Die Knochengesundheit in der Welpenaufzucht

Bubuka

Gesperrt
Teilweise war dies schon Diskussionsthema im Thread Fremdhunde-Kontakt bei Welpen. Ich würde die Diskussion gerne hierher verlagern.

Immer wieder ist die Knochengesundheit beim heranwachsenden Welpen ein Thema, besonders vor dem Hintergrund, dass Knochen- und Gelenkerkrankungen bei Hunden zunehmen und diese in immer jüngeren Jahren auftreten.

Es besteht bei vielen Hundehaltern, Züchtern und Tierärzten immer noch der Glaube, man müsse junge Hunde großhungern, viel Proteine im Welpenfutter wären eher schädlich als nützlich, junge Hunde dürften keine Treppen laufen, viel Bewegung schade den noch unreifen Knochen usw.

Einigkeit besteht unter Wissenschaftlern darin, dass ein Übergewicht schädlich für die Entwicklung der Knochen ist. Dies ist das Ergebnis von Studien.
Übergewicht und zu schnelles Wachsen entstehen durch zu viel Energie im Futter.

Energie liefern Fette und Kohlenhydrate. Allerdings darf man nicht ins Gegenteil verfallen und die Energie reduziert füttern. Ein Welpe hat im Verhältnis einen höheren Energiebedarf als ein erwachsener Hund.
Hier muss man einen guten Mittelweg wählen.

Ist ein hoher Proteingehalt im Futter für Welpen gut oder schlecht?
Zu der herrschenden Meinung, ein Futter für erwachsene Hunde wäre besser, weil es weniger Proteine als ein Welpenfutter hat, haben drei Tierärzte alle vorhandenen Studien ausgewertet.

Zitat:

"Ist es besser, rasch wachsenden Welpen ein Alleinfutter für ausgewachsene Hunde zu füttern, weil dieses
einen niedrigeren Proteingehalt hat?"

"Nein – Eine proteinreiche Diät steht in keinem Zusammenhang mit der Entwicklung von osteoartikulären Erkrankungen bei heranwachsenden Hunden großer Rassen. Rasch wachsende Welpen benötigen für die Bildung von neuem Gewebe und zur Entwicklung ihres Immunsystems viel höhere Eiweißgehalte als ausgewachsene Hunde. Welpen benötigen täglich große Mengen an hochwertigem Protein, und Futter für erwachsene Hunde würde ihren Proteinbedarf nicht decken. Ein Proteinmangel zeigt sich in schlechtem Wachstum und erhöhter Anfälligkeit für Infektionen."

http://www.ivis.org/advances/rc_de/A4511.0708.DE.pdf?LA=5


Zum Treppenlaufen und zur Bewegung beim jungen Hund gibt es neuere Untersuchungen durch Professor Dr. Martin Fischer und seine Forschergruppe.

Zitat:

"Folgerungen für die Praxis:

Gelenkprobleme entstehen oft eher durch Unterbelastung als durch Überbelastung. Ausgewogene freie(!) Bewegung fördert sowohl die Reifung gelenkstabilisierender Strukturen als auch die des Gelenkknorpels.

Einförmige Bewegungsabläufe (Schritt u. Trab an der Leine oder am Fahrrad) führen zu einseitiger Belastung der Gelenkstrukturen und sind so mitverantwortlich für oben beschriebene Knorpeldickenunterschiede der Gelenkflächen.

Freie Bewegung (Herumtollen, Ballspiele u.ä.) führen zur Belastung aller Gelenk- und Knorpeloberflächen und damit zu deren Dickenzunahme.

Knorpelgewebe ist nicht durchblutet. Die Ernährung dieses stoffwechselträgen Gewebes wird lediglich durch „Massageeffekte“ sich in der Bewegung berührender Knorpelflächen erreicht. Die damit ausgelösten Pumpvorgänge (Be- und Entlastung der Knorpeloberflächen) sorgen für das Eindringen von Substraten aus der Gelenkflüssigkeit in den Knorpel.

Da zudem die Muskelreife im Alter von 8 Wochen abgeschlossen ist, ist die bisherige Empfehlung für eine deutliche Bewegungseinschränkung von Welpen, besonders der großen Rassen, wohl ganz anders zu bewerten.

Vielmehr scheint freie Bewegung (auch Treppensteigen) für die Entwicklung des Welpen- und Junghundeskeletts von großer Wichtigkeit zu sein."

http://tierarzt-sinntal.de/ganganalyse-des-hundes-neue-erkenntnisse-mit-modernster-technik/
 
Interessant zum Thema Knochengesundheit ist auch die Forschung in der Humanmedizin.
Entscheidend für gesunde Knochen sind Bewegung und die Ernährung.
Der Grundstein wird in der Kindheit gelegt, weil sich zu diesem Zeitpunkt das Grundgerüst der Knochen entwickelt.

Prof. Dr. Heike Bischoff-Ferrari hat eine Broschüre zur Knochengesundheit herausgegeben.
Zitate aus der Broschüre:

DIE BEDEUTUNG VON KÖRPERLICHER BETÄTIGUNG IN DER JUGEND

Sich in der Jugend ein „Knochenfundament“ anzulegen, bringt später im Leben viele Vorteile.
Die meisten Menschen erreichen ihre maximale Knochendichte („peak bone mass“) in ihren Zwanzigern. Zu diesem
Zeitpunkt haben die Knochen ihre maximale Dichte und Kraft erreicht.

Studien haben gezeigt, dass diejenigen jungen Mädchen, die am meisten trainieren, etwa 40% mehr Knochenmasse
aufbauen als weniger aktive Mädchen des gleichen Alters.

Folglich werden wir dafür belohnt, in jungen Jahren aktiv zu sein – wenn auch viel später im Leben.

Schnelle, kurze Stoßbewegungen von hoher Intensität und/oder Aktivitäten mit hoher Belastung ("high impact") wie Joggen, Springen und Seil hüpfen regen die Knochenzellen mehr an als Ausdauer-Sportarten unter geringer Belastung, wie beispielsweise das Gehen. Aerobe Tätigkeiten, die nicht unter Belastung stattfinden (wie beispielsweise Schwimmen oder Fahrradfahren) erhöhen die Knochendichte nicht...

Es scheint, dass sowohl pflanzliche als auch tierische Proteinquellen sich positiv auf stärkere Knochen und Muskeln und damit auf die Osteoporose Prävention auswirken.

http://www.osd-ev.org/osteoporose/bibliothek/broschueren/drei-schritten-zu-starken-knochen/

http://www.osd-ev.org/files/2414/9370/9711/IOF_osteoporose_starke_knochen.pdf

Ich habe nur die Stellen herauszitiert, die meine Aussagen zur Bewegung und Ernährung beim Welpen belegen sollen.
Natürlich spielen neben dem Protein auch noch u. a. das Kalzium und Vitamin D eine wichtige Rolle für den Aufbau der Knochen. Das ist aber schon länger bekannt, darum gehe ich darauf nicht extra ein.
Insgesamt ist die Broschüre sehr lesenswert.

Wie man sehen kann, wird die Aussage von Prof. Fischer bestätigt.
Gerade die Aktivitäten mit hoher Belastung sorgen für eine gute Knochenstruktur und eine gute Knorpeldicke.
Bisher wurde immer davor gewarnt, dass Welpen möglichst nicht zu viel toben sollten, weil die Knochen noch zu weich wären. Aber das ist offensichtlich falsch.

Damit ein gesunder Knochen heranwachsen kann, ist die Bewegung sehr wichtig.
Dies erscheint auch logisch, weil Welpen genauso wie Kinder ein hohes Bewegungsbedürfnis haben.

Wichtig ist immer zu beachten, dass der Welpe die Bewegungen aus eigenem Antrieb macht.
Das schützt vor Überforderung und Überlastung. Welpen merken ihre Grenzen in der Regel sehr gut.

Einförmige Bewegung im Schritt und Trab an der Leine oder am Fahrrad sind zu vermeiden genauso wie lange Spaziergänge, wo der Welpe folgen muss, weil er nicht zurückbleiben möchte.
Für Spaziergänge an der Leine würde ich die 5-Minuten-Regel für sinnvoll halten.
 



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