Border Collies haben keinen Hütetrieb?

Ich habe jetzt alles aufmerksam gelesen ,und finde das Thema sehr interessant.
Zum Thema kann ich direkt leider nichts beitragen,zwar wusste ich dass Hütetrieb grundsätzlich Jagdtrieb ist,aber mit der genauen Definition habe ich mich so noch nie auseinander gesetzt.
Mir schwirrt allerdings die ganze Zeit eine Frage im Kopf herum...habe ich Hundebegegnungen mit Hütehunden(ich gehe davon aus,dass es meistens BC sind,allerdings habe ich so meine Probleme nicht schwarz-weisse BC und zierliche Aussies zu unterscheiden),ist es überwiegend so,dass die Hunde sich starrend anschleichen,oder zumindest starren.
Mein Hund deutet das wohl als Drohverhalten,er zeigt Unsicherheit,und sucht Schutz bei mir.

Ich habe das bisher immer als "typisches"Hütehundverhalten abgetan,und bisher hat sich auch keiner der Hunde der so vorgegangen ist ,aggressiv gezeigt,sondern wurde auf gleicher Höhe einfach "locker",und es fand dann jenachdem eben Kontakt statt oder nicht(sobald der Hütehund "locker"ist,ist es meine Fellnase auch).
Nun hinterfrage ich das aber gerade.

Was geht im Kopf des Hütehundes in dem Moment vor,dass er dieses Verhalten zeigt?
 
Ich habe das bisher immer als "typisches"Hütehundverhalten abgetan,und bisher hat sich auch keiner der Hunde der so vorgegangen ist ,aggressiv gezeigt,sondern wurde auf gleicher Höhe einfach "locker",und es fand dann jenachdem eben Kontakt statt oder nicht(sobald der Hütehund "locker"ist,ist es meine Fellnase auch).
Nun hinterfrage ich das aber gerade.

Was geht im Kopf des Hütehundes in dem Moment vor,dass er dieses Verhalten zeigt?

Nun, es ist ja auch ein rassetypisches Verhalten. Der Hund ist in diesem Moment angespannt, weil er noch nicht genau weiß, wie der Kontakt ablaufen wird. Und greift in dieser Situation auf ein Verhalten zurück, das sich in anderen angespannten Momenten - und auch das Treiben ist ja eine Anspannungssituation - bewährt und gut angefühlt hat. Löst sich im Kontakt die Anspannung dann auf, werden wieder andere Verhaltensmuster gezeigt. Ganz vereinfacht gesagt also so was wie "im Zweifel ist dieses Bewegungsmuster immer gut!". (Im Prinzip ist dieses Anschleichen ja auch so was wie eine Form von Freeze - Verzögern bis zum Erstarren - mit einem klitzekleinen Schuss Fight - Anstarren und Fixieren. Also Konfliktbewältigungsstrategien.)
 
Also ist das Starren des Borders vergleichbar mit dem Vorstehen eines Deutsch Drahthaar?
Zwei Verhaltensweisen, die der gleichen Motivation entspringen, ein angespanntes Abwarten bis zur Entscheidung, welches Verhalten erfolgversprechend ist.
Dadurch wird auch klar, warum der Trainingsansatz zum Umlenken auf ein erwünschtes Verhalten der gleiche ist.
 
Also ich kenn einen BC, der hat, aus Langeweile, angefangen Blumen in der Wohnung und im Garten zu "hüten".
Die standen in einem großen Wohnzimmer in großen Kübeln, und im Garten. Der Hund war nicht ausgelastet. Er hat sie angestarrt, umrundet, usw.
Allerdings hat er sie nicht "angegriffen" oder "gejagt" :D
 
Ich hab ganz ehrlich ein Bisschen ein Problem damit, wenn der sogenannte 'Jagdtrieb' immer mit einer 'inneren Motivation' des Hundes gleich gesetzt wird.
Das würde für mich bedeuten, dass der Hund jagen WILL.
Mein Hund zeigt mir aber deutlich, dass er nicht jagen gehen will, sondern sich einfach nicht helfen kann und dem Reiz nachgeht.

Das ist quasi wie mit einer Fliege, die mit im Gesicht rum schwirrt.
Ich habe keinerlei inneres Bedürfnis, nach einer Fliege zu schlagen. Lieber wäre mir, ich müsste es nicht tun.
Da Fliegen die Angewohnheit haben, nach einmal mit den Armen wedeln nicht das Weite zu suchen, sondern weiter um meinen Kopf zu schwirren, bringt es mir auch kein Erfolgserlebnis und keine guten Gefühle.
Ganz im Gegenteil, ich werde ärgerlich, steigere mich immer weiter hinein und schlage immer hektischer und unkoordinierter...
Ungefähr so empfindet das offensichtlich auch mein Hund, der bei der Wahl 'Hasi jagen oder gemütlich spazieren gehen' selbstständig und erleichtert die Wahl: 'spazieren gehen' getroffen hat.
 
Also ist das Starren des Borders vergleichbar mit dem Vorstehen eines Deutsch Drahthaar?
Zwei Verhaltensweisen, die der gleichen Motivation entspringen, ein angespanntes Abwarten bis zur Entscheidung, welches Verhalten erfolgversprechend ist.
Dadurch wird auch klar, warum der Trainingsansatz zum Umlenken auf ein erwünschtes Verhalten der gleiche ist.

Grundsätzlich ja... Wobei ich denke, dass das Vorstehen selbst ein etwas anderer, stark herausgezüchteter Teil der Sequenz ist. Zumindest mein Dt. Drahthaar kann sehr borderähnlich geduckt, starrend pirschen, wenn er will. Er tut es nur nicht oft und sein Vorstehen sieht anders aus. Aber sie können nicht weit auseinander sein ;)

Aber um nochmal zu verdeutlichen, warum ich die landläufige Diskussion "jagd der oder hütet der?" recht irrelevant finde: Wenn du dir die Reaktion verschiedener Hunde ansiehst, die auf in mittlerer Ferne vorbeifahrende Autos reagieren, siehst du eigentlich immer dasselbe Verhalten nur in unterschiedlicher Intensität. Es ist völlig egal ob du Lupo, dem Dt. Drahthaar, Mex dem Golden Retriever, Lumpi, dem Podencomix, Loomie, dem tauben Pittie oder Mia, dem Kurzhaar Collie (zumindest im jugendlichen Alter) zusiehst, das Verhalten selbst ist immer dasselbe. Bei den ersten 4 Hunden ist jedem klar "der findet die bewegten Punkte spannend, weil er sie für jagdbare Objekte hält". Nicht der Rede wert, solange der Hund da bleibt und das mit dem Jagdtrieb weiß ich ja eh ;)
Aber kaum ist man mit dem Collie unterwegs, erklären einem die Leute "pass auf, sie will die Autos hüten!!!!!" Der wirkliche Unterschied war/ist, dass sich Mia sehr, sehr leicht umlenken hat lassen und Auto schon lange keine Beachtung mehr schenkt. Aber so grundsätzlich hat sie genau gleich reagiert... Deshalb finde ich diese Unterscheidung für das Training in den meisten Fällen irrelevant. Sie passiert nur irgendwie in den Köpfen der Leute. Ich finde es völlig ok, wenn die Leute sagen, der Border hütet und natürlich sollte man die Rassegeschichte seines Hundes ein wenig kennen. Gefährlich finde ich immer die Annahme Hütehunde hätten keinen Jagdtrieb. Da gab es schon viele enttäuschte Halter....

Wo eine Unterscheidung natürlich Relevanz hat, ist wie Dalila erzählt, wenn spezifisches Hüteverhalten gebraucht wird, sei es in der Arbeit oder für die Zucht. Da interessiert das natürlich im Detail. Aber das ist für mich eine andere Ecke. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab ganz ehrlich ein Bisschen ein Problem damit, wenn der sogenannte 'Jagdtrieb' immer mit einer 'inneren Motivation' des Hundes gleich gesetzt wird.
Das würde für mich bedeuten, dass der Hund jagen WILL.
Mein Hund zeigt mir aber deutlich, dass er nicht jagen gehen will, sondern sich einfach nicht helfen kann und dem Reiz nachgeht.

Wie gesagt. Jagen ist eigentlich selbstbelohnend. Es macht Spaß. Und je weiter hinten der Hund in der Kette der Handlungen ist, desto größer das Glücksgefühl.
Ohne dir jetzt was zu unterstellen - aber ein Hund der gar nicht jagen will? Klingt ehrlich gesagt so, als hätte man ihm das total negativ belegt. Normal ist das nämlich nicht, logischerweise. Wie sollte Hund sonst überleben.
 
Wie sollte Hund sonst überleben.
Ich denke nicht, dass es natürlich ist, dass ein Hund jedem Reiz immer gleich hinterher geht.
Würde der Wolf jedem Reiz hinterher gehen, dann wäre er in kürzester Zeit verhungert, weil er viel mehr Energie verbraucht, als er zu sich nehmen kann.
Sogar Geparden und Löwen können gemütlich im Schatten liegen, während die Gnu-Herde vorbei zieht.
Wieso denkst Du, dass es für das Überleben des Hundes zuträglich wäre, er würde blindlings auf jede Jagdgelegenheit reagieren?

Jagd bedeutet Stress. Meinem Hund ist daran gelegen, unnötigen Stress zu vermeiden. Was eigentlich viel eher in der Natur eines überlebensfähigen Tieres liegt.
 
Ich denke nicht, dass es natürlich ist, dass ein Hund jedem Reiz immer gleich hinterher geht.

Ja moment, davon war ja jetzt auch gar nicht die Rede.
Was der Auslöser ist, welche Intensität und welche Sequenz etc. ist ja züchterisch selektiert.

Ich hatte das jetzt so verstanden als würde dein Hund überhaupt nicht gerne jagen. Nie. Und das ist durchaus unnatürlich.
Da ist ja schon noch ne ziemliche Grauzone zwischen hinter jedem Pups her rennen und niemals jagen wollen...

Was meinst du warum Hunde fangen spielen oder so? Dabei werden Jagdsequenzen geübt. Und die machen Spaß. Ich glaube kaum dass dein Hund kein Spaß am Rennen hat... DAS ist der Punkt und die innere Motivation.
 
Klar 'jagt' mein Hund. Im Spiel und bei der 'Arbeit'.
Es ist ihm ein Bedürfnis, die verschiedenen Aspekte der Jagd in angemessenem Rahmen auszuführen.
Insofern hat er eben auch einen Jagdtrieb, bzw. eine innere Motivation, Jagdverhalten zu zeigen.

Aber eben keinesfalls, es immer und jederzeit und auf jeden Reiz hin zu zeigen.
Unser 'Antijagdtraining' belief sich darauf, die Bedürfnisse angemessen und ausreichend in sicherem Umfeld, auf sichere Art und Weise zu erfüllen, ihn dann in echten Wildbegegnungen alle Sequenzen zeigen zu lassen, die unproblematisch sind und ihn darin auch zu bestärken.

Wenn wir jetzt sagen, die innere Motivation beläuft sich darauf, überhaupt ein Jagdverhalten zu zeigen, also z.B. Orientieren oder Fixieren, ok, dann steckt das vermutlich wirklich in jedem Hund drin und dann kann und sollte man dagegen auch nicht viel tun.

Aber oft wird der Jagdtrieb doch als Ausrede gebraucht: 'Da kann man nichts machen, der hat halt Jagdtrieb und der hat dabei sooo viel Spaß, diese glänzenden Augen hat er sonst nie!'
Und an diesem Punkt, habe ich das Gefühl, wird das Wesen des 'Jagdtriebs' gründlich missverstanden.
 



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