Hund ist permanent im Jagdmodus

nach dem tod meiner boxerhündin führe ich einen 3-jährigen, pointer/staffordshire terrier aus dem tierschutz mit unbekannter vergangenheit und dieser hund ist vom ersten moment an hier IMMER, jede minute in extremem jagdmodus sobald er öffentlichen boden betritt. in haus und garten ist er sehr entspannt, ein völlig anderer hund.


ich habe viele jahre erfahrung mit mehr oder weniger jagdtriebigen hunden , aber diese nonstop-form noch bei keinem mir bekannten hund auch im umfeld nicht erlebt.

pointerzüchter gaben mir die auskunft, daß ihre hunde absolut zwischen arbeit und freizeit unterscheiden können und niemals in der stadt bewußt so ferngesteuert und manisch auf beutesuche und ausschau sind wie mein hund.

daß er in wald und feld total drauf ist, ist für mich keine überraschung auf grund des rassemix, und auch völlig ok , er ist da durch intensives training mittlerweile wirklich sehr gut zu händeln, sehr gehorsam und abrufbar wenn wild kreuzt. ich laste ihn auch dementsprechend mit suchen/ersatzhandlungen aus und er hat ausreichend freilauf in übersichtlichen gebieten.

zum meinem eigentlichen problem: vito, mein hund, ist auch bei den klorunden in siedlung/kleinstadt, durchgehend im vollen jagdmodus, egal ob belebt oder menschenleere straßen, auch wenn absolut nichts an bewegung von irgendwas auch nur zu sehen ist. mit vielen "beute-irrtümern" auf grund der hohen
anspannung und natürlich mit gewaltigem streß, vielem schütteln, grasfreßattacken etc., sehr ungesunder zustand für den hund.

er löst sich dementsprechend unzureichend und liest auch kaum hundezeitung außer katzenspuren, die ihn auch nach zwei jahren tägl. runde noch immer völlig aus der fassung bringen.

umweltängste oder andere probleme hat der rüde keine.

meine frage an euch -
gibt es da überhaupt einen trainingsansatz um einem hund, der bis zu einem jahr anscheinend kaum eine eindeutige menschliche führung hatte, zu vermitteln "das ist freizeit, wir machen zwischen häusern und straßen nur banale hundedinge wie zeitunglesen, markieren etc.." ?

entschleunigungsspaziergänge im siedlungsgebiet so im schlurfschritt brachten nie eine nennenswerte besserung, da vito dann eben an kurzer leine im "stop and go modus" gespannt wie eine feder neben mir trippelt und trotzdem permanent alles scannt und nicht mal ansatzweise etwas locker wird.

was halt auch der tatsache geschuldet ist, da wir eben katzensichtungen haben und er immer wieder bestätigt bekommt, daß da eben doch beute in der stadt ist.


ich würde mich über tips/rat wirklich sehr freuen, da mir von jagdhundetrainern/ jägern in meiner umgebung nicht weitergeholfen werden konnte.. vielleicht hat hier noch jemand einen gedankenansatz. der streß für ihn ist enorm, wenn wir zum garten dann reinkommen, hatten wir durch die anspannung auch schon zähneklappern oder streßabbau durch losbellen/heulen im haus etc.
 
Hmm ist natürlich schwierig durch ein Forum hier noch irgendwas zu raten, wenn du eigentlich schon viele Experten an der Hand hast.

Mein erster Gedanke (und ich kenne ja nun weder Dich noch Deinen Hund. Wie heißt er eigentlich? :)) war, dass es sich eventuell garnicht um eine reine jagdliche Motivation handelt, da Du ja sagst, draußen in der Natur ist er nicht so.
Katzen und andere Raubtiere fallen auch nicht 100%ig ins Schema 'Jagdbeute'. Die Motivation ist hier häufig keine rein jagdliche, sondern hat einen Anteil Territorialität.
 
Wie heißt er eigentlich? :)) war, dass es sich eventuell garnicht um eine reine jagdliche Motivation handelt, da Du ja sagst, draußen in der Natur ist er nicht so.

vito ist sein name.🙂doch, in wald und feld ist er genau so unterwegs, permanent hohe nase, scannen, standort bestimmen, wildwechsel prüfen etc...aber auch wenn es sich seltsam anhört, hier finde ich es dann normal und es wirkt auch nicht so ungesund und schon garnicht so absurd wie ein pirschender hund zwischen autos und wohnblöcken.🙄
und hier kann ich das unterbrechen indem ich ihn zum "arbeiten" zitiere, entweder gehorsam, tricks, oder sachen stöbern schicken, da ist er konzentrationsmässig dann bis auf sekundenaussetzer auch bei mir.

das kann und will ich bei einer klorunde aber nicht bieten, hier soll er trödeln, schlendern, schnuppern und hundesachen machen. aber auch wenn wir in der stadt in gesellschaft anderer hunde gehen (er legt keinen wert auf artgenossen), nach kurzer geruchskontrolle (wenn überhaupt), taucht er sofort wieder geistig ab und hat seinen jagdfilm laufen.

und es ist definitiv jagd, zb. bringen ihn bewegende füße eines menschen die er unter einem auto sieht und der rest ist verdeckt, auch schon mal zum kreischen und rotieren. taschen die am boden liegen, die er nicht sofort erkennt, fliegende tüten, kreischende kinder, minihunde...

sieht er das alles so nahe das klar ist was es ist und nicht nur den wahrgenommenen bewegungsreiz, dann hakt er das auch ab. und sehschwäche hat er keine, ich war mit ihm schon im ersten halben kahr bei der augenuntersuchung, da ich auch in die richtung dachte.
 
also katzen würde er definitiv packen, in der ersten zeit musste ich ihn bei sichtung "abtragen", da hat er echt alles gegeben um die zu greifen. revierverhalten, schutztrieb etc. ist quasi null, niemals würde er etwas melden oder sonstwie sein "revier" verteidigen. er jagt übrigens auch im auto, er zeigt , wenn wir durch die straßen fahren, jede stelle an, an der er jemals eine katze gesehen hat und es gibt lautes protesgewinsle wenn er liegen und nicht raussehen darf.
 
ok, dann würde ich mal massiv am Jagdverhalten an sich arbeiten. Den Hund draußen runterfahren. Ruhe in Anwesenheit von Wild trainieren. Überhaupt die Impulskontrolle und die Frustrationstoleranz stärken.
Du sagst du machst Jagdersatz. Wie sieht das bei dir aus?
 
den hund draußen nennenswert runterfahren hab ich noch nie geschafft...wenn wir uns wo hinsetzen, verordne ich ihm pause, das befolgt er auch, mental ist er trotzdem nicht im pausenmodus. ich wüßte auch keinen weg, ihn dahin zu versetzen.

an der impulskontrolle arbeiten wir seit ankunft, da wär ich eigentlich zufrieden. frusttoleranz üben wir auch, aber mit wesentlich weniger erfolg, je nach situation.

ich habe für ihn zum stöbern spielzeug oder dosen mit futter, wobei essen draußen für ihn schwierig und relativ uninteressant ist, ihn aber weniger hochfährt.
ich werfe diese sachen oder lege, verstecke sie und er muss immer warten, planlos nachlaufen durfte er nie.
er schafft da schon viele schwierigkeitsgrade, ich kann ihn aus dem lauf zum ball abpfeifen oder ähnliches, da ist er wirklich sehr brav.
aber wir machen das schon so lange und es hat leider null einfluß auf das eigentliche problem in der stadt...

hier mal ein video vom stöbern nach dem ball, von einer klorunde hab ich leider keins...

 
Das ist kein stöbern, das ist "wilder Betrieb". Der rast durch die Gegend, konzentriert sich kein bischen und findet irgendwann.
Ich würde dem Aufgaben stellen, die viel Konzentration erfordern, also Sucharbeit. Nix ist geeigneter, einen Hund auszulasten und zur Ruhe zu bringen, als Fährten.

Das Verhalten bei den "Klorunden" scheint mir schon etwas psychotisch verfestigt im Sinne einer Ritualisierung zu sein.
Da kommt ihr so einfach nicht raus.

Ein Patentrezept oder überzeugende Lösung habe ich auch nicht, aber ich würde darüber nachdenken, ob ich dem Hund vor der Klorunde irgendein leicht beruhigendes Medikament verabfolgen kann und dann schauen, ob er unter diesem Einfluss ansprech- und ablenkbar ist.
Damit ich nicht falsch verstanden werden, ich meine nicht zudröhnen. Ich meine sowas wie Baldrian, was man Menschen vor etwa besonderen Situationen (Prüfungen) gibt, um die Spitze rauszunehmen.

Wenn es gelingt, unter dem Einfluss eines solchen Beruhigungsmittels eine andere Ritualisierung - nämlich Entspannung - zu verfestigen, kannst Du das Medikament vorsichtig ausschleichen.

Um das umzusetzen, würde ich mir einen Tierarzt suchen, der auf Verhaltensprobleme spezialisiert ist und das mit dem durchsprechen.
 
deine überlegungen finde ich sehr gut, danke!🙂
ich hatte bisher immer hunde mit eher mittlerem temperament und das ist ein "vollgas hund" sobald er aus dem garten geht, wobei ich da ab dem ersten schritt auf regeln setze.
das verändert aber wie gesagt nur sein tempo, nicht sein vollgas im gehirn.

ich hab selber schon überlegt, mal probeweise ein sylvestermedikament, daß ich hier habe, einzusetzen und schauen was passiert. er ist aber IM haus nicht unruhig vorm rausgehen sondern gesittet, der wahn setzt erst ein, sobald er das straßenbild vor augen hat.

und ich glaube seine anspannung und dieses ferngesteuerte ist deswegen in der stadt um so vieles schlimmer als im wald, weil er durch die häuser, autos und die dichte des bildes, sich viel schwerer tut, ein objekt der begierde auszumachen.

sein bevorzugtes verhalten wäre, vor kreuzungen sofort um die ecke zu schießen, stehen zu bleiben und das bild daß er hat, auf jagdobjekte zu prüfen.
ich bin da wirklich 100% konsequent im unterbinden, er macht es aber nach zwei jahren noch immer, wenn ich ihm nicht beim ansetzen dazu sofort eine ermahnung zukommen lasse.
ansprechbar im sinne von anweisungen befolgen, ist er in der stadt, reagiert aber halt recht automatisiert drauf...wirklich bei mir ist er natürlich nicht.

er hat keine umweltängste, ist aber mmn ein unglaublich leicht erregbarer, nervenschwacher hund. auffallend ist zb. das er bei wind immer einen tacken noch nervöser und fahriger ist.🤔

wegen dem fährten: er hat die nase generell eher sehr hoch, wie krieg ich ihn "zu boden"?
das macht er nämlich fast nur bei sehr frischer wildfährte, weil wie gesagt, futter ist draußen uninteressant, bei katzen oder wildsichtung geht weder würstl noch naßfuttertube, er kann/nimmt es einfach nicht, dreht den kopf weg oder weicht aus um wieder freies blickfeld zu haben.
 
Die Nase runter kriegt man in der Regel mit Futtergeruch. Das können - je nach Hund - in Abständen hingelegte Leckerli sein oder eine regelrechte Futterfährte.
Früher haben wir ein Stück Pansen hinterher gezogen, eine getropfte Fährte mit Würstchenwasser geht auch.

In Härtefällen gehen spezielle Lockstoffe, wobei ich schon sagen möchte, dass der Fuchsgeruch ein einmaliges Geruchserlebnis ist. Entweder auf das Dummy träufeln und den hinter sich herziehen - dann ist der Fund des Dummy gleich die Belohnung. Oder ein paar Tropfen auf die Schuhsohlen, am Beginn ein bischen rumtrampeln und dann losgehen. Am Ende findet er dann die ultimative Belohnung, auf die er voll abfährt.


Wenn das nicht reicht, sollte dies gehen:

 
danke nochmals für deine tollen tips!
mit üblichem futter/wurst krieg ich ihn definitiv nicht zur mitarbeit. er spricht am meisten auf käse an, aber selbst den lässt er zum großteil liegen wenn ich eine handvoll ins gras streue, schnappt flüchtig zwei stückchen und starrt dann wieder in die ferne.

ich werde für den anfang mal eine pansenschleppe versuchen, den krieg ich vor ort und mal schauen was er davon hält. für einen anfänger muß die fährte aber nicht stehen, oder?
bei den konzentraten steht eh ausdrücklich die zeit, ich schau mal was unser jagdshop hier hat an so sachen.

eine frage noch 😳..wie bremse ich ihn ein beim suchen?
damit er nicht alles überläuft, sondern gleichmässig und ruhigen tempos das macht? ich kenn ihn ja, er wird losstürmen wollen, die nase wird wieder höher gehen und spätestens dann wird er anfangen, kreuz und quer hektisch rumzueiern.
ich seh keine andere möglichkeit, als ihn beinhart am geschirr ganz kurz zu halten, aber ob das funktioniert?
 



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