei einer stark domestizierten Hunderasse. Ich sag immer, das Motto meines Hundes ist „Alles Idioten, außer ich!“ (Das gleiche Motto habe ich beim Autofahren :D).

Als Jagdhund ist der Shiba in Deutschland nicht zu gebrauchen (also als ausgebildeter Jagdhund) - kein Will-to-please, steht nicht im Gehorsam (hört schon, aber nur, wenn er will -im Grunde wie ne Katze) und würde selbständig im Umkreis mehrerer Kilometer vom Jäger jagen - und vermutlich früher oder später von nem anderen Jäger mit nem Fuchs verwechselt werden... In Japan wurde der Shiba ursprünglich genau so eingesetzt, also zur selbständigen Jagd. Er ist losgezogen und kam einige Stunden später mit Beute zurück (oder auch mal am nächsten Tag).

Man braucht halt viel Humor und Geduld für die Rasse - ich denke, dass es da viele Parallelen zu anderen selbständigen Jägern (z.B. die windigen) gibt, auch wenn bestimmt jede Rasse (und erst recht jeder Hund) seine Eigenarten hat.
 
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Sieht aus, als könnte sie kein Wässerchen trüben - ist aber ein tödliches Monster, sobald wir vor die Tür gehen... :D
 
In Japan wurde der Shiba ursprünglich genau so eingesetzt, also zur selbständigen Jagd. Er ist losgezogen und kam einige Stunden später mit Beute zurück (oder auch mal am nächsten Tag).

So genau stelle ich mir das auch bei den Windhunden vor.
Aber was mich interessiert:
Ist es für den menschen überhaupt gesund die Beute vom Hund zu essen? Ich meine durch den Tötungsbiss (der doch unter die Haut der beute geht) kommen doch Speichel und Bakterien des Hundemauls in die Beute (Ein Hundebiss ist ja auch nicht zu Unterschätzen).
Oder wird das durchs abkochen irrelevant, bzw tötet der Hund ohne die haut des Ofers zu beschädigen?

Ansonsten ein toller Beitrag! danke dafür =)
 
So genau stelle ich mir das auch bei den Windhunden vor.
Aber was mich interessiert:
Ist es für den menschen überhaupt gesund die Beute vom Hund zu essen? Ich meine durch den Tötungsbiss (der doch unter die Haut der beute geht) kommen doch Speichel und Bakterien des Hundemauls in die Beute (Ein Hundebiss ist ja auch nicht zu Unterschätzen).
Oder wird das durchs abkochen irrelevant, bzw tötet der Hund ohne die haut des Ofers zu beschädigt?

Ne, bestimmt nicht gesund. Aber mit „früher in Japan so eingesetzt“ meine ich früher im Sinne von „vor ein paar hundert bis ein paar tausend Jahren“ Der Shiba ist eine sehr alte Rasse (Quellen sprechen da von 6.000-10.000 Jahren) und wurde seither nicht groß domestiziert. Im Grunde hat er früher (also ganz früher ;)) wie ein Paria-Hund mit den Menschen zusammengelebt. Damals hat man es mit der Hygiene ja nicht so gehabt... Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Verbreitung der der europäischen Jagdhunderassen in Japan und fortan wurden diese als Jagdbegleithunde ausgebildet und verbreitet.

Der Shiba war Anfang des 20. Jahrhunderts dann im Bestand bedroht und wäre fast ausgestorben. In den 1920er Jahren besann man sich auf die Rasse, hat sie durch gezielte Zucht gerettet und zum japanischen Kulturdenkmal erklärt. Heute wird der Shiba - auch in Japan - nur noch als Begleithund genutzt. Aber das ist natürlich sehr irreführend, wenn in Rassebeschreibungen (oder auf Hompages unseriöser Züchter) der Shiba als Familienhund und Begleithund klassifiziert und angepriesen wird - er bleibt ein vollwertiger Jäger, auch wenn er nicht (mehr) für die Jagd eingesetzt wird. Leider haben falschen Vorstellungen/Erwartungen bei der Rasse und gehen nur nach dem Aussehen...:( Vom Shiba heißt es ja auch oft, dass er unerziehbar wäre, aber das ist Quatsch - man muss sich halt nur auf ihn einstellen und einlassen und mit ihm kooperieren, und dann hat man den besten Hund der Welt :) - beugen lässt er sich allerdings tatsächlich nicht.
 
Die Windhundjagd ist in Deutschland nicht erlaubt.
Trotzdem sind Windhunde natürlich auch hochspezialisierte Jäger.
Allerdings jagen nicht alle Windhunde gleich. Da es quasi in der gesamten alten Welt regionale Windhundrassen gibt, die spezifisch auf ihre Gegebenheiten angepasst sind.
Z.B Whippets für die Kaninchen- (nicht Hasen!)-Jagd im hügeligen England, der Schottische Deerhound für Hirsche, der Irische Wolfshund für Wölfe, der Barsoi auch für Wölfe aber unter russischen, nicht schottischen Bedingungen.
Das sind so die Kurzstreckensprinter. Die okzidentalen Windhunde.
Bei den Orientalen sieht es oft anders aus, da wird z.B. mit Salukis nach Gazellen gejagt. Früher ritten sie auf dem Pferd mit, bis das Wild in Sicht war und wurden dann los gelassen.
Die Orientalen sind entsprechen für die Lange Strecke in weitläufigem Gelände gezüchtet.
Der Podenco jagt mit allen Sinnen im Buschland. Die Arbeitsweise finde ich besonders faszinierend, aber es zeigt eben auch, warum ich in der Regel denke, ein Podenco hat in unserer Gesellschaft hier in Deutschland einfach nichts verloren. Denn dann hat man eben dieses Problem, das auch Annali mit ihrer Linnie hat. Genau genommen macht man sich dann ständig der Wilderei strafbar. Auch kleine Tiere haben ein Recht auf Leben und das ist auch gesetzlich so geregelt.
Ich hab Euch drei Videos angehängt, wo man die Unterschiede recht schön sehen kann.




Was allen gemein ist, ist dass während der Jagd niemand Einfluss auf sie nimmt. Sie ihren Job also eigenständig erledigen.
Das A und O beim Windhund ist also, dass er in enger Gemeinschaft mit seinen Menschen lebt und zur Familie gehört, um eine Kooperation zu gewährleisten.
Es war schon bei den Beduinen so, dass die Hunde draußen gehalten wurden. Die Windhunde aber mit im Zelt schliefen.
Obwohl die Windhundjagd natürlich schon uralt ist (vermutlich waren Windhunde die ersten hündischen Jagdgefährten des Menschen), sollen trotzdem auch sie das Wild natürlich nicht zerlegen und fressen. Welchen Nutzen hätte es sonst noch für den Menschen?
Gerade beim Whippet und den Podencos sieht man, dass sie auch brav das erlegte Wild bringen. Das Apportieren liegt ihnen nicht im Blut, aber mir braucht keiner erzählen, dass man diesen Hunden nicht mit ein Bisschen Fleiß auch Apportieren beibringen kann :)

Ein guter Jagdhund verletzt das Tier übrigens nicht. Ich glaube es heißt: er schneidet es nicht an. Gegebenenfalls tötet er das Wild, aber Bisstellen am Wild sind doch immer unerwünscht.
Deshalb wundert es mich ein Bisschen, dass der Shiba Wild angeblich tötet, zerlegt und verspeist. Dann wäre er kein sinnvoller Jagdgehilfe. Ich vermute das Zerlegen ist auch hier ein ausschließender Fehler.

Häufig ist es bei Windhunden so, dass sie die Hasen/Kaninchen sogar noch lebend beim Halter abliefern.


Nun, wie jagt Hermes?
Natürlich stiert er mit Vorliebe in die Ferne. Er sieht schwarze Pünktchen am Horizont, die wir selbst kaum noch sehen. Es heißt, Windhundaugen wären speziell dafür geeignet, den Horizont abzuscannen, dafür soll eine Häufung der Rezeptoren auf einer horizontalen Linie verantwortlich sein, dafür hab ich jetzt allerdings auf die Schnelle keinen Beleg gefunden.
Er reagiert auf jegliche schnelle Bewegung oder auf alles, was wie potentielle Beute aussieht (Dreckklumpen auf dem Feld).
Im Wald reicht oft auch ein Rascheln im Gebüsch, dass er in den Jagdmodus wechselt. Gleichermaßen auf der Wiese, wenn er Mäuschen trappeln hört.
Die Nase setzt er zwar auch ein, aber eher zur Sondierung der Lage. Es ist uns bisher nur einmal passiert, dass er auf einer Spur abgezwitschert ist und da war er noch jung, vermutlich wusste er noch nicht, ob er Fisch oder Fleisch ist.
Beim Suchen nach Mäusen setzt er auch die Nase ein.

Seine bevorzugten Jagdsequenzen sind eindeutig
Orientieren mit Hoher Nase und natürlich mit den Augen
Fixieren
Beschleichen ist eher wenig ausgeprägt
Hetzen dafür umso mehr
Packen zeigt er nur in wirklich hoher Erregung (er ist mal neben einem Hasen über die Wiese gerannt. Er fand das wohl lustig und dachte es wäre ein Spiel. Gepackt hat er den Hasen überhaupt nicht)
Zerlegen und Fressen sind überhaupt nicht vorhanden.
 
Ein guter Jagdhund verletzt das Tier übrigens nicht. Ich glaube es heißt: er schneidet es nicht an. Gegebenenfalls tötet er das Wild, aber Bisstellen am Wild sind doch immer unerwünscht.
Deshalb wundert es mich ein Bisschen, dass der Shiba Wild angeblich tötet, zerlegt und verspeist. Dann wäre er kein sinnvoller Jagdgehilfe. Ich vermute das Zerlegen ist auch hier ein ausschließender Fehler.

Hier muss ich kurz relativieren, weil ich mich da missverständlich ausgedrückt hatte. Das meinte ich nicht für den Shiba im allgemeinen, sondern für Linnie - sie tut das, nicht immer, aber gelegentlich schon.
 



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