Border Collies haben keinen Hütetrieb?

Das der Begriff "Trieb" oft unwissend , vielleicht falsch genutzt wird. War mir nicht bewusst , macht aber wie ihr es erklärt Sinn.

Für den Alltag mit meinem Hund finde ich es jedoch relevant zu wissen ob mein Hund (der vielleicht bald einziehen wird) dazu neigt Jagdverhalten zu zeigen, oder eben Hüteverhalten. Natürlich muss man dann je nach Rasse nochmal aufdröseln um welche Art Jagdverhalten oder um welche Art Hüteverhalten es sich handelt )

Einem unausgelasteten Weimaraner würde es im Stadtpark nicht einfallen die Kindergruppe schleichend zu umkreisen und zum Halter zu treiben. Einem unausgelasteten BC schon eher.

Und da liegt für mich u.a. Der Unterschied zwischen angeborenem Hüteverhalten und angeborenem Jagdverhalten.

Und zu sagen ein Border Collie habe kein angeborenes Hüteverhalten sondern zeigt nur Jagdverhalten ist falsch und verwirrend.
Genauso falsch ist es zu sagen ein BC würde keinen Jagdtrieb haben und damit implizieren, dass er niemals Fahrräder, Vögel oder sonst was jagen würde.
 
Ich sehe das für mich so.

Ich habe die Veranlagung schnell rennen zu können.

oder

Ich habe den Trieb schnell zu rennen. Was dann aber nicht "schnell" sein muß weil ich es gar nicht kann.

Kann man das jetzt verstehen???? Weiß gerade nicht wie ich es besser erklären soll.
 
Ich habe den Trieb schnell zu rennen. Was dann aber nicht "schnell" sein muß weil ich es gar nicht kann.

Also das wäre zumindest mein Verständnis des Ganzen. Dir macht es Spaß, schnell zu rennen (es ist selbstbelohnend), deswegen rennst du gerne hinterher wenn jemand dir ein Wettrennen anbietet (wäre dein Auslösereiz) oder du z.B. ne geeignete Strecke findest. Ob du gut darin bist hängt von vielen Faktoren ab, deine körperlichen Gegebenheiten, aktuelle Fitness, Hunger, Durst, müde, Wetter... Manche rennen lieber schnell, andere lieber Strecke und wieder andere über einen Hindernisparcour.
 
Einem unausgelasteten Weimaraner würde es im Stadtpark nicht einfallen die Kindergruppe schleichend zu umkreisen und zum Halter zu treiben. Einem unausgelasteten BC schon eher.

Und da liegt für mich u.a. Der Unterschied zwischen angeborenem Hüteverhalten und angeborenem Jagdverhalten.

Richtig: Nämlich darin, welche Bedeutung es für uns Menschen hat. Dem Hund ist es schnurz, in welchen Bereich wir das einsortieren würden. Ihm ist es gleich, ob er die Schafe zu uns bringt damit wir sie ordentlich verwöhnen können, oder damit wir sie aufessen: Er erledigt den Teil der Aufgabe, den ihm seine Genetik als bevorzugten Job mitgegeben hat. Damit er das tut, braucht es zwei Dinge: zuerst einmal die Motivation. Diese kann von außen kommen, oder auch wie in diesem Fall von innen, die sogenannte intrinsische Motivation. (Das ist wohl auch das, was @Skjoni mit dem Triebbegriff meint.) Diese intrinsische Motivation ist zunächst eine Veranlagung, die dafür sorgt, dass bei einem bestimmten Verhalten von diesem Hund vermehrt Glückshormone ausgeschüttet werden. Also quasi eine starke Verbindung innerhalb des Gehirns, eine direkte Leitung. Hat der Hund dieses Verhalten mehrfach gezeigt, und ist dafür mehrfach innerlich belohnt worden, wird daraus eine richtige Datenautobahn. Das ist der eine Teil dieser Geschichte: Erfolgreich ausgeführtes Verhalten wird sozusagen immer stärker. Die extremste Ausprägung davon ist ein regelrechtes Suchtverhalten.

Dass es meist nicht dazu kommt, dafür sorgt Teil zwei, nämlich die Reizunterscheidung. Auch hier gibt es bereits veranlagte "kurze Wege" im Gehirn, und auch normale oder lange. Aber so oder so müssen die durch Erfahrung geschult werden. Je erfahrener ein Hund ist, desto genauer sortiert er aus, welcher Auslösereiz wirklich relevant ist, und welcher nicht. Ein erfahrener Hütehund käme nicht auf die Idee, irgendwelche Kinder zum Hüteobjekt zu erklären: Es sind zwar Teile der Auslöser da (schnelle Bewegung in der Gruppe beispielsweise), aber andere erfahrungsgemäß wichtige Aspekte fehlen. Aus dem gleichen Grund sind es auch meist erfahrene Deckrüden, die eben nicht auf jede Hündin in den ersten Läufigkeitstagen schon völlig durchgedreht reagieren, in den Stehtagen dann aber ruckzuck und sehr gezielt zur Sache kommen. Während viele unerfahrene Hunde sich schon beim ersten Läufigkeitsgeruch aufregen (intrinsische Motivation), sich aber dann bei der Hündin in den Stehtagen erst mal etwas ungeschickt anstellen (Erfahrung) oder gar nicht erkennen, dass die Dame nun wirklich will (differenzierte Reizunterscheidung).

Nimmt man diesen Mix zusammen, dann wird klarer, wieso ein BC, um beim Beispiel zu bleiben, als gelangweilter Familienhund anfängt, Kinder zu hüten: Die Veranlagung, ein Treiben von bewegten Objekten als angenehm wahrzunehmen, ist von Anfang an gegeben. Diesen Kick will er haben, mit jeder Wiederholung mehr. Eine richtige Unterscheidung, was geeignete Treibobjekte sind und was nicht, hat er nicht gelernt. Also reichen auch weniger gute "Auslöser", um das Verhalten zu starten. Der gleiche BC kann aber auch lernen, zu hetzen, wenn es ihm ähnliche Hormonausschüttungen beschert; das traurige Beispiel vieler Balljunkies unter den Vertretern dieser Rasse zeigt das nur zu deutlich.
 
Richtig: Nämlich darin, welche Bedeutung es für uns Menschen hat. Dem Hund ist es schnurz, in welchen Bereich wir das einsortieren würden.

Desswegen diskutieren ja auch wir Menschen, und nicht unsere Hunde ;)
Natürlich ist es ihm wurscht - dennoch ist es für meinen Alltag mit Hund relevant - es hilft mir, ihn zu verstehen.
Und auch wenn es egal ist wie ich es benenne - eine allgemeingültiges Wortverständnis (manchmal auch Terminologie) hilft deutlich dabei mich auszutauschen und zu informieren.
Auch wenn em Hund das total wumpe ist ;)

Aber so zum fachsimpeln auf jeden Fall hoch interessant auch mal tiefer zu gehen =)
 
Ich finde es mitunter wichtig zu wissen, warum mein Hund tut was er gerade tut.
Obwohl wir jetzt festgestellt habend ass es ja nicht so die Riesen Unterschiede zwischen Jagen und Hüten gibt.

Ich habe weder mit Jagen, noch mit Hüten Erfahrung.
Könnte mir aber vorstellen dass es im Training relevant ist.
Wenn mein Hund Fahräder jagt, würde ich vielleicht einen anderen Trainingsansatz haben, als wenn er sie hütet.

Vielleicht würde ich mich auch völlig falsch informieren.
Würde ein Riesen Programm an Hüteseminaren usw auffahren, obwohl eine Jagdbeschäftigung (Anti-Jagd Beschäftigung) viel sinnvoller wäre.

Habe ich nen unbekannten Mix der in der Hundegruppe anfängt Hunde zu hüten, ist das unschön aber weniger gefährlich. (Machen sollte man trotzdem was dagegen). Deute ich das Verhalten falsch udn der hütet nicht sondern jagt/hetzt - ist das für den anderen gefährlicher wenn noch weitere Jagdsequenzen gezeigt werden. Auch hier fände ich es relevant zu wissen ob mein Hund nun hütet oder jagt.
 
Ich habe weder mit Jagen, noch mit Hüten Erfahrung.
Könnte mir aber vorstellen dass es im Training relevant ist.
Wenn mein Hund Fahräder jagt, würde ich vielleicht einen anderen Trainingsansatz haben, als wenn er sie hütet.

Ich mache da tatsächlich wenig Unterschied im Trainingsansatz. In beiden Fällen reagiert ein Hund auf ein schnell bewegtes Objekt. Ob er später in das Objekt ordentlich rein beißt oder es nur umkreist (mal simpel gesagt), ist ja nun nicht sooo relevant. Ich möchte bei beiden Dingen, dass er es möglichst gar nicht erst tut. Also setze ich im Training auf ein sauberes Management und ein Alternativverhalten. Mir wäre dabei tatsächlich egal, ob ich das nun jagen oder hüten nennen muss - da sind wir nämlich eigentlich schon in der Interpretation des Verhaltens ;)

Habe ich nen unbekannten Mix der in der Hundegruppe anfängt Hunde zu hüten, ist das unschön aber weniger gefährlich. (Machen sollte man trotzdem was dagegen). Deute ich das Verhalten falsch udn der hütet nicht sondern jagt/hetzt - ist das für den anderen gefährlicher wenn noch weitere Jagdsequenzen gezeigt werden. Auch hier fände ich es relevant zu wissen ob mein Hund nun hütet oder jagt.

Die Sache ist ja, dass gerade bei einem Mix ohnehin nicht davon ausgegangen werden kann, dass selbst wenn er "nur" hütet, das Ganze so sauber verläuft, dass er nie nicht mal wo rein knappt. Abgesehen davon, dass auch die anderen Hunde vom "nur" gehütet werden unter Umständen nicht sooo begeistert sein werden ;)

Ich denke nicht, dass das so viel Unterschied macht. Mit persönlich wäre es zumindest nicht wichtig.
 
Der Hütetrieb des Borders ist ein genetisch umgelenkter Jagdtrieb, der zum Nutzen des Menschen einen Teil des Jagdverhaltens züchterisch verankert hat.
Am ehesten ist das mit dem Verhalten des Vorstehhundes vergleichbar, der stocksteif und teils über Minuten irgendeinem Wild vorsteht, was er in der Nase hat und wartet, bis der Hundeführer da ist, er langsam mit dem vorziehen und ggf. einspringen kann.
Bei den jungen Vorstehern wird das genetisch vorhandene Vorstehverhalten oft mit der Reizangel und einer Federschwinge "geweckt", wie das bei den Bordern ist, weiss ich nicht.
 
In beiden Fällen reagiert ein Hund auf ein schnell bewegtes Objekt. Ob er später in das Objekt ordentlich rein beißt oder es nur umkreist (mal simpel gesagt), ist ja nun nicht sooo relevant.

Genau so ist es. Zumal auch da die Grenzen fließend sind. Es ist ja keinesfalls so, als würden BC im Rahmen ihrer Arbeit niemals zulangen! Es fehlt zwar die Endhandlung "packen und töten" - obwohl es durchaus auch Rassevertreter gibt, die das gelernt haben und deshalb an den Schafen nicht mehr zu gebrauchen sind. Aber auch in der üblichen Arbeit arbeiten die BC zwar vorwiegend über das vielzitierte Auge, zeigen aber bei Bedarf auch den sogenannten "Griff", beißen also kontrolliert zu. So viel dann zur klaren Trennung zwischen Hüten und Jagen.

Deshalb wäre mir das im Trainingsansatz auch gar nicht so wichtig, wie genau man das benennen möchte. Das hat für mich ein wenig was von der gerne mal gewählten Ausrede mancher Hundehalter im Wald, "der hetzt ja nur, wenn er das Tier einholt weiß er gar nicht was er machen soll". Mag ja sein, problematisch ist es trotzdem.

Im Zweifel würde ich also lieber schauen, was der Hund tut, was genau die Auslöser für das Verhalten sind, und wie ich diese Auslöser verändern kann. Sei es durch Umdeutung oder bessere Differenzierung. Und wie ich dem Hund helfen kann, seine Hormonausschüttung anders oder überhaupt erst in ein gutes Gleichgewicht zu bekommen: Ersatzhandlungen, damit er seine Glücksgefühle in einem angemesseneren Rahmen erleben kann? Stressabbau, damit er überhaupt erst einmal innerlich ausgeglichen reagieren kann? Und in welcher Form?

Das einzige, wo ich im Ansatz von @Manfred007 durchaus einen bedenkenswerten Ansatz sehe, ist das, was es mit dem Menschen macht. Sagt man jemandem, dein Hund jagt Kinder, dann wird er das möglicherweise ganz anders wahr- und ernstnehmen als wenn man ihm sagt, dein Hund hütet Kinder. Ersteres wird vom Menschen gerne mit gefährlichen Verletzungen assoziiert und entsprechend angegangen - mein Kind ist doch keine Beute! Während zweiteres eher mal hingenommen und belächelt wird: Der passt halt auf die Kinder auf! Und so gesehen macht es vielleicht doch einen Unterschied, wie man es benennt. Jedenfalls wäre es im Gespräch wohl einfacher, mit der Jagderklärung ein Problembewusstsein zu schaffen, als mit der Hüteerklärung. Obwohl auch das Hüten mit schmerzhaften Bissen enden kann - siehe oben.
 



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