Abschied auf Zeit

Kommt vielleicht auch darauf an, wie eng man mit seinem Hund verbunden ist, und ob man in der Lage ist sich auch in dieser Lage auf ihn einzulassen statt nur in der eigenen Angst zu versinken. Meine Erfahrung ist halt, wie auch die der Hundehalter in meinem engen Umfeld, dass man es weiß. Glenny habe ich damals einmal nach einem Notdienstbesuch in der Tierklinik wieder mitgenommen, obwohl die mir nahe gelegt haben, man müsse es ja nicht bis zum letzten ausreizen. Und die Ärztin meinte noch, es wäre ohnehin kaum zu glauben, dass ein Hund mit so einem Herzen noch so munter rumläuft. Aber Glenny ist Richtung Ausgang marschiert und hat mich angeguckt nach dem Motto "lass uns endlich hier verschwinden", also sind wir gegangen. Ich war sicher, es ist noch nicht so weit, egal was die Ärzte sagen. Und als es dann gute sechs Wochen später wirklich so weit war, wusste ich es sofort, obwohl es mir das Herz zerrissen hat...

Also, wenn es dich beruhigt dass der TA das so angeboten hat, dann nimm es an. Aber solltest du in diesem Moment ein komplett anderes Gefühl haben, dann trau dich ruhig dich auf dein Gefühl zu verlassen. Wer so eng mit seinem Hund ist wie du, und dabei so wach und reflektiert, der versteht was sein Hund ihm sagt. Das wichtigste ist nämlich, dass man hinterher zwar trauert, aber sich nicht mit Selbstvorwürfen zerfleischt. Und mal ganz ehrlich: Im Laufe so eines Hundelebens hat man so oft aus der Intuition heraus entschieden - wieso sollte man von diesem bewährten Prinzip ausgerechnet bei einer so schwierigen Entscheidung abweichen?

Und vor allem, was vielleicht noch entscheidender ist: Wenn man sich die ganze letzte Zeit über nur mit diesen Gedanken und Zweifeln plagt, dann nimmt man damit sich und seinem Hund die Zeit für einen bewussten, friedlichen Abschied. Gerade diese letzten Wochen und Tage sind oft von einer unendlichen Innigkeit geprägt, für die man Kopf und Herz frei haben sollte. Das mag jetzt blöd klingen, aber das ist nun wieder mein persönliches Bauchgefühl: Hätte man meine Hunde gefragt, ihnen wäre diese Zeit wichtig gewesen. Natürlich ist so eine Krankheit komplett sch***, und alles andere als angenehm. Aber wenn meine Hunde lieber noch kämpfen wollten, dann sollten sie das dürfen - und wenn sie gehen wollten, dann hab ich sie auch nicht festgehalten. Und in diesem Wissen, dass ich schlicht bereit bin IHR Gefühl zu respektieren, haben wir die letzte Zeit gemeinsam verbracht.

So, das ist nun etwas lang geworden. Aber ich hoffe, es hilft dir vielleicht ein wenig dabei, deine Gedanken und Gefühle zu dieser sensiblen Frage zu sortieren. Auf jeden Fall fühle ich ganz tief mit dir und wünsche dir alles Liebe, wie auch immer du entscheidest!
 
Ich mag bei solchen immer nicht gern schreiben, deshalb wünsche ich dir Kraft, innere Ruhe und Tage voller Vertrauen und Freude mit Emil.

Was das "Erkennen" betrifft:
Ich bin da wohl etwas pragmatischer veranlagt - ob man das in einem Blick lesen kann und der Hund einem sagt, dass es Zeit ist? Ich weiß nicht, vielleicht.
Ich denke aber eher, so unromantisch das klingt, dass das menschliche Unterbewusstsein einem da einen Schubs gibt und man in den Blick dadurch irgendetwas hinein interpretiert.
Denn als Mensch merkt man, wenn es dem Hund schlechter geht - immerhin hat man viele Jahre mit ihm verbracht und erkennt körperliche Anzeichen - und weil man die Entscheidung eigentlich nicht selbst treffen möchte, erzählt es eben der Hund selbst.
Aber auch das ist für mich in Ordnung, denn letztendlich kommt beides auf dasselbe raus und man kann Qualen verhindern.
 
Das ist denke ich das, was der Tierarzt meinte als er sagte, er würde es dann entscheiden.
Es kann eine grosse Unterstützung sein,wenn der Tierarzt Dir sagt,was seine Entscheidung wäre,aber letztendlich musst Du mit dem Herzen und dem Gefühl auch hinter seiner Entscheidung stehen,wenn er Dir nahe legt,dass es nun Zeit wäre,Emil gehen zu lassen,sonst wirst Du evt.hinterher nicht mit Dir selbst im Reinen sein,und nicht damit fertig werden...
 
Aber wenn meine Hunde lieber noch kämpfen wollten, dann sollten sie das dürfen - und wenn sie gehen wollten, dann hab ich sie auch nicht festgehalten.

So schwer es mir fällt, das zu schreiben.
Manche Hunde kämpfen noch, wenn schon alles verloren ist. Meine Lea war so ein Hund. Deswegen kann ich nur warnen, sich ausschließlich aufs Gefühl und "man merkt es" zu verlassen.
Es könnte in einigen Fällen bitter und schmerzvoll für den Hund sein, wenn man sich nur aufs Gefühl verläßt.

Manchmal muß man u.U. auch mehrere Meinungen einholen und rational sein.
 
Ich möchte mal etwas genauer beschreiben, wie es bei uns zur Zeit aussieht.

Er hat wieder zwei kleine neue violettfarbene Hauttumore, einer davon ist blutig.
Am Rücken hat er, ebenfalls relativ neu, unter der Haut, also nicht durchbrochen und violett sondern ganz normal mit Fell bewachsen, rechts an der Wirbelsäule eine etwa Mandarinengroße Schwellung.
Der violettfarbene Tumor an der Schulter ist mittlerweile auch ca. minimal kleiner wie Tischtennisballgroß.
Die Lymphknoten hinter den Ohren sind Haselnussgroß, er hustet stark wenn er sich vor Freude aufregt oder es sehr kalt draußen ist wenn ich mit ihm in den Garten gehe.
Der Achsellymphknoten ist etwas kleiner wie ein Tischtennisball, aber größer wie eine Walnuss.
Er humpelt jetzt mit dem rechten Hinterlauf, dort sitzt der blutende Tumor an der Hinterseite des Oberschenkels.

Wenn man das liest, geht man ja von einem Hund aus, der furchtbar leiden muss.

Er schläft sehr viel, ja. Er steht aber jedesmal auf wenn jemand kommt, frisst wie ein Scheunendrescher, sucht wenn er wach ist Körperkontakt ohne Ende und tippelt mir ununterbrochen schwanzwedelnd durchs Haus hinterher bis er wieder müde wird.
Kurzum: wenn man ihn nicht kennt wirkt er auf den ersten flüchtigem Blick wie ein älterer, aber gesunder Hund.
Die ganzen Tumore fallen dann beim zweiten Blick auf.

Mir fiel jedoch auf, dass er winselte, hechelte und sich unruhig von einer Seite auf die andere legte, sobald er dachte ich sei außer Hörweite. Das er Schmerzen hat vermutete ich bereits obwohl er in meinem Beisein nie einen Ton von sich gegeben hat. Ich bin dann den Flur entlang, hab die Tür zum Holzlager geöffnet und wieder geschlossen, als wolle ich wie jeden Tag Feuerholz von draußen reinholen. Allerdings bin ich nicht raus, sondern schloss die Tür von innen wieder und lauschte...

Mit Metacam hörte das dann erstmal auf, bis vorgestern morgen. Da begann das humpeln und schonen des Hinterlaufs.

Der Tierarzt ist selber erstaunt, ja schon fast ungläubig über seine momentan den Umständen entsprechende doch relativ sehr gute Verfassung.

Sein Blick ist klar und wach wenn er auf seinem Platz liegt. Sobald ich außer Reichweite bin läuft er in die Küche, steigt den Küchenschrank hoch und sucht nach etwas, was er klauen kann! Hat er nie gemacht, ich denke es liegt daran das er mittlerweile so ziemlich alles darf, was vorher Tabu war.

Worauf ich jedoch jetzt sehr achte, ist meinen Sohn von ihm fernzuhalten. Der Kleine hat in letzter Zeit ab und an seine 5 Minuten "ich teste mal wie stark ich bin und fest zupacken kann" Anwandlungen bei Mensch und Tier. Er hat zwar verstanden das er Emil in Ruhe zu lassen hat, trotzdem hab ich ständig ein Auge auf ihn. Emil würde NIE mit Absicht nach meinen Kindern schnappen, sondern sich zurückziehen wenn er seine Ruhe möchte.
Einen Hund voller Tumore und für mich schwer abschätzbaren Schmerzen, weil er sie nunmal nicht großartig außer durch humpeln zeigt wenn ich in der Nähe bin, setze ich jedoch rein aus Sicherheitsgründen keinen Kleinkindhänden aus.

Er humpelt mit der neuen Medikation jetzt allerdings aktuell nicht mehr. Momentan sind wir bei
morgens 2 Novalgin, Mittags 1 1/2 Metacam und abends bei 2 Novalgin. Die Metacam allein hatten einfach nicht mehr gereicht.

Er verträgt es bis jetzt ganz gut und läuft wieder fast "rund". Ich stehe in engem Kontakt mit dem Tierarzt, der auch Hausbesuche macht.

Dieses noch relativ gute Allgemeinbefinden bei einem Körper, der regelrecht in Windeseile von Krebs zerfressen wird, ist das was mich so nachdenklich macht.

Rein körperlich gesehen schlägt man die Hände überm Kopf zusammen und denkt, was muss der Hund für Qualen leiden!!
Und dann...läuft er munter schwanzwedelnd durchs Haus als sei nichts!
 
Ich weiß das mir keiner die Entscheidung abnehmen kann. Wenn man sich aber bereits anhören musste, warum ich ihn denn nicht einschläfern lasse, weil er so voller Krebs ist,
komme ich ins grübeln.
Er ist jedoch weder in meinen als auch in den Augen des Tierarztes noch nicht einschläferungswürdig.

Daher bin ich momentan wirklich etwas in Not und wollte wissen, ob das Gefühl allein wirklich ausreicht alles mir soweit mögliche für ihn auch richtig zu machen.

Ich möchte hier nicht als Jammerlappen rüberkommen, der nicht in der Lage ist seinen Hund selber einzuschätzen. Aber Menschen denken in emotionalen Situationen nunmal oft falsch und automatisch selbstschützend, indem man sich selbst vielleicht auch einfach etwas vorgaukelt.

Daher ist mir der offene und ehrliche Austausch hier mit Menschen, die so einen verdammten Sche...ss leider schon selbst durchgemacht haben, eine wirkliche Stütze.

Danke!!
 



Hundeforum.com - Partnerseiten :
Heilkundeforum.com | Veggieforum.de | Herrchen-sucht-Frauchen.de

Hundeforum.com ⇒ Das freie & unabhängige Hundeforum unterstützen:

Zurück
Oben