Kommt der neue Hund freiwillig zu mir, werde ich ihm meine Freude zeigen. Er muß ja merken, dass er in meiner Nähe willkommen ist. Da reicht ein freundliches Wort oder ein kurzes Streicheln.
Will ich, dass der Hund lernt, genau dann zu kommen, wenn ich es will, muss es sich für ihn lohnen.
Das ist das Gegenteil von dem, was ich mache. Oder vielmehr setze ich viel früher an.
Kommt ein neuer Hund ins Haus (egal ob Welpe oder Tierschutzhund) dann biete ich ihm erstmal ein Zuhause an für seine entwurzelte Seele. Das ist so viel mehr als Futter, ein Schlafplatz, freundliche Worte.
Hier kommen wieder die Begriffe
Achtung, Respekt, Verständnis, Angenommen werden, den Hund nicht bewerten (falsch/richtig) ins Spiel.
Die Reaktionen auf diese Begriffe sind immer gleich: Entweder findet man das totaaal selbstverständlich oder es wird von einigen lächerlich gemacht.
In der realen Umsetzung sieht das oft ganz anders aus, da schwinden diese "selbstverständlichen" Grundlagen schnell dahin.
Ich weiß nicht, ob jemand von euch schon mal
ganz allein für längere Zeit in einer ihm fremden Familie aufgenommen wurde oder mal
ganz allein auf Reisen war.
Diese Situation haben Hunde, die in eine fremde Familie kommen. Sie haben alles verloren, was ihnen vertraut war.
Sie haben dann weder einen guten Freund, noch einen Lebenspartner dabei, der ihnen vertraut ist.
In dieser Zeit der Entwurzelung haben Hunde und Menschen ganz feine Antennen, es ist eine äußerst sensible Zeit.
Sind die Gastgeber nach außen sehr freundlich, aber innerlich etwas genervt oder gestresst von dem Gast - dann spürt man das sofort. Das Hochziehen einer Augenbraue, das tiefere Durchatmen um gelassen zu wirken, das etwas eingefrorene Lächeln.... all das registriert der Gast (der Hund). Er fängt an, sich unbehaglich und am falschen Platz zu fühlen.
Bestes Beispiel sind die vielen Welpenhalter, die gaaanz selbstverständlich wissen, dass ein Welpe noch nicht stubenrein ist.
Vollstes Verständnis für den Welpen, ABER nach 2 Wochen sind sie verzweifelt, wenn der Welpe noch genauso oft reinpinkelt wie am Anfang. Sie schreiben dann verzweifelt in ein Forum:
"Ich verstehe das nicht, ich schimpfe nicht mit dem Welpen, wische die Pfütze wortlos weg, draußen bekommt der Welpe Lob und Party und wir sind immer noch kein Stück weiter."
Man kann noch so brav seine positive Konditionierung machen, der Welpe merkt die Ungeduld und Verzweiflung.
Er fühlt sich nicht mehr 100 % angenommen. Kommt dann weiteres Genervtsein des Hundehalters hinzu über kaputte Schuhe, das wilde Temperament des Welpen, dann fühlt er sich immer weniger angenommen.
Ein anderes Beispiel bieten Pflegehunde bzw. Tierschutzhunde.
Angeblich gibt man ihnen ja alle Zeit der Welt und hat viel Geduld. Aber auch hier sieht die Realität oft anders aus.
Weiß der entwurzelte Hund die ersten Tage nicht, wohin mit sich selbst und wo sein Platz in der neuen Welt ist, entsteht schon die erste Ungeduld, eine genervte Haltung. Kommt noch Stress mit einem Ersthund hinzu, denkt man darüber nach, ob die Aufnahme des Hundes ein Fehler war. Der ohnehin verunsicherte Hund merkt das sofort und kann sich nicht verwurzeln.
Sein Verhalten wird noch unsicherer.
Achtung, Respekt, Verständnis, Angenommen werden, den Hund nicht bewerten bedeuten in der ganzen Konsequenz dem neuen Hund einen Lebensplatz für die Seele anzubieten - ohne wenn und aber. (Das gilt auch für ein Übergangszuhause für Pflegehunde.) Der Hund kann sich 100 % angenommen fühlen.
Man akzeptiert seine Schwächen, seine Unvollkommenheiten, denkt nicht darüber nach, ob die bleiben oder ob man die "rausbekommt". Ist der Hund nicht stubenrein, nimmt man das gelassen hin.
Man gibt dem Hund das sichere Gefühl, dass er bleiben kann, so lange es nötig ist.
Ist der Hund unsicher, bietet man ihm die eigene Sicherheit und Gelassenheit als Schutz und Leitplanke an.
Man vertraut darauf, dass er alles in sich trägt, was ein wundervoller Hund braucht.
Wenn der Mensch für den Hund sein seelisches Zuhause ist, dann fühlt er sich wohl in dessen Nähe.
Er sucht diese Nähe immer wieder von allein und mit Freude.
Das braucht dann keine Bestätigung wie Lob oder Leckerlie.