Genauigkeit im Training

Dieses Thema liegt mir ehrlich gesagt sehr am Herzen. Dabei ist mir klar, dass das erst mal sehr spießig, anstrengend, gezwungen klingt. Der viel gehörte und gelesene Satz "so genau brauchen wir das gar nicht, wir machen das nur zum Spaß" klingt irgendwie viel netter, oder?

Allerdings fällt mir im echten Leben immer wieder auf, dass gerade diese Haltung oft eher für Verunsicherung bei den Hunden und Irritationen beim Halter sorgt. Der Halter meint, sein Hund wisse doch schon worum es geht, während der Hund sich mehr oder weniger durchtestet, was diesmal wohl gemeint sein könnte. Und ganz blöd wird es dann, wenn der Halter über die Sturheit des Hundes ärgerlich wird, wo dieser doch im Grunde gar nicht weiß wieso es nun gerade diesmal irgendwie anders ist als sonst?

Ich finde, mit Genauigkeit tut man eigentlich allen einen Gefallen. Der Hund weiß woran er ist, der Mensch was er erwarten kann. Vor allem aber denkt der Mensch dadurch mehr darüber nach, was er wann nun wirklich braucht... Und auch, was eben nicht. Eine oft zu beobachtende Nebenwirkung, wenn eben auch der Mensch in der Verantwortung ist, sich bei gemeinsamen Aufgaben richtig zu konzentrieren. Ich selbst verwende jedenfalls im Alltag nur sehr, sehr wenige Kommandos!


Was verstehe ich nun unter Genauigkeit?

Zuerst einmal sollte ich definieren, was ich unter einem bestimmten Signal genau verstehen will. Nehmen wir das Sitz. Fragt man dazu die meisten Hundehalter, was sie damit meinen, sagen sie, "na der Hund soll sich halt hinsetzen". Ok, schon mal ein Anfang. Aber wie genau? Gilt auch ein Hinhocken auf die Seite des Hinterteils? Wie schnell soll der Hund reagieren? Soll er sitzen bleiben bis es aufgelöst wird, oder für wie lange gilt das? Gilt das auf allen Untergründen? Wo soll der Hund sitzen? Soll er mich dabei anschauen, oder darf er auch in der Gegend rumgucken und den Boden abschnuppern? Gilt mit den Pfoten rumtrippeln? Und solcher Fragen mehr... Dann die Frage, welches Signal soll es sein? Hörzeichen, Sichtzeichen, beides getrennt, beides gleichzeitig? Oder eine Situation, bei der der Hund sich automatisch setzen soll? Soll meine Körperhaltung dabei eine Rolle spielen? Und auch hier bitte genau sein!

Hat man das geschafft, dann geht es daran, das dem Hund nun auch genau zu erklären. Also die einzelnen Anforderungen genau vermitteln, alles mal durchgehen, und zwar in einzelnen "Häppchen", so dass der Hund auch verstehen kann, worum es jeweils geht. Und gezielt belohnen nicht vergessen! Nix belohnen, was man später gar nicht haben will, und die Belohnung so wählen, dass sie dem Hund hilft statt ihn zu stressen.

Guckt man sich nun draußen viele Hundehalter mit ihren Hunden an, so sind die meisten fest überzeugt, ihr Hund "kann Sitz". Fragt man sie, dann ist klar, "ich sage Sitz und der Hund setzt sich hin". Also hat er es verstanden. Leider zeigt sich bei genauerem Hinsehen dann meist: Tja, Pustekuchen! Der Hund hat verstanden: Wenn der Mensch einen Finger hochhebt, die andere Hand in der Tasche hat und dazu "Sitz" sagt, dann solltest du zu deinem Menschen kommen, dich vor diesen hinsetzen und dabei die Kekshand ordentlich im Blick behalten. Nicht ganz das, was der Mensch sich vorgestellt hat, oder?

Wer mag kann das ja selbst mal versuchen: Setzt sich euer Hund auf euer Wortsignal auch hin, wenn ihr beispielsweise
  • beide Hände im Nacken verschränkt haltet?
  • in den Himmel guckt?
  • auf dem Stuhl auf euren Händen sitzt?
  • ihr das Wort flüstert?
  • er ein paar Meter entfernt ist? (und zwar ohne erst zu euch zu kommen)
Bleibt er sitzen, auch wenn ihr
  • euch umdreht?
  • Kniebeugen macht?
Na ja, euch fällt da sicher noch einiges mehr ein. Im Grunde geht es aber darum ein Gefühl dafür zu entwickeln: Versteht mein Hund wirklich das gleiche darunter wie ich?

Kurz gesagt: Es macht jede Menge Spaß, sich die Dinge wirklich genau vorzunehmen. Es verhindert, dass man vom Hund unfaire Leistungen erwartet. Und es erspart einem unangenehme Überraschungen, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Zumindest meine Meinung - auf eure bin ich natürlich gespannt!
 
Ich finde das Thema ziemlich interessant und schreibe später noch mehr dazu.

Nanouk kann das Kommando Sitz und Platz auf Hörzeichen. Sichtzeichen konnte er anfangs gut, inzwischen irgendwie nicht mehr:rolleyes: Ob ich laufe oder staubsauge oder dusche oder keine Ahnung was, er macht es immer. Unser einziges Problem aktuell ist, dass er bei Sitz (nicht aber bei Platz) immer erst zu mir rennt und vor mir Sitz macht.
 
Ich habe dazu nicht viel zu sagen. Ich stimme dir einfach zu. Ich beobachte oft Ungenauigkeit. Der Hund soll "Platz" machen, setzt sich aber nur hin. Um dann sofort wieder aufzustehen. Meist sind es Leute die ein bisschen abgelenkt sind, z.b. An der Kasse. Aber dann kann man doch auch einfach den Hund kürzer halten und den Fuß auf die Leine stellen um beide Hände frei zu haben...

Es gibt unendlich viele Beispiele.... Ich hoffe ich werde, wenn ich mal einen Hund haben sollte, für diesen berechenbarer und genauer sein.
 
Ich versuche "genau" zu sein :rolleyes:
Da ich aber auch nur ein Mensch bin, schlurft sich doch hin und wieder eine gewisse Ungenauigkeit ein... mag sein, weil ich zu bequem bin, mag sein, weil es in so kleinen Schritten von statten geht, dass es mir zuerst nicht auffällt.

Das sind Kleinigkeiten, die aber nicht nötig und auch nicht zielführend sind.
Deshalb bin ich noch immer in der HuSchu. Ich brauche einfach jemanden, der drüber schaut und mich auf sowas auch mal aufmerksam macht.

Beispiel: Casha geht nach langem langem Üben mittlerweile "geordnet" auf den Platz. (Was ein Kampf, sag ich euch.. HuSchu ist Spaß ohne Ende für Casha)
Letztens meinte sie aber, sie würde das Tempo angeben dürfen. Und ich gebe zu, ich hab´s zwar gemerkt, aber mir gedacht "ja..mei... heute ist es halt so".
Ein Trainer hat das gesehen und mich gefragt, wer denn heute wen auf den Platz führt :oops:
Ja, er hatte Recht. Aus Bequemlichkeit hätte ich ihr das durchgehen lassen. Und dann wahrscheinlich wieder ein paar Wochen gebraucht, um den Platz "in meinem Sinne" zu betreten :rolleyes:
 
Der Hund soll "Platz" machen, setzt sich aber nur hin. Um dann sofort wieder aufzustehen. Meist sind es Leute die ein bisschen abgelenkt sind

Das ist auch so ein Klassiker. Weil die Leute abgelenkt sind, ist es ok. Beim nächsten mal wollen sie aber aus dem Gespräch raus dem Kumpel zeigen, wie toll der Hund das doch kann - und dann wird er korrigiert oder gar angemeckert, wenn er sich nur hinsetzt und gleich wieder aufsteht. Und überhaupt, wie soll der Hund wissen was der Unterschied zwischen Sitz und Platz ist, wenn es mal was unterschiedliches bedeutet und mal das gleiche?

Mir tun da oft tatsächlich die Hunde leid in ihren Versuch, das rätselhafte Verhalten ihrer Menschen irgendwie zu entschlüsseln. Und ganz traurig finde ich dabei dann die Fehleinschätzung der Halter: Der Hund behält sie ständig im Blick, weil er ständig versuchen muss, aus ihnen schlau zu werden - und die Menschen halten das für die große Liebe. Dabei sind es oft auch gerade diese Hunde, die sich dann auf dem Hundeplatz am liebsten gleich beim Trainer einquartieren würden, weil dieser Mensch sich endlich mal durchschaubar benimmt...
 
Ich bin auch ziemlich genau - und korrigiere auch mal meinen Sitter/meine Mum/ Bekannte wenn sie eben
sehr ungenau sind. Nicht, weil ich gern was zu mäkeln habe - ich find es einfach unfair dem Hund gegenüber.
Gern heißt es dann " Deeer weiß genau, wann er was zu tun hat". Es bringt nun mal nix, dem Junghund in steigender
Lautstärke und Aggression " PLATZ" vorzubeten - und ihm gleichzeitig die ganze Zeit mit der Hand ein Sitz-Kommando
zu zeigen (und dabei noch mim Leckerle vor der Nase hampeln bei der Korrektur).
Selbstauflösen von Kommandos, "Statz" statt Sitz oder Platz, langsam nachschleichen statt bleiben - joa, und für alles
gibt es noch ein Lob oder halt nen Anranzer - je nach Laune, Hund wird's schon verstehen...:rolleyes:
 
Ich habe früher bestimmt den Fehler gemacht meinen Hund vorzuführen.
Wohl auch weil ich stolz darauf war.
Und es den alten " Säcken" zeigen wollte.
Auf Handzeichen reagieren lassen.
Mit abgewandten Körper, Befehle einfordern.
Für den Hund unsichtbar, diesen trotzdem zu leiten.
Um nur einige zu nennen.
Ich habe und würde von meinem Hund niemals abverlangen, das er sich in für ihn unangenehme oder gar gefährliche Situationen bringt, nur um einen Befehl auszuführen.
Wenn Befehl dann richtig.
Von beiden Seiten und das braucht Hund.
Macht Yacco nur " Platz" auf einem Hinterteil ist schon ganz hibbeiig wie es weitergeht, so lernt er, das es SO nicht geht.
Es bedarf nur ein vorwurfsvoller Blick.
Ein " aaabef Yaccooo?"
Und schnapp, er weiß es er kann es.

Meine Cocker waren da leider etwas Stürmer.
Vor allem Asco , der hat so manches " ausgesessen."
Also klare Befehle, klare Freunde!

Natürlich muß die Durchführbarkeit , dem Können des Hundes angepaßt sein..
 
@Beaglefan Du bringst es auf den Punkt! Genau so empfinde ich das auch immer, es ist unfair dem Hund gegenüber. Und nur weil viele Hunde es tatsächlich irgendwie schaffen, meist irgendwie zu erraten worum es nun geht, sehen die Menschen das als Freibrief für ihre Herangehensweise. Dabei beobachte ich das bei Hunden ähnlich wie bei kleinen Kindern in einem bestimmten Alter (so ca. 2 Jahre ist dafür die "Kernzeit" bei Kindern): Die haben null Verständnis für "heute mal eine Ausnahme", im Gegenteil, das finden sie oft richtig doof! Und Kinder machen auch sehr deutlich, weshalb das so ist. Für sie ist es nämlich ein großer Schritt, die riesige und verwirrenden Welt ein Stück weit durchschaut zu haben, zu kapieren wie was läuft, und damit die Dinge auch ein Stück weit im Griff zu haben. Die sind stolz wie die kleinen Könige, wenn sie zeigen können dass sie wissen wie es geht! Stellt man das auf den Kopf, dann finden sie das gar nicht gut. Denn das macht genau diese Errungenschaften wieder kaputt. Und den Beobachtungen nach schätze ich, bei Hunden ist das gar nicht so anders.

Wieso aber handhaben das nicht nur so viele Hundehalter anders - im Alltag kann einem ja schon so einiges einfach durchrutschen - sondern propagieren das sogar? Wieso ist diese "wir sehen das nicht so eng"-Haltung so beliebt? Meinen diese Halter wirklich, sie tun ihrem Hund damit etwas gutes, so im Sinne von großer Freiheit? Ist es eine gute, legitime Begründung für den eigenen Unwillen, sich selbst auch zu reflektieren und konzentrieren? Was denkt ihr, woran liegt das? *denk*
 
Ich arbeite mit Joran sehr genau :).
Erstens weil es mir und auch ihm sehr liegt und Zweitens möchte ich mich im RO auf ihn verlassen können.
Wenn ich in den Parcours gehe möchte ich mir sicher sein, dass er die Übungen so gut gelernt hat, dass er sie gut beherrscht.
 
Ich bin sehr genau bei meinen Hunden und zumindest das "sitz" können sie so gut, dass sie es entweder nur auf Hörzeichen ausführen oder nur mit Sitzzeichen. Bei Balou habe ich über Monate trainiert dass er sich nach einem "stop" hinsetzt und das macht er auch wenn ich 20 - 30 Meter hinter ihm bin und er bleibt auch sitzen bis ich auf seiner Höhe bin und das "sitz" auflöse. Da das nicht einfach bei ihm war bin ich darauf schon ein bisschen stolz.

Zumindest das "sitz" ist bei meinen Hunden so gut trainiert, dass sie es auch ausführen wenn ich sie dabei nicht angucke und auch sitzen bleiben wenn ich z.B. um sie herum gehe oder den Raum verlasse. Mit dem "Platz" klappt das nicht so gut, was daran liegt, dass ich es im Alltag nicht so oft verwende. Das Platz wird besser auf Sitzzeichen ausgeführt.

Mogli hat im Winter beim RO ungern "sitz" gemacht weil ihm der Boden zu kalt war. Ich habe dann darauf bestanden, dass das "sitz" eindeutig als "sitz" zu erkennen war, er musste aber nicht komplett mit dem Po auf den Boden. Ich weiß, dass er es richtig ausführen kann und ich weiß, dass er es tun wird sobald es wieder wärmer ist.

Da ich ja mit Hermann und Mogli regelmäßig in die Hundeschule gehe bin ich immer konsequent und eindeutig. Als Balou noch ein Welpe war hat mir die Trainerin schon gesagt, dass es bei ihm wichtig ist konsequent und genau zu sein und das war und bin ich bei allen drei Hunden. Ich löse eine Übung auch immer auf und das klappt auch.
 



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